Menden/Fröndenberg. Die Deutschland Tour zeigt: Zwischen den Nachbarstädten Menden und Fröndenberg liegen im Radsport Welten.
Die Deutschland Tour in Menden – das ist ein kurzer, aber heftiger Flirt mit der Weltklasse des Radsports. Was der Mendener Abschnittsleiter Raimund Sudhoff seinen 45 Streckenposten vorhergesagt hat, tritt am Samstag um 13.55 Uhr an der Franz-Kissing-Straße exakt so ein: Nach einigen vorbeirasenden Motorrädern – mit und ohne Blaulicht, mit und ohne Kameras – jagt das Feld wie ein Irrwisch an den jubelnden Zuschauern vorbei. Ein paar Sekunden lang, dann ist es vorbei.
Ahnungsloser Rentner auf E-Bike erhält unverhofften Jubel: „Du bist Erster!“
Dafür haben sie lange hier an der Straßenecke gewartet, haben zwischendurch einem irritierten Rentner auf seinem E-Bike zugejubelt, als der versehentlich die Rennstrecke entlang juckelte: „Du liegst vorne!!!“ Haben dem heimischen Motorradpolizisten geholfen, der seine BMW abwürgt, als er noch eine Feldwegsperre in Schwitten kontrollieren soll: „Du musst den Ständer hochklappen, sonst wird das nix.“ Gesagt, getan.
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Erst kommen die schweren Maschinen: „Papa, ist das ein Motorradrennen?“
Mendens Bürgermeister Roland Schröder, ein ausgewiesener Tour-de-France-Fan und dort regelmäßig auch am Straßenrand zu finden, steht jetzt mit dem weißen Tour-Fähnchen aus Arnsberg zwischen den Leuten und wartet mit. Als die ersten schweren Motorräder heranrasen, spüren alle, dass die Deutschland Tour nicht nur Radfahrer auf Touren bringt. Ein kleiner Junge im BVB-Trikot guckt zum Papa hoch und fragt: „Ist das ein Radrennen oder ein Motorradrennen?“
Sekundenlang Hochspannung – dann ist für die Zuschauer schon alles vorbei
Dass es doch ein Radrennen ist, können dann alle sehen, als das Feld die B7 heruntergerast kommt. Erst wirkt es wie ein herannahender Ameisenhaufen, dann schälen sich die Bilder heraus, die Tour-de-France-Seher so lieben: Positionskampf, der Versuch, die enge Kurve diesseits der Verkehrsinsel zu kriegen – und doch müssen einige außenrum. Gerätselt wurde vorab noch, ob diese Profi-Weltstars womöglich die Busbucht vor der Kurve nutzen werden, um innen an ihren Kontrahenten vorbeizukommen. Doch das hat kein Fahrer gemacht. Sekunden später fährt der Bulli mit der grünen Flagge an uns vorbei, und die Ordnungskräfte räumen in drei Minuten alle Barrieren wieder weg. Der Verkehr fließt wieder, als wäre nichts geschehen.
Fröndenberg im Radsport eine ganz andere Welt: Zabelroute und Rennradmuseum
In Fröndenberg, auf der „Eule“, sind weitaus mehr Zuschauer gekommen, und sie machen richtig Stimmung. Die Ruhrstadt fiebert der Deutschland-Tour entgegen, hat sich herausgeputzt mit Deutschland-Fähnchen in Beeten und an Zäunen. Die Bürgerschützen, die am zweiten September Schützenfest feiern, haben ihre Fahnen extra früher gehisst. Die Bühne fürs Rahmenprogramm steht bereits auf dem Marktplatz, her sind viel mehr Menschen unterwegs als an einem gewöhnlichen Samstag.
Florian Stork siegt auf der „Eule“
Und sie machen mit: Zahlreiche mehr oder weniger ambitionierte Freizeitfahrer versuchen sich vor dem Rennstart selbst am Eulenberg. Die Bergwertung ist der Höhepunkt in Fröndenberg. Am Eulendenkmal stehen erste Radsportfans hinter Absperrgittern. Neben Freizeit-Radler fahren auch Teamfahrzeuge der Mannschaften die Strecke langsam ab – offenbar, um sie noch einmal genau zu inspizieren.
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Klaus-Peter Thaler: Radsport-Legende kommt zur Tour nach Fröndenberg
Als es dann so weit ist, wird den Fahrern auch hier laut zugejubelt. Der Unterschied zwischen den Nachbarstädten diesseits und jenseits der Ruhr ist indes deutlich zu spüren: Fröndenberg hat gegenüber Menden einfach den Zabel-Vorteil. Erik Zabel, nach dem hier eine Route für Radfahrer benannt ist, war lange Zeit Fröndenberger und bis zu seinem unrühmlichen Doping-Geständnis ein großer Sohn der Stadt. Ein anderer Großer ist heute erschienen: Klaus-Peter Thaler, Legende aus den 1970er Jahren, ist in Fröndenberg.
Rahmenprogramm läuft weiter
Und es ist es wohl auch kein Zufall, dass in der Ruhrstadt Fröndenberg erst kürzlich Deutschlands erstes Rennrad-Museum eröffnet hat, mitten in der Stadt. Und auch heute ist die Tour mit der Durchfahrt noch längst nicht beendet. Wo in Menden nur die Baken eingeklappt werden, hat Fröndenberg noch ein richtiges Anschluss-Programm parat.