Bestwig. . Nach dem Unfall auf der Sommerrodelbahn im Freizeitpark “Fort Fun“ soll ein Gutachter die Ursache klären. TÜV: „Es besteht immer ein Restrisiko“
- Nach Unfall auf Sommerrodelbahn soll Gutachter Ursache klären
- TÜV: „Es besteht immer ein Restrisiko“
- Jetzt alle sicherheitsrelevanten Aspekte der Anlage untersuchen
Der zwölfjährige Junge, dem bei einem Unfall auf der Sommerrodelbahn „Trapper Slider“ im Freizeitpark Fort Fun am Samstag ein Teil des Beines abgetrennt worden war, wird weiter in einer Spezialklinik in Gelsenkirchen behandelt. Er ist nicht in Lebensgefahr. Während beim FC Lennestadt Vereinschef Matthias Knoche zufolge „Schockstarre“ herrscht – der Junge war mit der D-Jugend des FCL im Park – werden die Fragen immer lauter, wie es zu dem Unglück auf der vom TÜV abgenommenen Bahn kommen konnte, die Kinder ab acht Jahren und ab einer Körpergröße von 1,30 Metern ohne Begleitung benutzen dürfen.
Hauptuntersuchung einmal pro Jahr
„Wie beim Autofahren bleibt auch auf Rodelbahnen immer ein Restrisiko“, sagt Nicole Krzemien vom TÜV Rheinland. Vergleichbar einer Pkw-Hauptuntersuchung müsse eine Sommerrodelbahn jedes Jahr zur Hauptuntersuchung: „Egal, ob die Bahn ganzjährig oder nur saisonal geöffnet ist.“
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Gemäß der DIN-Norm 33960-1 für Sommerrodelbahnen, so ihre Kollegin Heidi Atzler vom TÜV Süd, würden anhand einer Prüfliste alle sicherheitsrelevanten Aspekte der Anlage untersucht – „zum Beispiel Technik, Zustand der Schienen und der Fahrgeräte, Beschilderung oder die Bremseinrichtung im Auslauf“. Die Fort-Fun-Bahn nimmt der TÜV Nord ab.
TÜV-Rheinland-Sprecherin Nicole Krzemien zufolge sorgt die technische Prüfung für Sicherheit. „Allerdings ist es auch notwendig, dass die Nutzer die aufgestellten Regeln beachten.“ Am Start der Fort-Fun-Bahn finden sich Aushänge zum richtigen Verhalten während der Fahrt. Insbesondere vor Kurven sind Warnschilder mit der Aufschrift „Bremsen!“ angebracht. Zudem sind Park-Mitarbeiter an der Bahn. Eine Nutzerin der Fort-Fun-Facebook-Seite schrieb nach dem Unfall: „Die Mitarbeiter achten gut darauf, dass man ordentlich sitzt und weisen auf die Sicherheitsmaßnahmen hin.“
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Ereignet hatte sich das Unglück am Samstag gegen 14.30 Uhr etwa auf der Hälfte der 1,3 Kilometer langen Strecke. Der Fuß des Jungen war offenbar während der Fahrt zwischen Schlitten und Schienen geraten. In einem der Schlitten hinter ihm saß eine niederländische Krankenschwester, die in der Notaufnahme einer Klinik arbeitet. Sie habe Erste Hilfe geleistet, so Fort-Fun-Geschäftsführer Andreas Sievering. Viele Park-Mitarbeiter seien nah am Geschehen gewesen. So habe ein Kollege den schwer verletzten, aber ansprechbaren Jungen mit einem Schlitten der Bahn zu den Sanitätern an der Talstation gefahren. Sievering: „Auf so etwas ist man nicht gefasst und auf so etwas kann man sich auch nicht vorbereiten.“
Staatsanwaltschaft hat Gutachter beauftragt
Die Staatsanwaltschaft Arnsberg hat einen Sachverständigen mit einem Gutachten beauftragt. Er soll prüfen, ob die Bahn zum Zeitpunkt des Unglücks in einem technisch einwandfreien Zustand war. Erst, wenn das Gutachten vorliege und sämtliche Zeugen vernommen worden seien, könne die Staatsanwaltschaft prüfen, ob Anhaltspunkte für eine fahrlässige Körperverletzung vorliegen, sagt Staatsanwalt Klaus Neulken. Er geht davon aus, dass bis dahin mehrere Wochen vergehen werden.
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Die Sommerrodelbahn „Trapper Slider“ vom Typ Alpine Coaster wurde 2005 im Hochsauerland eröffnet. Nach Angaben des osthessischen Herstellers Wiegand entspricht der „Alpine Coaster den höchstmöglichen Sicherheits- und technischen Standards“. TÜV-Rheinland-Sprecherin Krzemien: „Die deutschen Anlagen sind auf einem hohen Sicherheitsniveau.“
Fort-Fun-Geschäftsführer Sievering will sich zwei Tage nach dem Unglück keinen Spekulationen hingeben. Derzeit seien zwar keine offensichtlichen technischen Mängel erkennbar: Was nicht bedeute, dass der Gutachter auch zu einem anderen Ergebnis kommen könne - ebenso wenig wie d erzeit ein Fehlverhalten des Verunglückten auszuschließen sei. „Zum jetzigen Zeitpunkt geht es uns nicht um die Schuldfrage, sondern um den Gesundheitszustand des Jungen.“ Sievering will in nächster Zeit Kontakt zu der Familie aufnehmen.
Schockierter Fußball-Verein
Der FC Lennestadt steht seit dem Unfall im ständigen Kontakt zu der Familie des D-Jugend-Spielers. Vorsitzender Matthias Knoche gestern: „Es geht jetzt nur darum, dass es dem Jungen bald wieder besser geht.“
Heute Abend trifft sich der Vereinsvorstand mit Vertretern des Stadtsportverbandes, die ihre volle Unterstützung zugesagt haben. Der Stadtsportverband erlebte vor fast genau einem Jahr ein ähnlich tragisches Unglück. Am 10. Oktober 2016 verlor ein damals 14-jähriger Schüler aus Lennestadts polnischer Partnerstadt Otwock bei einem Bahnunfall beide Unterschenkel. Der Stadtsportverband initiierte damals zusammen mit vielen Vereinen, Firmen und anderen Organisationen Spendenaktionen für die Behandlung des Jungen.