Hagen. . Durch Urlaube und Krankheiten fehlen der Bahn derzeit viele Lokführer. Besonders im Sauerland fallen deshalb viele Zug-Verbindungen aus.

Den Lokführern der Deutschen Bahn (DB) weht an diesen heißen Tagen in ihren Führerständen bisweilen nur in der Theorie kühle Luft um die Ohren. „Im Sauerland-Netz fahren viele ausrangierte Triebfahrzeuge“, sagt Michael Gerhards von der Ortsgruppe Bestwig der Gewerkschaft Deutscher Lokführer.

Altzüge, deren Klimaanlagen häufig ausfallen. „Schnell kann es 40, 50 Grad warm werden. Eine fast schon unmenschliche Belastung. Zumal der Körper nach Hunderten von Überstunden geschwächt ist.“

Lokführer beklagen permanenten Personalmangel

Öffne man die Seitenfenster, hole man sich schnell eine Erkältung weg. Dass aber viele kurzfristige Krankmeldungen, so die DB, am Wochenende zum wiederholten Male in diesen Ferien zu Zugausfällen führten, will der Gewerkschaftsmann nicht recht glauben. „Es gibt einzelne Krankmeldungen, das große Problem ist der permanente Personalmangel.“

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Der Arbeitsmarkt sei leergefegt, sagt Gerhards. Erschwerend komme hinzu, dass der Beruf des Lokführers für junge Leute an Attraktivität verloren habe. „Es sind Wechseldienste und Wochenendarbeit angesagt. Die Jugend hat andere Vorstellungen.“ Ein Bahnsprecher stellt dagegen fest: „Lokführer ist ein attraktiver Beruf, für den sich viele Menschen interessieren.“

Lokführer im Sommerurlaub

Am Wochenende fielen Züge des RE 57 (Bestwig - Brilon-Stadt) und der RB 53 (Dortmund - Iserlohn) aus. Ursachen: „Der verdiente Sommerurlaub der Lokführer, ein erhöhter Krankenstand und die übliche Fluktuation in Branchen mit Fachkräftemangel“, so der Bahnsprecher.

Es sei nicht möglich, Lokführer aus anderen Betriebsstellen im Sauerland-Netz einzusetzen. Ein Lokführer müsse unter anderem über eine profunde Streckenkunde verfügen.

Erstes Ferienwochenende brachte Verspätungen

Dass für die Bahn-Planer die Urlaubszeit überraschend gekommen ist, davon will Gerhards nichts wissen. Die Dienstpläne für das kommende Jahr – mit Mindestbesetzungen – würden im Oktober gemacht. Weil das Personal knapp bemessen sei, brächten Fluktuation oder Krankmeldungen das System aus dem Gleichgewicht.

Beispiel Sauerland-Netz: Die Bahn sei der Meinung gewesen, mit Einführung der polnischen Triebwagen Pesa Link weniger Personal zu benötigen. „Obwohl die Fahrzeuge mehr als zwei Jahre überfällig sind, wurde nicht nachgesteuert.“

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Michael Gerhards denkt mit Grauen an das erste Ferienwochenende in NRW zurück: Dass die DB den Zugbetrieb auf einer Hauptstrecke, auf der Linie des Regionalexpresses 11 zwischen Kassel-Wilhelmshöhe und Düsseldorf (über Lippstadt und Dortmund), komplett einstellte, sei eine „Katastrophe“ gewesen. „Da haben Menschen teilweise vier Stunden am Bahnsteig gestanden.“

Kritik von Verkehrsverbünden

Seinerzeit hatte auch der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) den Ausfall scharf kritisiert. „Um den Mangel an Triebfahrzeugführern nachhaltig zu beheben“, so Sprecherin Sabine Tkatzik, „müssen sich die Unternehmen stärker bei der Ausbildung engagieren.“

Und sie müssten mehr Personal vorhalten, um auf Unvorhersehbares reagieren zu können. Uli Beele vom Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) hält viel von einer Brancheninitiative, bei der die Verkehrsverbünde gemeinsam mit den Unternehmen und der Landespolitik nach Wegen suchen, wie „das strukturelle Problem eines branchenweit eklatanten Mangels an Triebwagenführern“ behoben werden kann.

Ex-Bahnchef mit unglücklicher Aussage

Hierbei könne man potenziellen Auszubildenden und Quereinsteigern den „interessanten Beruf des Lokführers“ mit guten Verdienstmöglichkeiten vermitteln. Als wenig hilfreich habe sich die Aussage des ehemaligen Bahnchefs Grube erwiesen, dass eines Tages vollautomatisch fahrende Züge kämen.

Der Betrieb des RE 11 wird ab Dezember an Wettbewerber Abellio gehen, „der bislang nicht durch Zugausfälle durch Personalmangel auffällig geworden ist“, so Lothar Ebbers vom Fahrgastverband Pro Bahn. Der Verbindungs-Verlust nach Ausschreibungen beschere dem DB weitere Personalprobleme. „Wenn der Verkehrsvertrag nicht mehr lange läuft, wechseln Lokführer oft vorzeitig zu Wettbewerbern.“ Und da ist noch ein Konkurrent, bisweilen im eigenen Haus: „Der Schienengüterverkehr wirbt Leute ab.“

Auch in den nächsten Wochen und Monaten muss mit Zugausfällen gerechnet werden, „Alle, die fahren können, fahren“, sagt Gewerkschafter Michael Gerhards, „aber die prekäre Lage wird wohl bis zum Fahrplanwechsel am 9. Dezember anhalten.“