Meschede. . Die Fachhochschule Südwestfalen entwickelt neue Klärtechnologie für Yachten und Kreuzfahrtschiffe. Die Einleitungsvorschriften werden international ab 2016 verschärft.
Das Sauerland bleibt auch nach dem traurigen Ende des Yachtbaus eine maritime Region: Die Fachhochschule Südwestfalen (FH SWF) entwickelt zusammen mit einem norddeutschen Spezialunternehmen Kläranlagen für Kreuzfahrtschiffe und Yachten.
Anders als das weiße Image es nahelegt, gehören die Luxusliner zu den größten Dreckschleudern der Welt. Die Traumschiffe stoßen weit größere Mengen an Schwefeldioxid, Rußpartikeln und Stickoxiden aus als Lkw. Dagegen und gegen die illegale Entsorgung von Ölrückständen ist der Schmutz, der aus den Duschen und Toiletten der Passagiere sowie den Bordküchen kommt, ein geringeres Problem.
Aber eines, das jetzt angepackt wird: „International hat man sich auf eine Verschärfung der Abwasser-Einleitungsvorschriften geeinigt“, berichtet Prof. Claus Schuster, Rektor der Fachhochschule Südwestfalen. Und nun leitet er ein Forschungsprojekt, das Erfahrungen aus der Klärtechnik an Land für die See- und Flussfahrt nutzbar machen soll.
Spezialist für Umwelttechnik und Abwasserreinigung
Der Ingenieur, der 1995 aus der Industrie an die Hochschule kam und das Forschen auch als FH-Präsident (ab 2008) nicht lassen konnte, ist Spezialist für Umweltverfahrenstechnik und Abwasserreinigung. So ist die Hamann AG in Hollenstedt im Landkreis Harburg auf die FH SWF aufmerksam geworden: „Die haben auf unserer Homepage gesehen, dass wir uns mit Flotation gut auskennen“, sagt Fischer. Das ist die Abtrennung von Feststoffen durch Aufschwemmung. Das gibt es bereits auf Schiffen. Was nun neu dazukommt, ist die in kommunalen Kläranlagen übliche biologische Klärung: Mikroorganismen bauen Kohlenstoffverbindungen ab.
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Und das ist auf Schiffen ein Problem? „Zunächst gibt es wenig Platz, jeder Kubikmeter soll Geld bringen“, erklärt Schuster. „Dann sind die technischen Kenntnisse der Mannschaft normalerweise begrenzt. Die Anlage muss also sehr robust sein. Dazu kommen noch die Quer- und Schüttelbewegungen und das Rütteln des Motors.“ Und preiswert soll die Technik natürlich ebenfalls sein.
Prototyp kommt im Frühjahr 2015 in Praxistest
Völlig neu erfinden müssen die Hochschule und das Partnerunternehmen die Technik nicht. „Wir passen an Land erprobte Verfahren an die extremen Bedingungen an Bord an“, beschreibt Schuster die Arbeit. Im Labor am Hochschul-Standort Meschede lassen sich Techniken an einem Miniatur-Klärwerksmodell studieren, Schusters wissenschaftlicher Mitarbeiter Heiner Müller arbeitet direkt in Hollenstedt. „Ein Prototyp ist bereits zertifiziert“ erklärt Claus Schuster, „der kommt im Frühjahr, wenn die Flusskreuzfahrt-Saison wieder beginnt, in den Praxistest.“
2016 sollen Kläranlagen für Schiffe verkaufsfähig sein
2016 sollen die Anlagen, die für unterschiedlichste Größen und Schiffsformen anpassbar sein müssen, dann verkaufsfähig sein. In nicht zu kleiner Zahl: „Derzeit verkauft unser Partner rund 200 Anlagen pro Jahr.“ Und das Geheimnis der bisherigen Entwicklung? „Wir haben ganz besonders wirksame Bakterienstämme entwickelt, deren Einsatz sich wegen höherer Kosten an Land allerdings nicht lohnen würde.“
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Bislang können Schiffe ihr Abwasser außerhalb der 12-Meilen-Zone ablassen. Das gilt nicht im Mittelmeer, sowieso nicht in Flüssen und auch nicht in besonders sensiblen Regionen wie Alaska. Dort mussten die belasteten Flüssigkeiten in Tanks gesammelt und dann an Land entsorgt werden. „Das kostet erstens Platz, und zweitens lassen die Häfen sich die Entsorgung gut bezahlen“, weiß Schuster. Mit der neuen Technik müssten nur noch die Klärschlämme an Bord gelagert werden. Die könnten dann an Land zur Biogasproduktion verwendet werden. „Die Kosten für eine maritime Kläranlage werden sich sehr schnell amortisiert haben“, ist Schuster sicher.
Kreuzfahrtreisen boomen - 1,7 Millionen Passagiere
Mit einem Einsatz auf Frachtschiffen rechnet er so schnell nicht: „Da sind ja kaum Menschen an Bord, und es geht ja nur um deren Hinterlassenschaften.“ Zudem seien neue Techniken in einem Luxussegment wie Kreuzfahrten leichter durchzusetzen.
Es ist allerdings ein Luxus, der um sich greift. Der Markt für Kreuzfahrten boomt. 1,7 Millionen Passagiere zählte das Statistische Bundesamt im vergangenen Jahr allein auf Hochseetouren; die beliebten Flusskreuzfahrten kommen noch dazu. Zehn Jahre zuvor waren erst eine halbe Million deutscher Gäste auf Kreuzfahrt.