Bestwig. . Traumberuf Lokführer? Für Michael Gerhards aus Bestwig lässt sich diese Frage heute nicht mehr mit einem klaren „Ja“ beantworten.

Traumberuf Lokführer? Für den Vorsitzenden der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) in Bestwig, Michael Gerhards, lässt sich das heute nicht mehr mit einem klaren „Ja“ beantworten.

„Es ist einfach nicht mehr so wie es früher mal war - zum einen ist man nicht mehr verbeamtet, zum anderen haben sich aber auch die Umstände verschlechtert“, so Gerhards. Früher seien zum Beispiel die Arbeitszeiten geregelt gewesen, die Züge fuhren von montags bis freitags, die Wochenenden waren frei.

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Heute sieht das ganz anders aus. Lokführer arbeiten an sieben Tagen in der Woche, zu jeder Tages- und Nachtzeit. „Wir arbeiten jeden Tag zu einer anderen Zeit und zwar in Schichten von 6 bis 14 Stunden. Als Traumberuf kann man das nicht mehr unbedingt bezeichnen“, so der Gewerkschafter.

38 Lokführer in Bestwig stationiert

38 Lokführer sind momentan in Bestwig stationiert. Einige hatten vorher andere Jobs bei der Bahn und haben sich zum Lokführer weitergebildet. So war es auch bei einem Kollegen von Michael Gerhards aus Bestwig, er ist seit dem Jahr 2005 Zugführer und hat vorher als Zugbegleiter gearbeitet.

„Der Job mit den Menschen im Zug hat mir lange Spaß gemacht, aber irgendwann wollte ich einfach etwas Neues und zu dem Zeitpunkt hat die Bahn dann eben Zugführer gesucht“, so der Bestwiger. Noch ein Grund sei aber der „Moralverlust in der Gesellschaft“ gewesen: „Zugbegleiter werden beim Kontrollieren der Tickets immer häufiger angegriffen, das war früher nicht so.“

Trauriges Beispiel dafür ist ein Fall, der jetzt vor dem Mescheder Amtsgericht verhandelt wurde. Im März hatte ein Mann eine Zugbegleiterin geschlagen, die Frau war mehrere Tage arbeitsunfähig (wir berichteten). „Solche Situationen sind heute leider keine Ausnahme mehr. In den Bahnen im Sauerland kommt es täglich mindestens zu zwei Zwischenfällen - verbal und auch körperlich“, sagt Michael Gerhards von der GDL-Ortsgruppe Bestwig.

Strecke und Signale kennen lernen

Neun Monate dauert die Ausbildung zum Lokführer, sie beinhaltet Theorie und Praxis sowie Prüfungen - mündlich und schriftlich. „Danach fährt man den Zug vier Wochen lang in Begleitung eines Ausbilders“, so Gerhards Kollege aus Bestwig. Wichtig sei es dabei seine Strecke und die Signale genau kennenzulernen.

„Streckenkenntnis ist in jedem Fall erforderlich, man muss genau wissen, wo welche Signale stehen, damit man auch in der Dunkelheit noch weiß, was wann kommt“, so der Lokführer. Bis zu 140 km/h darf der Zug auf der Strecke zwischen Dortmund und Warburg abschnittsweise fahren.

Auf den Nebenstrecken, wie in Winterberg, liegt das Tempolimit bei 80km/h „An diese Geschwindigkeit halte ich mich immer ganz genau, passiert etwas, könnte im Nachhinein auch genau ausgewertet werden, wie schnell der Zug gefahren ist“, so der Lokführer. Die Sicherheit der Fahrgäste stehe aber sowieso immer an erster Stelle. Die aber haben nicht immer Verständnis dafür, dass Verspätungen nicht aufgeholt werden können.

Schneller fahren geht nicht

„Schneller fahren geht aber beim besten Willen einfach nicht. Wenn ich auf der Strecke nur 70 km/h fahren darf, kann ich nicht 90 fahren, nur um die Verspätung wieder aufzuholen“, so der Bestwiger. Gerade im Herbst, wenn die Schienen feucht und mit Laub bedeckt sind, seien die Bedingungen dafür, dass die Züge pünktlich am Ziel ankommen, nicht unbedingt optimal. „Da ist es manchmal schwieriger auf die Geschwindigkeit zu kommen, sogar Eis und Schnee sind da besser“, sagt der Zugführer.

Situation hat sich entspannt

Für Probleme im Sauerländer-Bahnverkehr sorgte zuletzt auch Personalmangel. So fielen immer wieder Züge aus, weil aufgrund von Krankheit und Urlaub einfach nicht genug Zugführer da waren (wir berichteten). Im Sauerland habe sich die Situation aber wieder entspannt: „Wir haben hier jetzt genug Zugführer, wenn dann bald die neuen Züge kommen wird zudem nochmal weniger Personal benötigt. Da sieht jetzt alles gut aus“, so Gerhards. Und zudem setze die Bahn auch weiter verstärkt auf die Ausbildung von neuen Lokführern.

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