Menden. Kritiker des Bücherei-Umzugs verfassen einen offenen Brief. Das sind ihre Gedanken und Forderungen zur Zukunft der Stadtbücherei.

Die Diskussion um den künftigen Standort der Bücherei geht weiter. Eine Gruppe von Mendenerinnen und Mendenern um den Kritiker des Bücherei-Umzugs Alexander Zibis hat nun ihre Gedanken und Forderungen zur Zukunft der Stadtbücherei und für deren Erhalt im Alten Rathaus in einem offenen Brief zusammengefasst. 200 Exemplare des Briefes seien kürzlich ausgedruckt und an die Ratsmitglieder, Kultur- und Bildungseinrichtungen sowie Bürgerinnen und Bürger verschickt beziehungsweise verteilt worden, erklärt Alexander Zibis gegenüber der WP-Redaktion. Unterzeichnet ist der Brief von knapp 30 Unterstützerinnen und Unterstützern, weitere sind dazu aufgerufen, sich dem Appell für den Verbleib der Bücherei im Alten Rathaus anzuschließen. „Wir hoffen auf eine vielfache digitiale Verbreitung“, erklärt Zibis.

Blick in die Stadtbücherei Menden.
Blick in die Stadtbücherei Menden. © WP | Dirk Becker

Bekanntlich soll die Bücherei aus dem Alten Rathaus in das neu entstehende Gebäude am Nordwall umziehen. Die Kritiker werfen Bürgermeister und Verwaltungsspitze indes vor, dass eine „sinnvolle Gestaltung der neuen Räume, eine seriöse Finanzierung der Aktion sowie eine gleichwertige Nachnutzung des Alten Rathauses“ ungeklärt seien. Sie stellten damit ein erhebliches soziales, ökonomisches und städtebauliches Risiko dar. Es gehe ihnen vielmehr darum, dass die Bücherei „unter erheblicher Belastung des Kulturetats als sogenannter ,Frequenzbringer‘ in das erste Stockwerk des neuen Geschäftshauses am Nordwall“ ziehe.

Zusätzliche Kosten in Höhe von mehr als einer halben Million Euro

„Wo liegt das Problem“ fragen die Unterzeichnenden in ihrem Schreiben. Sie benennen verschiedene Punkte. So verursache die Anmietung der Geschäftsräume am Nordwall der Stadt jedes Jahr zusätzliche Kosten in Höhe von mehr als einer halben Million Euro. Sollte die Bücherei dort einziehen, fielen weitere Millionen an Umzugs- und Verwaltungskosten an. Die Einschätzung der Kritiker: „Es handelt sich in jedem Fall schon jetzt um eine sehr kostspielige Entscheidung, die immer weitere nach sich ziehen wird, wenn man nicht gegensteuert.“ Sie betonen zudem, dass noch keine Entscheidung zu einem Büchereiumzug gebe - der Kulturausschuss empfehle ihn lediglich. Im Rat sei darüber noch nicht debattiert worden, „und deshalb kann auch nichts in der Sache beschlossen worden sein“.

Bürgerinnen und Bürger hätten das Recht zu erfahren, „wer aus welchen Gründen für oder gegen einen solchen Umzug stimmt, vielmehr besteht für ihre gewählten Vertreterinnen und Vertreter die Pflicht, diesbezügliche Informationen öffentlich zugänglich zu machen“. Der Wille der Bevölkerung sei über eine repräsentative Bürgerbefragung, besser noch mithilfe eines Bürgerentscheids in Erfahrung zu bringen.

Lassen Sie die Expertinnen und Experten der verschiedenen Abteilungen ergebnisoffen über die besten Lösungen nachdenken, anstatt einen Apparat zu konstruieren, dessen einziger Zweck es ist, alles von oben Gewünschte unkritisch durchzusetzen.
Kritiker des Bücherei-Umzugs

