Meschede. . Rettungsdienste und Feuerwehren werden zunehmend bei Einsätzen attackiert. Wie ist die Situation im Hochsauerlandkreis?

  • In Großstädten werden Rettungsdienste und Feuerwehren zunehmend attackiert
  • Im Hochsauerlandkreis hat es noch keine derartigen Vorkommnisse gegeben
  • Dennoch lief auch hier ein Modellversuch - mit stichsicheren Westen

Ein Notruf. Menschen sind in Gefahr. Helfer rücken an – und was passiert? Sie werden angefeindet, an ihrer Arbeit gehindert. In Großstädten häuft sich dieses Phänomen.

Im Hochsauerlandkreis sind solche Situationen bisher nicht vorgekommen. Doch auch hier wird vorgesorgt. Es gab sogar einen Modellversuch mit stichfesten Westen – falls es zu Angriffen mit Messern kommt.

Keine eindeutige Erklärung

Nein, Christof Dürwald hat auch keine eindeutige Erklärung für diese Entwicklung. Was sind das für Menschen, die Rettungsdienst und Feuerwehr attackieren?

Angriffe auf Rettungsdienst-Mitarbeiter häufen sich

Mitarbeiter von Rettungsdiensten sehen sich häufig Angriffen ausgesetzt. Gewerkschaften und Verbände sind in Sorge.

Laut einer Studie der Ruhr-Universität Bochum haben 98 Prozent der Rettungskräfte in Nordrhen-Westfalen schon einmal Beleidigungen und Drohgebärden im Einsatz erlebt. Schlimmer noch: Mehr als die Hälfte ist nach eigenen Angaben schon einmal im Dienst angegriffen worden. Oft standen die Angreifer unter Alkohol-Einfluss.

„Es sind vielleicht Leute, die diesen Staat grundsätzlich ablehnen“, sagt der Fachbereichsleiter Rettungsdienst sowie Feuer- und Katastrophenschutz beim Hochsauerlandkreis. „Und deshalb greifen sie Menschen an, die Uniformen tragen.“

Mehr Menschen mit Smartphone

Bisher beschränken sich die Attacken auf Großstädte, auf bestimmte Gegenden, häufig waren solche mit hohem Migrantenanteil betroffen. Problem-Viertel, wie es sie im Hochsauerland in der Form nicht gibt. „Im ländlichen Raum ist es anders“, sagt Dürwald.

Was auch hier passiert: Es wird häufiger gegafft und geknipst. Immer mehr Leute haben ein Smartphone mit Kamera. „Aber wenn unsere Leute sagen, jetzt hört auf damit und geht beiseite, dann klappt das“, meint der Fachbereichsleiter.

Das gilt nach seinen Erfahrungen ganz besonders für die Feuerwehr. Die Frauen und Männer sind fast alle ehrenamtlich in ihrer Freizeit aktiv. „Da besteht eine tiefe Verwurzelung in der Bevölkerung“, sagt Dürwald. Der Nachbar oder der Bekannte versucht auf einmal ein Feuer zu löschen oder ein Autowrack aufzuschneiden. „Unsere Einsatzkräfte sind akzeptiert“, meint Dürwald.

Deeskalations-Training

Der Rettungsdienst kommt allerdings mit weniger bekannten Gesichtern daher. Die Mitarbeiter werden regelmäßig auf Wunsch geschult. Gemeinsam mit der Polizei wird ein Deeskalations-Training angeboten. Wie gehe ich mit aggressiven Personen um? Wie beruhige ich sie? Wie reagiere ich, wenn sie eine Waffe haben?

Christof Dürwald, Fachdienstleiter Rettungsdienst, Feuer- und Katastrophenschutz beim Hochsauerlandkreis HSK
Christof Dürwald, Fachdienstleiter Rettungsdienst, Feuer- und Katastrophenschutz beim Hochsauerlandkreis HSK © Frank Selter

Besonders die letzte Frage hat die Unfallkasse Nordrhein-Westfalen zwischenzeitlich beunruhigt. Sie versichert die Rettungskräfte während ihrer Arbeit. In einem Projekt wurden stichsichere Westen erprobt. Für Dürwald lautete das Ergebnis am Ende: „Bei uns nicht notwendig.“

Wenn sich doch einmal Zwischenfälle ereignen, stehen Menschen unter Drogen. Manchmal ist es nicht absehbar, wie sie reagieren, ob sie um sich schlagen und attackieren. Im vergangenen Jahr gab es so einen Fall: Ein Mitarbeiter des Rettungsdienstes wurde leicht verletzt.

HSK bringt Fälle zur Anzeige

Der Hochsauerlandkreis bringt solche Fälle zur Anzeige, ebenso Beleidigungen und Aufnahmen mit Smartphones trotz Ermahnung. Und fährt nicht doch einmal ein mulmiges Gefühl mit, wenn es mit Blaulicht und Martinshorn zum Einsatz geht? Die stichfesten Westen sind damals nicht eingesammelt worden.

Ein Mitarbeiter, weiß Dürwald, hängt sie in den Rettungswagen, wenn es in bestimmte Bereich geht, auch wenn sie sich sehr von der Großstadt unterscheiden. Manchmal zieht er die Weste auch an.

Weitere Informationen

36 000 Einsätze in der Notfallrettung und im Krankentransport fallen pro Jahr im Hochsauerlandkreis an. Der aktuelle Rettungsdienstbedarfsplan für den gesamten Hochsauerlandkreis geht von diesen Zahlen aus. Davon sind rund 12 700 so genannte hilfsfristrelevante Fahrten (mit Blaulicht), die übrigen sind Krankentransporte und so genannte Sekundärfahrten.

Bei den Feuerwehren im Hochsauerland sind im vergangenen Jahr 642 Brandeinsätze, 926 sonstige Hilfeleistungen (Menschen in Not, Ölunfälle/Gasausströmungen, Verkehrsunfälle, Wasser-/Sturmschäden) sowie 509 Fehlalarmierungen (davon 31 vorsätzlich) aufgelaufen.

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