Menden. Wer seinen Garten mit Planen und Steinen abgedeckt hat, muss sogar damit rechnen, dass die Stadt Menden den Rückbau anordnet.

Nachdem die Stadt Menden ihre selbstgesteckten Klimaziele laut einem Gutachten schon jetzt nicht mehr erreichen kann (die WP berichtete), wird die Gangart beim Klimaschutz im Umgang mit unwilligen Bürgerinnen und Bürgern rauer. Jetzt sollen Häuslebauer wie auch Besitzerinnen und Besitzer von Schottergärten und Kunstrasen in einem Flyer nochmals über die wichtigen Funktionen aufgeklärt werden, die blühende Gärten für Umwelt und Klima haben. Zugleich erklärt die Stadtverwaltung klipp und klar: Wer seinen Garten weiter luftdicht abgeschlossen hält, muss damit rechnen, die Anordnung zum Rückbau des Schottergartens zu erhalten. Allerdings soll es vorher eine „angemessene Frist“ für einen freiwilligen Umbau des Gartens geben. Bauherrschaften sollen die Informationen dazu künftig mit ihrer Baugenehmigung erhalten.

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Natur wird buchstäblich erstickt, damit kein „Unkraut“ aufkommt

Schon seit Jahren ist klar, wie umweltfeindlich Schottergärten sind. Denn dabei wird der Mutterboden großflächig mit Vlies oder Folie abgedeckt, um das Wachstum von Wildkräutern zu verhindern. Auf diese Schicht kommen dann Steine, Schotter, Kies oder Mulch. Damit ist die Fläche laut dem Flyer der Stadtverwaltung faktisch verschlossen: Regenwasser versickert nicht mehr in den Boden, was Kanäle überlasten kann. Der abgedichtete Boden selbst verarmt, und die Artenvielfalt bei Pflanzen, Tieren und Insekten wird massiv eingeschränkt. Obendrein entstehen im Sommer Hitze-Inseln: An heißen Tagen heizen sich die Steine stark auf und geben die Hitze nachts ab, sodass die Abkühlung nachts ausbleibt. Bei Starkregen drohen Probleme, und auch optisch bieten sterile, tote Räume einen öden und farblosen Anblick. Bei alledem sind Schottergärten auch noch pflegeintensiv.

Wie schön naturnähere Gärten aussehen, zeigt alljährlich die Aktion „Offene Gärten im Ruhrbogen“, hier Monika Camen mit ihren Töchtern Frances (rechts) und Charlene.
Wie schön naturnähere Gärten aussehen, zeigt alljährlich die Aktion „Offene Gärten im Ruhrbogen“, hier Monika Camen mit ihren Töchtern Frances (rechts) und Charlene. © WP | Thomas Nitsche

Naturbelassene Gärten kühlen, bieten Lebensraum und speichern Wasser

Die Vorteile naturnäherer Gärten liegen dagegen auf der Hand. Das Regenwasser wird aufgenommen und gespeichert. So funktioniert auch die natürliche Kühlung durch Verdunstung. Ein blühender Garten ist zudem Lebensraum für Pflanzen, Tiere und hier vor allem Insekten, er wirkt bunt und lebendig und ist obendrein pflegeleicht. Auch in einem Foto-Vergleich zeigt die Stadt im Flugblatt die augenfälligen Unterschiede auf.

Diesmal soll es nicht bei Werbung für Naturgärten bleiben

Doch irgendwann ist auch Schluss mit dem reinen Umwerben der Schotter-Fans. Denn aufgeführt wird im Flugblatt auch der neue Paragraf 8 der Landesbauordnung NRW. Darin heißt es in Absatz 1: „Die nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbauten Flächen der bebauten Grundstücke sind als Grünflächen wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und zu begrünen oder zu bepflanzen, soweit diese Flächen nicht für eine andere zulässige Verwendung benötigt werden. Schotterungen zur Gestaltung von Grünflächen sowie Kunstrasen stellen keine andere zulässige Verwendung […] dar.“ Klartext: Schottergärten sind verboten. Und dazu folgt die ultimative Warnung der Stadt Menden: „Die Bauordnungsbehörde kann auf dieser Grundlage den Rückbau eines Schottergartens anordnen.“ Besitzern bestehender Schottergärten soll indes eine Frist gewährt werden, „ihre Vorgärten umzugestalten und gesetzeskonform auszubilden“. Wie lang diese Frist sein soll, ist offenbar noch nicht klar.

Schottergärten sind in den letzten Jahren zu einer Modeerscheinung geworden.
Jörg Müller - Baudezernent der Stadt Menden

Neue Rechtslage in NRW erlaubt jetzt massives Eingreifen der Stadt

Auf die neue Rechtslage seit dem Jahresanfang hatte auch die Ratsfraktion Die Linke in ihrer Anfrage an die Verwaltung hingewiesen. Fraktionschef Thomas Thiesmann wollte wissen, wie die Stadt Menden jetzt mit der neuen Rechtslage umgeht. Darauf liefert Drucksache und Flyer die Antworten. In der Beschlussvorlage für den Ratsausschuss für Umwelt und Klima am kommenden Mittwoch erklärt Mendens Baudezernent Jörg Müller auch, warum die grauen Gärten tatsächlich zum Problem geworden sind: „Schottergärten sind in den letzten Jahren zu einer Modeerscheinung geworden. In vielen Neubaugebieten werden die vermeintlich pflegeleichteren Schottergärten den bepflanzten Vorgärten bevorzugt. Auch in bestehenden Wohnsiedlungen geht der Trend weg von einer bunten Bepflanzung hin zu sterilem Schotter oder künstlichem Rasen.“

Ob das geplante Vorgehen der Stadtverwaltung politisch abgesegnet wird, debattiert der Ausschuss für Umwelt und Klima am Mittwoch, 8. Mai, ab 17 Uhr im Ratssaal. Die Sitzung ist öffentlich.