Entscheidungen sollen korrigiert werden

Die Kritiker-Gruppe richtet sich mit Forderungen an Bürgermeister, Büchereileitung, Stadtverwaltung, Mitglieder des Rates und Mitbürgerinnen und Mitbürger. So fordert sie von Bürgermeister Dr. Roland Schröder, unter anderem Entscheidungen zu korrigieren, „ die nicht durch politische Beschlüsse gedeckt sind, anstatt weitere hinzuzufügen.“ An die Stadtverwaltung gerichtet: „Lassen Sie die Expertinnen und Experten der verschiedenen Abteilungen ergebnisoffen über die besten Lösungen nachdenken, anstatt einen Apparat zu konstruieren, dessen einziger Zweck es ist, alles von oben Gewünschte unkritisch durchzusetzen.“

Förderung des Lesens

Vom Rat erwarten die Unterzeichnenden: „Beauftragen Sie eine Expertin oder einen Experten mit fundierten Kenntnissen der Architektur und Stadtplanung, zeitnah ein Konzept für eine moderne Bücherei im historischen Gewand des Alten Rathauses als Alternative zu dem teuren und riskanten Umzugsplan zu entwickeln.“ Der Büchereileitung geben sie zu bedenken, dass sich mit dem Eintritt in ein Mietverhältnis die Betriebskosten „mehr als verzehnfachen“. Mit den Kosten entstünden ganz neue Rechtfertigungszwänge, „sodass nach unserer Auffassung die Zukunft der Bibliothek durch einen solchen Umzug mittel- und langfristig aufs Spiel gesetzt wird.“ Und zuletzt an die Mendenerinnen und Mendener gerichtet: „Die Förderung des Lesens sollte niemandem egal sein, die nachhaltige Nutzung öffentlicher Gebäude darf niemandem egal sein und die sinnvolle Verwendung unserer Steuern betrifft uns alle.“

Unterzeichnet haben den offenen Brief: Detlef Albrecht, Kristina Barth, Grischa Drolshagen, Thomas Hammel, Bruno Homberg, Bernhard Hüls, Hannah Klute, Julia Klute, Stefan Klute, Robert Knauft, Helmut Kruse, Uta Lahme, Klaus Mundus, Dr. Alfred Nückel, Lisa Nückel, Jaden Qian, Jerome Qian, Sean Qian, Bodo Richter, Beate Sänger, Sarah Schimmel, Rüdiger Tillmann, Raimund Vedder, Dr. Alexander Maria Zibis, Cornelia Zibis, Diana Zibis, Julia Zibis.

Unterzeichnen kann man durch eine entsprechende Nachricht an: buechereiinitiative.2023@gmail.com

Hier der Offene Brief zur Zukunft der Bücherei an die Verantwortungsträger der Stadt Menden im Wortlaut :

Uns, den Unterzeichnenden, liegen Kultur und Bildung in der Stadt Menden am Herzen.
Kritiker des Bücherei-Umzugs

„Uns, den Unterzeichnenden, liegen Kultur und Bildung in der Stadt Menden am Herzen. Daher fordern wir die Verantwortungsträger und alle, die hier ihre Wurzeln und ihre Heimat haben, dazu auf, sich nachdrücklich für den Erhalt der Dorte-Hilleke-Bücherei im Alten Rathaus einzusetzen.

Wir wenden uns damit ausdrücklich nicht gegen sinnvolle Modernisierungsmaßnahmen, die das Lesen, Denken und Reden fördern und auch nicht gegen eine ambitionierte Sanierung des denkmalgeschützten Alten Rathauses, die diesen wertvollen Ort der Begegnung mit netten Menschen und guten Medien noch einladender und schöner macht.

Die aktuellen Pläne des Bürgermeisters und der Verwaltungsspitze weisen aus unserer Sicht allerdings in die genau umgekehrte Richtung. Geht es nach ihnen, soll die Bücherei unter erheblicher Belastung des Kulturetats als sogenannter „Frequenzbringer“ in das erste Stockwerk des neuen Geschäftshauses am Nordwall ziehen.

Eine sinnvolle Gestaltung der neuen Räume, eine seriöse Finanzierung der Aktion sowie eine gleichwertige Nachnutzung des Alten Rathauses sind ungeklärt und stellen damit ein erhebliches soziales, ökonomisches und städtebauliches Risiko dar.

