Die Schüler wollen Freitag erneut für die Energiewende demonstrieren, dann bewusst nach Schulschluss. Vorwürfe der Älteren haben sie geärgert.
A m Freitag findet in Meschede wieder ein Schulstreik fürs Klima statt. Schülerinnen und Schüler werden, wie schon am letzten Freitag, in den Mittagsstunden vom Kreishaus in Richtung Rathaus marschieren, um für eine bessere Klimapolitik zu demonstrieren. Die Organisatoren, der Bestwiger Marcel Marcon (19) vom Gymnasium der Stadt Meschede und die Meschederin Lisa Berkenheide (17) vom Gymnasium der Benediktiner, erläutern die Beweggründe.
Warum streikt ihr am Freitag zum zweiten Mal?
Marcel: Wir demonstrieren, weil die Botschaft beim ersten Mal wohl nicht richtig rübergekommen ist: Wir gehen auf die Straße weil wir uns Sorgen um unseren Planeten machen, nicht weil wir frei haben wollen.
Lisa: Deswegen wiederholen wir den Streik am Freitag bewusst nach der Zeugnisausgabe. um den bisherigen Vorwürfen, wir würden nur streiken um dem Unterricht zu entgehen, entgegenzuwirken.
Wollt ihr die Streiks weiter durchziehen?
Lisa: Wir werden das definitiv weiter durchziehen! Immer mehr Schüler aus der Region zeigen Interesse, was uns hoffen lässt, dass bald noch viel mehr bei den Streiks dabei sind. Außerdem hat sich die Klimapolitik bis jetzt nicht wirklich verändert, wir haben also jeden Grund zu demonstrieren.
Marcel: Es macht unglaublich viel Spaß zu sehen, wie immer mehr Jugendliche ein Interesse daran entwickeln, sich an politischen Prozessen zu beteiligen. Schon deswegen werden wir das ganz sicher weiterführen.
Wie habt ihr die Diskussion im Netz erlebt?
Marcel: Ich bin einfach nur enttäuscht. Die Älteren greifen uns an und sagen, wir sollten besser lernen statt zu demonstrieren. Ein Nutzer meinte, wir würden damit seine Steuergelder verschwenden. Ein anderer meinte, die „Kinder“ würden nur vorgeschickt, um zu demonstrieren. Unsere Generation ist sehr klug und aufgeklärt und weiß wofür sie sich einsetzt! Vereinzelt gab es jedoch auch positive Rückmeldungen, was mir ein wenig Hoffnung gibt.
Worüber macht ihr euch persönlich Sorgen wenn ihr an den Klimawandel denkt?
Marcel: Ich wünsche mir, dass auch meine Kindern noch auf diesem Planeten leben können. Auf einem Planeten mit einer großen Artenvielfalt und einem gesunden Allgemeinzustand. Eine Zukunft, in der ein Leben ohne Hilfsmittel gar nicht mehr möglich ist, möchte ich mir gar nicht vorstellen. Natürlich ist das ein sehr negativer Blick in die Zukunft, eine starke Dystopie, aber es steht einfach so viel auf dem Spiel.
Lisa: Ich mache mir Sorgen darüber, wie wenig Sorgen sich viele andere machen. Wir können nicht so weitermachen, wie es uns jahrzehntelang vorgelebt wurde, denn in einigen Jahren gibt es sonst keine Erde mehr, auf der man im übergroßen SUV über die Autobahn schießen kann.
Was sind eure wichtigsten Ziele und was wünscht ihr euch von der Politik?
Lisa: Von der Politik, genau wie von allen anderen Menschen, wünsche ich mir, dass bemerkt wird, wie ernst die Lage ist. Statt über Pläne für eine viel zu weit entfernte Zukunft zu sprechen, sollte man endlich einmal handeln.
Marcel: Die Politik muss endlich aufhören so zu tun, als könnte sie nichts machen. Der Kohleausstieg sollte nicht in eine so ferne Zukunft gelegt werden, nur weil es so der beste Kompromiss zwischen Politik und Wirtschaft ist. Als die USA aus dem Klimaabkommen ausgetreten sind, gab es einen riesigen Aufschrei, aber dass viele europäische Staaten ihre Klimaziele nie erreichen werden, interessiert niemanden. Es muss einfach ein Ziel sein, Klimapolitik zukunfts- und nicht konzernorientiert durchzuführen.
Was macht ihr persönlich fürs Klima und was meint ihr sollten wir alle tun?
