Velmede. Einmal im Jahr verwandelt Ingo Krey die Küche seines Highway Man in Velmede in eine Konditorei. Eine Nummer, aus der er nie wieder rauskommt.

Sorgsam wendet Ingo Krey immer wieder die gehobelten Mandeln in der Pfanne. Ihr Duft erfüllt die gesamte Küche. Hinter dem 40-jährigen Betreiber des Highway Man an der Velmeder Bundesstraße liegen stressige Stunden. Gute Laune hat er aber trotzdem noch. Mit seiner Mandelrösterei befindet er sich inzwischen immerhin auf der Zielgeraden seiner jährlichen Pralinen-Produktion. 4000 Stück werden es am Ende wieder sein.

Bei Hagemeister in Olsberg gelernt

Warum er sich als Gastwirt ausgerechnet im größten gastronomischen Vorweihnachtsstress auch noch die Pralinenproduktion ans Bein bindet? „Weil ich ein bisschen bekloppt bin“, sagt der 40-Jährige und lacht, während er die Pfanne wieder auf den Gasherd stellt, wo sonst eigentlich Burger und Steaks brutzeln. Ein bisschen aber auch aus Leidenschaft. Denn Ingo Krey ist so etwas wie der Burgermann, der nicht nur Burger kann. In seiner Brust schlägt auch ein Konditorenherz: Bereits bevor er seine Ausbildung zum Koch absolvierte und danach den Highway Man eröffnete, hat er von 1996 bis 1999 eine Konditorenlehre gemacht. Und zwar nicht irgendwo, sondern bei der Konditorei Hagemeister in Olsberg, die damals zu den 20 besten in Deutschland zählte.

„Die größte Kacke aller Zeiten“

Irgendwie habe sich das Ganze von selbst entwickelt, blickt Krey zurück. Schon damals produzierte er in seiner Freizeit Pralinen - sehr zum Stolz der Mama und der Großmutter, die mit den süßen Leckerein „ihres Jungen“ gerne hausieren gingen. Als Krey dann vor gut 17 Jahren den Highway Man eröffnet, setzt er diese Tradition fort und brockt sich damit „die größte Kacke aller Zeiten ein“, wie er es in seiner humorvollen Art gern formuliert. „Jetzt hat sich daraus eine Nummer entwickelt, aus der ich nicht wieder rauskomme“, sagt der Velmeder, lacht und gibt zu: „Das macht schon Spaß, auch, wenn ich dabei viel fluche“.

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Die Erwartungshaltung ist inzwischen groß. Bereits im Oktober klingelt immer wieder das Telefon. Am anderen Ende: Menschen, die wissen wollen, wann es beim Burgermann endlich wieder Pralinen gibt. Dabei müssten sie nach 17 Jahren eigentlich wissen, dass sie vor Dezember niemals eine Chance haben werden. „Die Leute fragen auch das ganze Jahr über immer mal wieder nach Pralinen, aber es soll ja etwas Besonderes bleiben, deshalb gibt es diese Aktion wirklich nur in der Weihnachtszeit“, sagt Krey.

Zeitplan haarklein durchgetaktet

Sein Zeitplan ist haarklein durchgetaktet. Die Pralinen-Produktion findet grundsätzlich erst in der Woche vor dem 1. Advent statt. Los geht es Montagabends, wenn der letzte Gast den Highway Man verlassen hat. Manchmal um 23 Uhr, manchmal um Mitternacht, manchmal aber auch erst um 1 Uhr. Bis in den Morgen hinein kocht Krey dann die Füllungen, temperiert sie wieder herunter und befüllt damit die 4000 Hohlkugeln. Während er ins Bett geht, hat die Masse Zeit sich zu setzen und die untergearbeitete Luft, die Gelegenheit, aus den Kugeln zu entweichen.

Der Saal wird zum Pralinenlager

Den Dienstag, und damit ihren eigentliche Ruhetag, verbringen Ingo Krey und seine Frau Carla damit, jede einzelne der kleinen süßen Kugeln von Hand zu verschließen. „Eine langwierige und monotone Arbeit“, sagt Krey. Muss aber sein, sonst läuft schließlich die Füllung wieder raus. Und die hat es in sich: Sambuca-Trüffel, Eierlikör, Sahne-Rum, Whisky-Karamell und Frangelico gibt es in diesem Jahr.

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Hand in Hand geht es dann in der Küche weiter. Während Kreys Frau die Pralinen mit belgischer Kuvertüre ummantelt, rollt Krey selber die kleinen Kugeln in Puderzucker, Mandeln oder Kakao. Fertig! Klingt einfach, dauert aber - abgesehen von ein paar Pausen - auch gerne mal bis in die Nacht hinein. Zu diesem Zeitpunkt hat sich der Saal längst in ein großes Pralinenlager verwandelt. Sämtliche Tische stehen inzwischen voll mit Blechen.

Als sei nichts gewesen

Am Mittwoch sieht es dann im Highway Man wieder so aus als sei nichts gewesen: Die Bleche sind verschwunden, die Tische gewienert, in der Küche brutzeln wieder Rumpsteaks, Burger und Schnitzel in der Pfanne. Nur in 250 kleine Tütchen müssen die Pralinen danach noch verpackt werden.

Und wie von Zauberhand stehen dann am 1. Advent endlich wieder die Pralinen auf der Theke.

  • Um den Vorweihnachtsstress endgültig perfekt zu machen, backt Ingo Krey auch noch 4000 Plätzchen aus 40 Kilo Teig.
  • Der gebürtige Mescheder, der in Olsberg aufgewachsen ist, ist gelernter Koch und Konditor.