Woher kommen denn die Umzugspläne?
Ende des Jahres 2021 sprechen sich mehrere Ratsfraktionen dafür aus, die Stadt Menden als „Ankermieter“ für den Neubau eines Geschäftshauses anzubieten, um eine im Zuge des gescheiterten Projekts Nordwallcenter drohende Brache in der Innenstadt zu vermeiden. Zu dieser Entscheidung trägt maßgeblich bei, dass die „Stadtverwaltung im [neuen] Rathaus absolute Platznot“ bescheinigt, wie man den damaligen Presseberichten entnehmen kann.

Ab Januar 2022 wird dann allerdings auf einmal über die Stadtbücherei als mögliche Mieterin spekuliert und Grafiken des geplanten Neubaus zeigen Bücherregale hinter den Fenstern der ersten Etage. Solche Zeitungsartikel und Bildelemente erregen jedoch noch keine besondere Aufmerksamkeit.

Am 18. Mai 2022 lädt die Dorte-Hilleke-Bücherei rund 35 Personen, darunter einige „ganz normale“ Bürgerinnen und Bürger, zu einer „Zukunftswerkstatt“ ein. Die meisten Teilnehmenden hören dort zum ersten Mal von Umzugsplänen, werden aber bereits im Oktober 2022 von der Mitteilung überrascht, sie seien ebenso wie ein wissenschaftliches Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Umzug der Bücherei unvermeidlich sei.

Wo liegt das Problem?
Im Oktober 2023 verkündet der Bürgermeister, dass mit der Unterzeichnung des Mietvertrags für das erste Stockwerk im Neubau der Geschäftshaus Küster GmbH auch der Büchereiumzug beschlossen sei. Das wenige, was der Öffentlichkeit über diesen Mietvertrag bekannt ist, gibt genug Anlass zur Sorge.

Über einen Zeitraum von mindestens 20 Jahren verursacht allein dieses Mietobjekt der Stadt jedes Jahr zusätzliche Kosten in Höhe von mehr als einer halben Million Euro.
Kritiker des Bücherei-Umzugs

Über einen Zeitraum von mindestens 20 Jahren verursacht allein dieses Mietobjekt der Stadt jedes Jahr zusätzliche Kosten in Höhe von mehr als einer halben Million Euro. Die tatsächlichen Ausgaben werden je nach Verwendungszweck und Betrieb der angemieteten Flächen noch einmal deutlich höher liegen.

Sollte die Bücherei dort einziehen, fallen weitere Millionen an Umzugs- und Verwaltungskosten an. Zudem wäre mit erheblichen, wenn auch hoffentlich nur zeitweiligen Leistungsausfällen zu rechnen. Es handelt sich in jedem Fall schon jetzt um eine sehr kostspielige Entscheidung, die immer weitere nach sich ziehen wird, wenn man nicht gegensteuert.

Man mag sich fragen, was es nützt, sich gegen eine längst beschlossene Sache zu engagieren. Sind wir vielleicht sogar Feinde der Demokratie, weil wir eine korrekt herbeigeführte politische Entscheidung nicht akzeptieren?

Nein, denn erstens gibt es diese Entscheidung noch nicht: Der Kulturausschuss, der sie angeblich getroffen hat, kann das gar nicht und hat das auch schon richtiggestellt. Der Ausschussvorsitzende hat sich für seinen Fehler entschuldigt und in der korrigierten Niederschrift der Sitzung steht nun klar und deutlich, dass der Ausschuss lediglich „empfiehlt“.

Zweitens ist das Thema Büchereiumzug nicht im Rat debattiert und somit auch nicht zur Abstimmung gebracht worden und deshalb kann auch nichts in der Sache beschlossen worden sein.

Drittens haben die Bürgerinnen und Bürger nicht nur das Recht zu erfahren, wer aus welchen Gründen für oder gegen einen solchen Umzug stimmt, vielmehr besteht für ihre gewählten Vertreterinnen und Vertreter die Pflicht diesbezügliche Informationen öffentlich zugänglich zu machen.

Danach ist der tatsächliche Wille der Bevölkerung über eine repräsentative Bürgerbefragung, besser noch mithilfe eines Bürgerentscheids in Erfahrung zu bringen. Denn der Umzug hat nicht nur für die Bibliothek gravierende Folgen.

