Meschede. . Wasser ist ein Segen, aber auch eine Gefahr. Im „Seegespräch“ erinnert sich der stellv. Wehrleiter Stefan Odoj an einen dramatischen Einsatz.
- Stellvertretender Wehrleiter kritisiert Respektlosigkeit gegenüber Einsatzkräften
- Viele Menschen wissen nicht, dass die Feuerwehr ehrenamtlich im Einsatz ist
- Tagesverfügbarkeit ist immer noch ein großes Problem
Wasser ist ein Segen und kann eine große Gefahr darstellen - das weiß gerade die Feuerwehr. In unserer Serie „Seegespräch“ traf Redakteurin Ute Tolksdorf den stellvertretenden Wehrleiter Stefan Odoj und sprach mit ihm über Wasser und Wehr.
Was für ein Verhältnis haben Sie zum Wasser?
Erstmal ein Gutes. Kunststück. Ich habe bei Dehler 30 Jahre Schiffe gebaut und als Feuerwehrmann ist es mein wichtigstes Löschmittel. Aber ich weiß natürlich auch um die verheerende Kraft, die Wasser entwickeln kann. Es birgt große Gefahren. Wenn ich allein an das große Hochwasser im August 2007 denke, als Bauernhöfe überflutet wurden, davor muss man schon Respekt haben.
Und welche Beziehung haben Sie zum See?
Ich schwimme sehr gern. Als Jugendliche haben wir fast die ganzen Ferien in der Berghauser Bucht verbracht. Heute gehe ich dort auch gerne spazieren.
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Hatten Sie auch schon Einsätze als Feuerwehrmann am See oder am Wasser im Allgemeinen?
Am See hatte ich noch keine Einsätze, aber der Löschzug Meschede natürlich. Das reicht von schweren Verkehrsunfällen an der B55 über in Seenot geratene Segelschiffe bis zur Rettung der Haubentaucher aus dem Vorbecken. Ich persönlich erinnere mich an einen dramatischen Einsatz an der Ruhr, bei dem wir einen unter einem Baumstamm eingeklemmten Kanufahrer in Stockhausen bei sehr starker Strömung retten mussten. Das ist uns quasi in letzter Minute gelungen. Da habe ich nochmal gemerkt, welche Gewalt Wasser haben kann.
Der See hat sich sehr verändert. Er erhält heute viel mehr Aufmerksamkeit. Wünschen Sie sich manchmal auch eine solche Aufmerksamkeit für die ehrenamtliche Arbeit der Feuerwehr?
Eigentlich können wir uns nicht beschweren. Von Seiten der Stadt und der Öffentlichkeit erhalten wir ausreichend Wertschätzung. Natürlich könnte es bei der finanziellen Ausstattung der Wehr immer etwas mehr sein. Aber wir sind im Vergleich gut ausgerüstet. Was allerdings auffällt, ist der zunehmende respektlose Umgang. Auch wir werden bei Einsätzen beschimpft und sind Silvester schon mit Raketen beschossen worden. Aber das sind immer noch Einzelfälle. Die positiven Erlebnisse überwiegen. Irritiert bin ich allerdings manchmal darüber, dass viele Menschen offensichtlich nicht wissen, dass Freiwillige Feuerwehrleute ihre Aufgaben ehrenamtlich und unentgeltlich leisten.
Wie steht die Feuerwehr im Stadtgebiet personell da?
Noch merken wir den demografischen Wandel kaum. Da profitieren wir sehr von den Jugendfeuerwehren. Aktuell haben wir sogar leichte Zuwächse beim Personal zu verzeichnen. Unser Problem ist es eher, dass wir Leute verlieren, weil sie zum Studium oder für den Job wegziehen. Schade ist ebenfalls, dass schon lange in Deutschland lebende oder auch hier aufgewachsene Migranten sich nicht für den Feuerwehrdienst begeistern lassen. Von ganz wenigen Ausnahmen mal abgesehen. Auch Baptisten würde ich gern aufnehmen. Das würde auch zu ihrem Anspruch passen, anderen Menschen helfen zu wollen.
Sind denn Tageseinsätze weiterhin ein Problem?
Ja, die Arbeitswelt hat sich verändert. Viele fahren kilometerweit zu ihrem Arbeitsplatz. Deshalb müssen bei Tagesalarmierungen mittlerweile viel mehr Einheiten ausrücken. Wo wir früher mit zwei Einsatzwagen standen, sind es heute fünf.
Und die Arbeitgeber, machen die Probleme?
Nein, die meisten sind da sehr flexibel, sogar wenn mehrere Kollegen gleichzeitig zum Einsatz rausfahren. Sie reagieren damit bürgerfreundlich. Denn schließlich machen wir das ja nicht für uns. Was mich aber wirklich ärgert, sind die zunehmenden bürokratischen Auflagen und Aufgaben. Das bindet Material und Personal. Und da frage ich mich, ob das eine ehrenamtliche Feuerwehr in fünf oder zehn Jahren noch leisten kann. Ein wenig ist man uns da jetzt entgegengekommen, indem wir nicht aktive Feuerwehrleute für administrative oder andere Aufgaben aufnehmen können, aber auch die muss man erst mal finden und für die Aufgabe begeistern.
Tun Sie das mal. Was ist das Tolle an der Feuerwehr?
Dass man helfen kann, egal in welcher Situation und der Spaß an der Technik. Doch das Wichtigste ist für mich die Kameradschaft. Ohne anderen zu Nahe treten zu wollen, ich glaube, Kameradschaft ist nirgendwo so ausgeprägt wie in der Feuerwehr. Man muss sich ja auch im Einsatz blind aufeinander verlassen können.
Wenn es beispielsweise nachts rausgeht, was denken Sie dann?
Erstmal denkt man nichts. Das ist Adrenalin pur. Man ist voll fixiert auf den Einsatz. Ich habe dann ein Szenario im Kopf, was mich möglicherweise erwarten wird und gehe in Gedanken die nächsten Schritte durch. Alle anderen Gedanken, an die verpasste Party, die Müdigkeit oder den Job sind dann vergessen. Wenn man Feuerwehrmann ist, dann mit Leib und Seele.
478 Männer und Frauen sind ehrenamtlich aktiv
Stefan Odoj kommt aus Freienohl und ist 54 Jahre alt. Er ist seit 39 Jahren Mitglied der Feuerwehr Freienohl, anfangs war er Mitglied der Jugendfeuerwehr. „Freienohl war da einer der Vorreiter im Sauerland“, sagt er stolz.
Zehn Jahre war Odoj stellvertretender Löschzugführer in Freienohl und ist seit 2009 stellvertretender Wehrleiter der Feuerwehr Meschede.
In der Feuerwehr Meschede sind 478 Männer und Frauen aktiv, 33 Frauen und 445 Männer. Der Musikzug der Feuerwehr hat etwa 30 Mitglieder und die Ehrenabteilung rund 100 Mitglieder.
Ende Mai wurde die Altersobergrenze angehoben und an das normale Renteneinstiegsalter angepasst. Heute kann man bis zum 67.Geburtstag aktives Feuerwehrmitglied bleiben.
In der Jugendfeuerwehr sind 167 Kinder und Jugendliche engagiert, davon 32 Mädchen und 135 Jungen.
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