Arnsberg/Hagen. . Eine Clique streitet sich vor Gericht um einen Audi A3 - Hauptpreis bei einem Kronkorken-Gewinnspiel. Kein Einzelfall bei Glücks-Gemeinschaften.

  • Der Schmallenberger Kronkorken-Streit wird seit Donnerstag vor dem Landgericht Arnsberg ausgetragen
  • Juristischer Streit um Glücksspielgewinn ist kein Einzelfall vor deutschen Gerichten
  • Rechtsanwalt rät: Gücks-Gemeinschaften sollten Regeln schriftlich festhalten

Ein Kronkorken hat eine Freundschaft von fünf Frauen und Männern in Schmallenberg gesprengt. Das gemeinsame Urlaubswochenende verlief harmonisch, bis einem der Freunde beim geselligen Beisammensein ein Kronkorken mit dem Hauptgewinn des Krombacher-Gewinnspiels – ein Audi A3 – in die Hände fiel. Der Kronkorken-Streit fand gestern vor dem Landgericht Arnsberg seinen vorläufigen Höhepunkt. Ein skurriler Prozess, aber kein Einzelfall. Vor Gerichten landen immer wieder Fälle, in denen sich Freundeskreise – oder auch: Glücks-Gemeinschaften – beharken.

Der Fall

Am Edersee verbringen im Mai 2015 fünf Freunde aus Schmallenberg ein gemeinsames Wochen­ende. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung teilen sie auf, unter anderem auch die für zwei Kisten Krombacher. Zu jener Zeit veranstaltet die Brauerei ein Gewinnspiel, bei dem mit Glück unter anderem 111 Personenwagen des Typs Audi A3 zu ergattern sind.

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Am Abend sitzt die Gruppe in ihrem Feriendomizil zusammen und öffnet einige der Flaschen. Einer der Freunde legt irgendwann auch den Korken mit der Gewinnbenachrichtigung auf den Tisch, ohne es zunächst selbst zu merken. Einem anderen wiederum fällt der auf die Unterseite gedruckte Audi A3 aber auf. Er nimmt den Deckel an sich, tauscht ihn später gegen das Auto ein, fährt rund 12 000 Kilometer damit und verkauft es für vergleichsweise günstige 17 500 Euro wieder.

Der Prozess

Eine der Freundinnen verklagt nun ihren Kumpel – sie fordert einen Anteil am Gewinn. In einem Saal des Arnsberger Landgerichts treffen sich beide Seiten nun wieder. Im Mittelpunkt steht die Frage: Wem gehörte der Kronkorken? Schon vorab sagen die Richter, damit sei „eine Fülle von schwierigen Rechtsfragen“ verbunden. Es sei nicht einmal klar, wem eine Pfandflasche auf dem Weg durch die Hände von Brauerei-Besitzern, Einzelhändlern und Kunden gehöre. Geschweige denn, wem der Kronkorken gehöre, wenn die Flasche erst einmal geöffnet sei. Unter den Zuhörern im Gerichtssaal sorgt das für einiges Schmunzeln, unter den zerstrittenen Freunden weniger. Sie lassen sich auch auf keine vom Gericht vorgeschlagene Einigungsversuche ein.

Die Richterin

Endgültig geklärt ist der Rechtsstreit noch nicht, die Vorsitzende Richterin Dr. Christine Rienhöfer hält es allerdings für möglich, dass die anderen Freunde einen Anspruch auf Gewinnbeteiligung haben. Zwar hätten sie durch das Teilen der Verpflegungskosten wohl keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet, wie die Anwältin der Klägerin argumentiert. Aber trotzdem sei es möglich, dass die vier ­anderen Freunde als Miteigen­tümer des Kronkorkens gelten – mithin also auch als Besitzer des Audi A3.

Das Urteil

Ob die Freunde aus dem Sauerland fast zwei Jahre nach dem Kronkorken-Gewinn doch noch teilen müssen, wird nach dem gescheiterten Einigungsversuch nun am Land­gericht Arnsberg entschieden ­werden. Anfang März will die Kammer das Ergebnis öffentlich verkünden.

Die Vergleichsfälle

Der Streit der Schmallenberger um einen Glücksspielgewinn ist nicht der erste seiner Art. Immer wieder kommt es unter Freunden und Bekannten zu Auseinandersetzungen um Gewinnanteile. Vor allem beim Lottospiel sorgen größere Geldsummen für Streit – der am Ende nicht selten vor Gerichten ausgetragen wird.

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Bei einer Auseinandersetzung zwischen drei Arbeitskollegen aus Hildesheim im Jahr 2009 ging es etwa um nicht weniger als einen Lottogewinn in Höhe von 1,7 Millionen Euro. Der Organisator der Tippgemeinschaft hatte den Gewinn mit einem weiteren Spieler ­alleine eingestrichen. Ein Arbeitskollege hatte sich allerdings auch an der Tippgemeinschaft beteiligt, seine beiden Mitspieler behaup­teten allerdings, der Kollege sei nur an einem von mehreren Tipp­scheinen beteiligt gewesen. Der Gewinn ginge auf einen Spielzettel zurück, den die beiden Kollegen gesondert erworben und abgegeben hätten. Da der Kläger nicht den Nachweis führen konnte, ging er leer aus.

Die Probleme

Nicht immer ist der Fall für Juristen und Beteiligte klar aufzulösen und rechtlich leicht zu bewerten. Am Ende kommt es häufig auf präzise Beweise an – die in vielen Fällen nicht leicht zu erbringen sind. Im Hildesheimer Fall wurde dem Kläger zum Verhängnis, dass er seine Beteiligung an der Gewinngemeinschaft nicht zweifelsfrei nachweisen konnte. Denn: Zunächst zählt derjenige als anspruchsberechtigt, der auch den Schein in der Annahmestelle abgegeben hat. Und einen schriftlichen Vertrag oder eine Vereinbarung vor neutralen Zeugen, die seine Beteiligung hätte beweisen können, gab es damals nicht. Die Richter urteilten entsprechend der Beweislage und sprachen nur den beiden ursprünglichen Gewinnern einen Anteil zu - auch wenn das Gericht seine Zweifel deutlich machte. Der Kläger ging leer aus.

Die Lehren

Ob Lotto-Tippgemeinschaft, Kneipen-Sparclub oder Kegelclub - um eventuellen Streitfällen zwischen Gruppenmitgliedern vorzubeugen, rät der Hagener Rechtsanwalt Lutz Mollenkott, gewisse Regeln schriftlich festzuhalten: „Als Absicherung bei Konflikten.“ Der Jurist nennt das Beispiel von Sparclubs, bei denen Menschen in geselliger Runde ihr Geld gemeinschaftlich „anlegen“ - in einem Sparkasten. „Es muss beispielsweise vorher klar sein, in welchem Umfang ein Mitglied, das aussteigen will, sein eingezahltes Geld zurückbekommt.“