Die Fakten müssen auf den Tisch.
Kritiker des Bücherei-Umzugs

Was sind unsere Forderungen?
Die Fakten müssen auf den Tisch. Verantwortung muss übernommen werden und vernünftige Planungsalternativen müssen von Expertinnen und Experten für Architektur, Städtebau und Stadtentwicklung transparent aufgezeigt werden.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, korrigieren Sie Entscheidungen, die nicht durch politische Beschlüsse gedeckt sind, anstatt weitere hinzuzufügen. Informieren Sie im Vorfeld über zentrale Zukunftsfragen, anstatt wichtige Informationen zurückzuhalten, beantworten Sie Nachfragen, stellen Sie sich der Diskussion und beteiligen Sie die Bürgerinnen und Bürger Mendens sowie deren gewählte Vertreterinnen und Vertreter im Rat an den jeweiligen Prozessen.

Sehr geehrte Büchereileitung, die Stadtbücherei befindet sich in einem Gebäude, das Eigentum unserer Kommune ist. Sie soll in ein Mietverhältnis eintreten, das die Betriebskosten mehr als verzehnfacht. Da eine Bildungsinstitution keine Einnahmen generiert, muss darunter das Budget für Personal, Medien, Veranstaltungen usw. leiden. Mit den Kosten entstehen ganz neue Rechtfertigungszwänge, sodass nach unserer Auffassung die Zukunft der Bibliothek durch einen solchen Umzug mittel- und langfristig aufs Spiel gesetzt wird.

Sehr geehrte Stadtverwaltung, ermöglichen Sie Gedankenfreiheit bei allen Beteiligten in Ihrem Haus. Lassen Sie die Expertinnen und Experten der verschiedenen Abteilungen ergebnisoffen über die besten Lösungen nachdenken, anstatt einen Apparat zu konstruieren, dessen einziger Zweck es ist, alles von oben Gewünschte unkritisch durchzusetzen.

Sehr geehrte Mitglieder des Rates der Stadt Menden, diskutieren Sie Ihre eigenen Ideen zur Zukunft der Bücherei und des Alten Rathauses, informieren Sie die Öffentlichkeit, binden Sie diese in Ihre Überlegungen ein, beraten Sie das weitere Vorgehen, ziehen Sie das Verfahren an sich und übernehmen Sie Verantwortung, indem Sie kluge Entscheidungen auf der Grundlage realer Bedarfe und tatsächlicher Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger treffen. Beauftragen Sie eine Expertin oder einen Experten mit fundierten Kenntnissen der Architektur und Stadtplanung, zeitnah ein Konzept für eine moderne Bücherei im historischen Gewand des Alten Rathauses als Alternative zu dem teuren und riskanten Umzugsplan zu entwickeln.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, am Beispiel von Bücherei und Altem Rathaus zeigt sich besonders deutlich, dass unsere Demokratie davon lebt, dass wir uns über wichtige Vorgänge informieren und uns in Debatten einbringen. Die Förderung des Lesens sollte niemandem egal sein, die nachhaltige Nutzung öffentlicher Gebäude darf niemandem egal sein und die sinnvolle Verwendung unserer Steuern betrifft uns alle. Unser Altes Rathaus ist ein Denkmal, das nicht nur herumsteht, sondern sich in seiner Nutzung als Bücherei selbst verwirklicht. Helfen Sie mit, dem Denkmal das Denken zu erhalten, indem Sie diesen Brief mitunterzeichnen und an Freunde und Bekannte weiterleiten!

Unterzeichnen kann man durch eine diesbezügliche Nachricht an: buechereiinitiative.2023@gmail.com

Mit besten Grüßen, Detlef Albrecht, Kristina Barth, Grischa Drolshagen, Thomas Hammel, Bruno Homberg, Bernhard Hüls, Hannah Klute, Julia Klute, Stefan Klute, Robert Knauft, Helmut Kruse, Uta Lahme, Klaus Mundus, Dr. Alfred Nückel, Lisa Nückel, Jaden Qian, Jerome Qian, Sean Qian, Bodo Richter, Beate Sänger, Sarah Schimmel, Rüdiger Tillmann, Raimund Vedder, Dr. Alexander Maria Zibis, Cornelia Zibis, Diana Zibis, Julia Zibis.“