Menden. Blaue Tonne und Preisverfall machen das Sammeln von Altpapier unrentabel. Mendens Vereine verlieren eine verlässliche Einnahmequelle.

Der Höhenflug bei den Altpapier-Erlösen für Mendener Vereine ist offenbar vorbei. Der Aufwand für die Sammlungen lohnt sich deutlich weniger als noch im zweiten Quartal dieses Jahres. Zwei Gründe dafür gibt es: Erst verringerte die Einführung der blauen Altpapiertonne für Haushalte in Menden die Sammelmengen drastisch. Jetzt kommt ein rasanter Verfall der Papierpreise noch hinzu.

Jahrzehntelang verlässliche Erlöse drohen Mendens Vereinen flöten zu gehen

Gerade in Menden bessern viele Vereine ihr Budget traditionell durch fleißiges Horten des Wertstoffs in eigens aufgestellten Containern oder durch große Straßensammlungen auf. Die Papier-Erlöse kamen über Jahre und Jahrzehnte verlässlich herein – und sind entsprechend fest in der Vereinskasse eingeplant. Als Mitte 2022 die Haushalte in Menden erstmals die „Blaue Tonne“ für Altpapier bestellen konnten, fürchteten viele Vereine bereits ein starkes Schrumpfen ihrer Sammelmengen.

Mendener Politik ließ sich mit Einführung der Blauen Tonne bewusst viel Zeit

Auch die Mendener Politik hatte aus Sorge vor wegbrechenden Einnahmen für die Vereine sehr lange gar keine Blaue Tonne in Menden einführen wollen. Als die Altpapiertonne Anfang Juli 2022 dann doch eingeführt wurde, war Menden damit die allerletzte Kommune im Zweckverband für Abfallbeseitigung (ZfA). In den Partnerstädten Altena, Balve, Iserlohn, Nachrodt-Wibilingwerde, Plettenberg und Werdohl gab es die Tonne längst.

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Papiermengen ein Jahr nach Einführung der Altpapiertonne stark zurückgegangen

Zumindest anfangs schien sich in Menden die Befürchtung nicht zu bestätigen,, dass die Sammelmengen aus Zeitungen, Kartons oder Büchern dank der bequemeren Tonnen-Lösung deutlich weniger würden. Das vermeldete damals zum Beispiel der Förderverein für das Büprgerbad Leitmecke. Doch inzwischen, sagt Christian Rudolphi von der Kolpingsfamilie Halingen, sei die Papiermenge so stark zurückgegangen, dass sich der Aufwand von Sammeltagen kaum noch lohne.

Letzte Ausbeute für Kolping Halingen: 47,16 Euro für 2,38 Tonnen

Rudolphi nennt als Beispiel das magere Ergebnis der jüngsten Kolping-Sammlung aus dem Juni, als noch der erhöhte Papierpreis galt: Für knapp 2,38 Tonnen Altpapier, mit denen zwei Kolping-Kräfte an der Annahme den Container am „Halinger Hof“ befüllt hatten, erhielten die Halinger exakt 47,16 Euro. Davon waren noch die Kosten für den Sammelcontainer abzuziehen. Die benachbarte Kolpingsfamilie Schwitten hat angesichts solcher Ergebnisse ihre Papiersammlung bereits eingestellt (die WP berichtete). Ob das auch in Halingen passiert, soll laut Rudolphi am Jahresende entschieden werden. „Wir sammeln ja neben dem Papier auch Brillen und alte Handys für Sozialaktionen, die es dann auch nicht mehr gäbe.“

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Zweckverband für Abfallbeseitigung: Marktpreis für Altpapier ist stark gefallen

Altpapier, so weit das Auge reicht: Sammlungen wie diese vor einigen Jahren bei Kolping Schwitten lohnten sich für die Vereinskassen. Heute stimmen weder Menge noch Preis.
Altpapier, so weit das Auge reicht: Sammlungen wie diese vor einigen Jahren bei Kolping Schwitten lohnten sich für die Vereinskassen. Heute stimmen weder Menge noch Preis. © Archiv WP, Trilling

Der stark gefallene Papierpreis macht den Ehrenamtlichen jetzt den zweiten Strich durch ihre Jahresrechnung. Der ZfA gewährte lange Zeit einen Zuschussbetrag in Höhe von zehn Euro pro Tonne Altpapier. Zusätzlich bestand für die Vereine die Möglichkeit, „bei entsprechender Marktlage“ bei den Annahmestellen zusätzliche Erlöse auszuhandeln. Die jeweilige Abrechnung erfolgt quartalsweise, also vier Mal im Jahr. Doch die Marktpreise sind seit Herbst 2022 stark gefallen, bestätigt ZfA-Sprecher Denis Potschien.

Pro Tonne jetzt 10 statt 21 Euro

Statt mit dem gesammelten Altpapier Erlöse zu erzielen, habe der Zweckverband bis zu 16 Euro pro Tonne draufzahlen müssen, um überhaupt noch Abnehmer für das Papier am Markt zu finden. Die Folge: Der aktuelle Zuschussbeitrag für die Vereine ist inzwischen wieder auf 10 Euro pro Tonne gesunken. Im Quartal davor, also von Anfang April bis Ende Juni, hatte er noch bei 21,30 Euro gelegen. Immerhin: „Seit April stabilisieren sich die Preise auf niedrigem Niveau und liegen aktuell um 4 Euro als Erlös pro Tonne.“

Hohe Energiekosten, weniger Pakete und Papierverzicht in der Werbung

Die Gründe für dieses Abrutschen seien die drastisch gestiegenen Energiekosten, die verschiedene Papierhersteller sogar bewogen hätten ihre Produktion ganz einzustellen. Zudem sinke beständig der Absatz von Neupapier, weil immer mehr Werbemaßnahmen rein digital durchgeführt würden und aufgrund der Inflation der Konsum und damit auch der Bedarf an Papier- und Kartonverpackungen gesunken ist. Sogar der bisher stabile Exportabsatz von Altpapier nach Fernost sei nahezu komplett eingebrochen. Denis Potschiens Prognose verheißt für Mendener Vereine wenig Gutes: „Aktuell sieht es so aus, dass das aktuelle Preisniveau voraussichtlich gehalten, aber nicht gesteigert werden kann.“