Nuttlar. Weihnachten in den eigenen vier Wänden war für diese Familie aus Nuttlar elf Jahre eine Selbstverständlichkeit. Bis das Feuer ihr Haus zerstörte.

Es sind viele Tränen geflossen seit diesem furchtbaren Tag im November - jenem Tag, an dem ein Großbrand das Zuhause der Familie Holzapfel am Dümel in Nuttlar in Schutt und Asche gelegt hat. Tag für Tag müssen Jennifer und Christoph Holzapfel seitdem an der Brandruine vorbei. Müssen mit ansehen, wie die Überreste ihres Zuhauses, das sie so geliebt haben, nach und nach immer weiter ineinanderfallen. Ein Anblick, der weh tut.

Schlaflose Nächte

Es hat sich viel verändert seitdem. Ihren 17-jährigen Sohn Jonathan, der unter Autismus leidet, habe es aus der Bahn geworfen.

Das Feuer ist im Dachstuhl ausgebrochen, die Löscharbeiten haben sich als schwierig erweisen. Die B7 musste zeitweise gesperrt werden, weil die Feuerwehr für die Löschwasserversorgung an die Ruhr musste.
Das Feuer ist im Dachstuhl ausgebrochen, die Löscharbeiten haben sich als schwierig erweisen. Die B7 musste zeitweise gesperrt werden, weil die Feuerwehr für die Löschwasserversorgung an die Ruhr musste. © Laura Nowicki

„Weil er seine gewohnten Strukturen verloren hat, zieht er sich oft zurück und hört Musik. Es ist seine Art, das Ganze zu verarbeiten“, sagt seine Mutter. Aber es gehe langsam besser. Christoph Holzapfel liegt nachts immer noch stundenlang wach, obwohl er eigentlich todmüde ist.

Gedanken rasen wie auf einer Achterbahn durch seinen Kopf. Derweil klammert sich Jennifer Holzapfel an die schönen Erinnerungen, die sie mit dem Haus verbindet. Etwa die, an das erste Weihnachtsfest, das die Familie kurz nach ihrem Einzug im Dezember 2008 am Dümel feierte - wie sie und ihr Mann, als die Kinder im Bett waren, am Abend mit einem Glas Wein glücklich ums Haus gegangen sind und sie sich gesagt haben, dass sie hier nun den Rest ihres Lebens verbringen wollen.

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Ungeschmückte Ferienwohnung

Dass sie die Adventszeit 2019 in einer ungeschmückten Ferienwohnung verbringen würden? Dass sie das Weihnachtsfest 2019 an der Nordsee feiern würden? Nicht im Traum hatten sie jemals daran gedacht. Weihnachten in den eigenen vier Wänden, das war für die Familie elf Jahre lang eine Selbstverständlichkeit.

Nun aber stehen die eigenen vier Wände nicht mehr. Und trotzdem klagen die Holzapfels nicht. Denn vieles hat sich seit dem 5. November auch zum Guten gewendet: Es gibt die Gewissheit, dass die Versicherung für den Schaden aufkommt. Im Januar kann die Familie eine Wohnung in der Kirchstraße beziehen, in der jeder ihrer Söhne endlich wieder ein eigenes Zimmer haben wird.

Nach dem Brand kommt die Familie Holzapfel bei Nachbarn unter.
Nach dem Brand kommt die Familie Holzapfel bei Nachbarn unter. © Frank Selter

Und Sohnemann Quentin hat inzwischen glücklich seinen zehnten Geburtstag gefeiert. Damit haben sich viele Wünsche bereits erfüllt. Ob auch der größte noch in Erfüllung gehen kann, wird sich erst noch zeigen müssen: „Weihnachten 2020 im neuen Haus am Dümel“, sagt Jennifer Holzapfel. Wie realistisch das ist? „Wir können es nicht einschätzen, aber wünschen kann man sich das ja mal“, sagt sie und lacht. Einen ersten Termin beim Architekten habe es immerhin bereits gegeben.

Unfassbare Spendenbereitschaft

Dankbar blickt die Familie immer noch auf die große Hilfe, die sie nach dem Feuer erfahren hat. „Ich habe Nachrichten von Menschen bekommen, von denen ich nicht einmal weiß, woher sie meine Nummer haben“, sagt Christoph Holzapfel und lächelt. Möbel, Kleidung, Spielsachen, Geld - es sei wirklich unfassbar schön, diese Spendenbereitschaft erleben zu dürfen, sagt Jennifer Holzapfel und ihr Mann ergänzt: „Ich glaube es gibt nichts, was uns nach dem Brand nicht angeboten worden ist.“

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Menschen, die an der Haustür klingeln, um selbst befüllte Adventskalender für die beiden Kinder abzugeben. Nachbarn, wie die Familie Scheidt, die wie selbstverständlich immer noch da ist, wenn sie gebraucht wird.

Jennifer und Christoph Holzapfel am Eingang ihrer Ferienwohnung, in der sie nach dem Brand ihres Wohnhauses übergangsweise eingezogen sind.  
Jennifer und Christoph Holzapfel am Eingang ihrer Ferienwohnung, in der sie nach dem Brand ihres Wohnhauses übergangsweise eingezogen sind.   © Frank Selter

Die Feuerwehrleute, die stundenlang gelöscht und versucht haben, das Haus zu retten. Jennifer Holzapfels Chef, der der Familie den Weihnachtsurlaub an der Nordsee und damit eine Auszeit ermöglicht, um glücklich und halbwegs unbeschwert Weihnachten feiern zu können.

Die Kirchengemeinde, die dem kleinen Quentin seine Nintendo Switch ersetzt hat, die er sich unter anderem von seinem Kommuniongeld gekauft hatte. Oder wildfremde Menschen aus Brilon, die sich liebevoll darum gekümmert haben, dass der 17-jährige Autist Jonathan eine neue Lieblingshose von Engelbert Strauss bekommt. „Die vergangenen Wochen waren voller unbeschreiblicher Gesten“, sagt Jennifer Holzapfel. Dafür könne man sich eigentlich gar nicht genug bedanken.

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Eine andere Vorstellung

Selbst auf den schlimmsten Tag ihres Lebens, den 5. November 2019, blickt die Familie mit einer gewissen Dankbarkeit zurück. „Wir sind einfach nur froh, dass niemandem etwas passiert ist“, sagt Jennifer Holzapfel.

„Auch wenn wir alles verloren haben, wir haben ja uns“, betont sie. Natürlich habe sie sich Weihnachten ein wenig anders vorgestellt. „Aber wir sind als Familie zusammen und das ist das Entscheidende“, sagt sie und lächelt.

>>>HINTERGRUND<<<

Der Einsatz am Dümel war für die Feuerwehr der Gemeinde Bestwig einer der größten in den vergangenen Jahren.

Ausgebrochen war der Brand im Bereich des Kamins.

Weil das Feuer erst spät entdeckt wurde, konnte die Feuerwehr trotz ihres Einsatzes vom Morgen bis in die Abendstunden des 5. November das Haus nicht mehr retten. Das Haus hatten die Holzapfels im Jahr 2008 erworben und in den vergangenen Jahren nach und nach mühevoll ausgebaut.

Ein paar Fotos und die wichtigsten Akten waren das einzige, was die Familie gemeinsam mit der Feuerwehr noch aus dem Haus retten konnte, während die Flammen im Gebälk wüteten.