Menden. Nach den Sommerferien ist Menden laut Jugendamtsleiter Christian Goebels regelrecht überrannt worden. Was die Situation so schwierig macht.

Eigentlich, so rechnet Jugendamtsleiter Christian Goebels vor, habe man in Menden in diesem Jahr mit acht bis zehn unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten gerechnet. Aktuelle Zahlen zeigen: Das war ein riesiger Irrtum. Mittlerweile sind 27 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in der Hönnestadt angekommen. Ein Trend, der wohl nicht nur Menden betrifft.

Die Zahlen sind im Kinder- und Jugendhilfeausschuss eigentlich nur eine Randnotiz. Und doch zeugen sie von einem Trend, der Menden gerade erreicht: Die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten sprengen sämtliche Erwartungen. Anfang 2023 rechnete man im Jugendamt laut Christian Goebels mit acht bis zehn Zuweisungen. Mittlerweile sind es 27. „Aus völlig unterschiedlichen Ländern“, wie der Jugendamtsleiter im Ausschuss erklärt.

Die Wunne ist keine dauerhafte Lösung für die Unterbringung

„Was uns allerdings nicht gelingt, ist, sie in stationären Jugendhilfeeinrichtungen unterzubringen“, gibt Goebels zu. Heißt: Die Stadt ist am Limit, momentan müssen die Kinder und Jugendlichen in kleinen WGs in der städtischen Unterkunft an der Wunne ausharren. Gleichwohl sei man an einer „fachlich bestmöglichen Lösung“ interessiert, eine rathausinterne Task Force nimmt sich des Themas nun an. Auch für Goebels steht fest: Die Wunne ist keine dauerhafte Lösung für die Unterbringung minderjähriger unbegleiteter Geflüchteter.

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Gleichwohl sei das kein Problem, mit dem Menden alleine dasteht. „Das ist für alle Kommunen in NRW eine Riesenherausforderung“, erklärt Christian Goebels den Ausschussmitgliedern. Es gebe derzeit schlicht keine stationären Unterbringungsmöglichkeiten in diesem Umfang. Zumal einige Kapazitäten auch für Fälle von Kindeswohlgefährdungen frei gehalten werden müssten. Das Ziel könnte demnach eine kreisweite Organisation der Unterbringung sein, denn alleine die Kommunen könnten diese Aufgabe nicht bewältigen.

Jugendamtsleiter: Vor acht Jahren deutlich mehr Hilfe vonseiten des Landes

„Ich finde die Situation dramatisch. Es ist schlimmer als 2014/15“, betont Goebels in diesem Zuge. Damit meint er zwar nicht den Flüchtlingsstrom insgesamt, wohl aber den von unbegleiteten Minderjährigen. Vor acht Jahren habe man deutlich mehr Hilfe vonseiten des Landes erhalten – und vor allem mehr Vorbereitungszeit, um entsprechende Wohngruppen einzurichten. Dafür fehle laut Goebels derzeit schlichtweg das Personal. Ein Kostenproblem ist es für die Stadt unterm Strich allerdings nicht. Die Kosten werden – wenn auch mit teilweise deutlichem Verzug – vom Landesjugendamt übernommen. „Das alles stellt uns vor Herausforderungen“, so das Fazit des Jugendamtsleiters.

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18 der 27 Minderjährigen leben in der städtischen Unterkunft

Für Mirko Kruschinski (SPD) verständlich – und doch gibt’s leise Kritik. Alle Minderjährigen in der Wunne unterzubringen, sei nicht die Lösung in seinen Augen. 18 der insgesamt 27 Betroffenen leben derzeit in der städtischen Unterkunft. Noch dazu, ergänzt Grünen-Fraktionschef Peter Köhler, befinde sich die Wunne nicht in der idealen Lage; die Integration in die Stadtgesellschaft werde damit deutlich erschwert. Dessen ist sich auch Jugendamtsleiter Christian Goebels bewusst. „Wir müssen erst einmal eine Lösung für die stationäre Unterbringung in Wohngruppen finden.“ Dass die Wunne nicht der beste Ort sei, sei auch für die Stadt klar, „aber anders geht es derzeit nicht“. Nach den Sommerferien sei die Stadt in der Hinsicht „regelrecht überrannt worden“.

Insgesamt liegt die Zuweisungsquote Mendens derzeit bei 100,66 Prozent, wie Stadtsprecher Johannes Ehrlich auf WP-Anfrage erklärt. „Daraus ergibt sich eine Übererfüllung der Quote von fünf Personen.“ In den Übergangsheimen der Stadt sind aktuell 109 Plätze belegt; 154 Plätze stehen insgesamt zur Verfügung – noch hätte die Hönnestadt also etwas Luft. Mit Blick auf den Ukraine-Krieg listet die Verwaltung derzeit 610 Ukrainerinnen und Ukrainern, die allerdings größtenteils in privatem Wohnraum untergekommen sind.