Lisa: Zuerst einmal gehen wir für das Klima auf die Straße und machen auf die Situation aufmerksam. Außerdem lebe ich seit einigen Jahren vegan und achte auch sonst beim Einkaufen auf eine nachhaltige Auswahl an Lebensmitteln. Und jeder kann etwas tun, denn schon auf Plastiktüten oder das Auto zu verzichten, kann wirklich ein guter Anfang sein.
Marcel: Ich versuche möglichst wenig Fleisch zu essen und auf Plastik weitestgehend zu verzichten. Ich bin sicher kein „Vorzeigeöko“, wenn es den überhaupt gibt. Ich fahre zu viel mit dem Auto und gehe auch schon einmal zu Fast-Food-Restaurants. Klimaschutz fängt natürlich bei jedem selbst an, aber die Politik steht in der Verantwortung die Rahmenbedingungen für einen Wandel zu schaffen.
Denkt ihr, es ist zu provokant, in der Schulzeit zu demonstrieren?
Marcel: Provokant, ja. Zu provokant, nein. Bei den „FridaysForFuture“-Demonstrationen gehen viele Menschen auf die Straße, die noch nicht wählen dürfen. Diese Demos sind eine Möglichkeit, um trotzdem gehört zu werden, denn die Proteste während der Schulzeit tun der Politik mehr weh als Proteste außerhalb.
Lisa: Es ist genau richtig, da man eben dadurch mehr Aufsehen erregt. Und genau das ist ja eine Intention: Die Menschen auf Missstände der Klimapolitik aufmerksam zu machen. Uns kommen die Einwände von Kritikern und Politikern sehr recht, denn das zeigt, dass wir Aufmerksamkeit bekommen. Von vielen Schülern habe ich gehört, es bringe nichts zu demonstrieren, denn dadurch gehe es dem Klima ja nicht besser. Durch die Demonstrationen können wir die Menschen aber aufmerksam machen.
Meint ihr Ältere sollten den Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei diesem Thema den Vortritt lassen?
Lisa: Egal ob Jung oder Alt, wer die akute Problematik des Klimawandels begriffen hat, sollte sich engagieren. Wir sagen zwar, dass es unsere Zukunft ist, aber wenn es weitergeht wie bisher, werden auch unsere Eltern und Großeltern die Auswirkungen des Klimawandels deutlich zu spüren bekommen. Diejenigen der „älteren“ Generation, die die Zeichen des Klimawandels nicht erkennen wollen, sollten sich der Jugend zuliebe wenigstens zusammenreißen, damit wir diese Fehlentscheidungen nicht ausbaden müssen.
Marcel: Ich sehe es ganz ähnlich. Ich wünsche mir, dass alle Generationen gemeinsam an einer besseren Klimapolitik arbeiten. Wenn alle bei diesem Thema friedlich und sachlich miteinander reden würden, dann könnten wir eine Menge voneinander lernen. Über uns und die Welt.
Wie würdet ihr in einem Satz versuchen, jemanden von euren Zielen zu überzeugen?
Marcel: Wir sollten diesen einzigartigen Planeten nicht für ein bisschen Gemütlichkeit aufs Spiel setzen.
Lisa: Es gibt keinen Ersatz-Planeten, also keine andere Möglichkeit, als uns angemessen um die Erde zu kümmern.
Jetzt mal konkret: Könntet ihr euch vorstellen auf eine Stufenfahrt ins Ausland zu verzichten und dafür im Inland mit der Bahn oder dem Rad zu verreisen?
Marcel: Ich könnte mir das vorstellen, wenn man das Thema der Fahrt auch im Inland behandeln könnte. Allerdings werden viele Studienfahrten ja mit dem Bus bestritten, der voll besetzt eine relativ gute Ökobilanz hat. Außerdem ist der Unterschied im CO2-Ausstoß ziemlich gering, ob man zum Beispiel nach Polen oder Berlin fährt.
Lisa: Ich würde das machen. Wir verreisen für unsere Studienfahrt in die Toskana zwar ohnehin schon mit dem Bus, aber wenn die ganze Stufe zustimmen würde, aus Umweltgründen in Deutschland zu bleiben, wäre das eine tolle Sache. Zumal es bei den Studienfahrten meiner Meinung nach eh egal ist, wohin man fährt, solange man gemeinsam eine tolle Zeit verbringt.
Fotos vom letzten Streiktag gibt es hier:
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