Nuttlar. . Rund 5000 Menschen sind seit der Eröffnungs des Taucherbergwerks im Jahr 2013 abgetaucht. Sie haben strenge Sicherheitsregeln zu beachten.
Bergwerktaucher haben im Sauerland ein wahres Paradies gefunden: In gleich drei heimischen Tauchgruben – in Nuttlar, Willingen und Bad Fredeburg – können verlassene, mit Grundwasser gefüllte Stollen erkundet werden.
Die atemberaubenden Taucherlebnisse locken Besucher aus der ganzen Welt an. Dass das Hobby allerdings auch enorme Risiken birgt, haben nicht zuletzt zwei schwere Tauchunfälle in Willingen unterstrichen. Wir haben mit Matthias Richter, Tauchlehrer und Betreiber des Nuttlarer Bergwerktauchens, über die Faszination „Bergwerktauchen“, die Gefahren und die Ausbildung der Höhlentaucher gesprochen.
Herr Richter, das Nuttlarer Schieferbergwerk ist jetzt seit fünf Jahren für Taucher geöffnet – Sie haben schon unzählige Tauchgänge dort absolviert. Worin liegt dort der Reiz?
Matthias Richter: Der grundsätzliche Antrieb eines Höhlentauchers ist es, Dinge zu sehen, die im Verborgenen liegen und nicht jedem zugänglich sind. Wir haben hier in Nuttlar das mit Abstand facettenreichste zu betauchende Bergwerk: labyrinthartig aufgebaut mit verschiedenen Gängen und im Originalzustand. Wenn man durch den Stollen taucht, hat man das Gefühl, die Bergleute hätten gerade erst Feierabend gemacht.
Das klingt nicht gerade ungefährlich. Sind Sie vor Tauchgängen nervös?
Angst sollte man beim Tauchen nicht haben, das endet dann nämlich in Stress und Panik. Man sollte aber immer ehrlich zu sich selbst sein, Respekt haben und bei einem unguten Gefühl den Tauchgang abbrechen oder erst gar nicht tauchen gehen. Die größte Gefahr beim Tauchen ist nämlich der Taucher selbst, Selbstüberschätzung kann fatal sein. Eine gute Einstellung in Verbindung mit einer fundierten Ausbildung und guter Ausstattung ist enorm wichtig. Denn Höhlentauchen ist an sich nicht gefährlich und meiner Meinung nach auch sicherer als beispielsweise Motorrad- oder Fahrradfahren. Es gibt unter Wasser eigentlich kein Problem, dass man nicht selber lösen kann.
Wie kommt das?
Zum einen liegt das an der Ausrüstung. Höhlentaucher sichern alle lebenswichtigen Systeme doppelt oder dreifach ab: drei Lampen, drei Schneidewerkzeuge und ein redundantes Atemsystem mit ausreichend Luftvorrat. Das sieht dann so aus, dass ein Taucher bereits dann umkehrt, wenn ein Sechstel der mitgenommenen Luft aufgebraucht ist und somit ein großer Vorrat als Reserve zur Verfügung steht. Zum anderen spielt die Ausbildung eine große Rolle. Höhlentaucher sind erfahrene Taucher. In der spezielleren Ausbildung wird gelernt, wie man sich in einer Höhle orientiert, Führungsleinen und die Ausrüstung benutzt oder die Flossen effektiv einsetzt, um möglichst wenig Sediment aufzuwirbeln. Zudem werden kritische Situationen, z.B. „Ohne Luft“ oder „Ohne Sicht“, durchgespielt. Die Ausbildung ist anspruchsvoll und nicht jeder Taucher besteht diese im ersten Anlauf.
Könnten Taucher also auch Tauchgänge alleine absolvieren?
In Nuttlar werden Tauchgänge immer zu zweit absolviert, weil Probleme oftmals zu zweit leichter zu lösen sind als alleine. Bei Gesundheitsproblemen, etwa einem Schwindelgefühl, kann ein Partner lebenswichtig sein.
Wie sieht denn im schlimmsten Falle das Rettungskonzept aus?
Alle Taucher haben bei uns in Nuttlar ihren Tauchgang zu planen und auf einer Tafel im Container, von wo aus es in das Startbecken geht, festzuhalten: wann wird gestartet, wo wird hergetaucht und wie lange dauert der meist zwei- bis dreistündige Tauchgang genau? Wird diese Zeit um 45 Minuten überschritten, leiten wir den Notfallplan ein, den wir bereits vor Eröffnung des Tauchbetriebs mit der Kreisleitstelle ausgearbeitet haben. Diese entscheidet im Notfall, wie es weitergeht. Zwei erfahrene, ausgebildete Höhlentaucher sind in Nuttlar stets vor Ort und könnten eingreifen und helfen; ein Notfallkoffer mit Sauerstoff kann zur Erstversorgung genutzt werden. Zudem gibt es an mehreren Auftauchstellen Notfalltelefone. Das sind zusätzliche Sicherheitsleistungen, die wir uns selbst auferlegt haben.
Unterscheidet sich das Nuttlarer Bergwerk damit also von anderen Tauchdestinationen?
Absolut! Von Vorteil ist, dass, wie bereits angedeutet, immer fachkundige Ansprechpartner und potenzielle Helfer vor Ort sind, die die Taucher im Vorfeld „briefen“ und sofort eine Notrufkette einleiten können. Andernorts meldet man sich lediglich an, bekommt einen Schlüssel und ist auf sich alleine gestellt. Unsere Sicherheitsbestimmungen sind bundesweit sicherlich mit die strengsten. Wir fordern zum Beispiel auch, dass die Taucher vor dem eigentlichen Tauchgang bei einem „Check-Dive“ vor Ort die erforderlichen Fertigkeiten unter Beweis stellen. Glücklicherweise hat es bisher nicht einen einzigen Zwischenfall oder eine kritische Situation gegeben – und das, obwohl seit 2013 bereits über 5000 Taucher in der Grube waren, was rund 10 000 bis 15 000 Tauchstunden entspricht.
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