Menden. Unglaublich, aber wahr: Frühere Mendener Museumsleiter nahmen auch Bomben und Granaten als Ausstellungsstücke in Empfang. Sie waren noch scharf.
Für großes Aufsehen weit über die Mendener Stadtgrenzen hat die unglaubliche Geschichte um eingelagerte scharfe Weltkriegs-Granaten im Kindergarten Papenbusch und im Keller des Stadtmuseums (die WP berichtete) gesorgt. Die Aufnahmen in die Bestände erfolgten lange vor der Amtszeit von Museumsleiterin Jutta Törnig-Struck. Sie hat inzwischen aber recherchiert, wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass die alten, aber noch scharfen Kampfmittel offenbar ohne nähere Begutachtung als mögliche Ausstellungsstücke säuberlich inventarisiert wurden.
Scharfe Granaten entdeckt auf Suche für Ausstellung „Aufbewahrt und ausgepackt“
Entdeckt wurden sie bekanntlich erst am Donnerstag, als sich Mitarbeiterinnen des Museums auf die Suche nach alten Schätzchen aus den hintersten Winkeln der beiden Museums-Depots machten: „Wir wollen im Herbst und Winter eine besondere Ausstellung anbieten, in denen Dinge aus unserem Kontor gezeigt werden, die sonst nie zu sehen sind“, berichtet Törnig-Struck. Geplanter Titel der Ausstellung: „Aufbewahrt und ausgepackt – Schätze aus der Sammlung“. Wobei der Museumsleiterin klar ist, dass sich diese Überschrift nach den Granatenfunden vom Donnerstag unfreiwillig komisch anhört.
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Unter den 16.000 Objekten auf der Inventarliste auch eine Stabbrandbombe
Zugleich, berichtete Törnig-Struck weiter, habe sie selbst in den Inventarlisten nachgesehen, in denen 16.000 Objekte aufgeführt sind. „Da fiel mir eine Stabbrandbombe auf, die auf einer der Listen stand.“ Diese Bombe war 1941 ins damalige Bauernhaus des Museums gekracht, ohne zu explodieren. „Die muss der damalige Museumsleiter Wilhelm Dortmann entgegengenommen haben, natürlich als vermeintlich entschärftes Exemplar.“
Frühere Museumsleiter waren Lehrer und keine Sprengstoff-Experten
Doch wie schon der Mendener Museumsgründer Friedrich Glunz sei auch Dortmann ein Lehrer und kein Sprengstoffexperte gewesen. Also nahmen beide Munition entgegen – Glunz die Kampfmittel aus dem ersten Weltkrieg, Hoffmann die aus dem zweiten – in dem Glauben, dass die Munition entschärft und harmlos sei. Friedrich Glunz beschriftete die Munition im Jahr 1925, sieben Jahre nach Ende des ersten Weltkrieges, sogar noch persönlich. Dortmann muss seine Exponate in den 1950er- und 60er-Jahren angenommen haben.
Bei Umzug des Depots vor 27 Jahren gelangte die Munition in Kindergartenkeller
Das Depot für Museums-Inventar unter der Kita Papenbusch wurde laut Törnig-Struck dann vor 27 Jahren in einem Kellerraum eingerichtet. „Damals hatte das Museum keine Leitung, und so wurden bei einem Umzug damals die Schränke mit sämtlichen Objekten offenbar unbesehen in den Kindergarten-Bau gebracht.“
Nach jahrzehntelanger Lagerung: Alarmkette funktionierte binnen drei Stunden
Als ihren Mitarbeiterinnen dort die Handgranaten und obendrein noch längliche Munitions-Objekte fanden, verständigten sie sofort die Leiterin. Törnig-Struck wiederum rief Ordnungsamtschefin Manuela Schmidt an. Die eilte ihrerseits in die Kita, machte Fotos von den Objekten und telefonierte mit dem Kampfmittel-Räumdienst. Die Entschärfer rückten nur eine Stunde später an und nahmen die Kriegsmunition aus beiden Kellern mit. Stabbomben und Granaten werden jetzt bei hohen Temperaturen verbrannt. Sie kehren folglich nicht wieder ins Museum zurück.
Kampfmittelräumer häufiger in Heimatmuseen: Aber nirgends so viel wie in Menden
Doch diesen Ausstellungsstücken weint Jutta Törnig-Struck jetzt keine Träne nach. Der Kampfmittelräumer habe übrigens berichtet, dass er gar nicht so selten Einsätze in Heimatmuseen habe. Allerdings: Nirgendwo habe er so viel sicherstellen müssen wie in Menden.