Menden. Dr. Mendener HNO-Arzt Dr. Heinzdieter Thelen schließt seine Praxis – nach 37 Jahren. Warum „Schimanski“ mal bei ihm im Wartezimmer saß.
Nach 37 Jahren Selbstständigkeit ist Schluss. Der Mendener HNO-Arzt Dr. Heinzdieter Thelen geht mit 74 Jahren in den Ruhestand. Am Abend des 29. Juni schließt er seine Praxis am Südwall zum letzten Mal ab.
Einen Nachfolger wird es nicht geben, erklärt Dr. Heinzdieter Thelen: „Ich habe zweieinhalb Jahre gesucht und letztendlich niemanden gefunden.“ Von fünf Interessenten habe einer lieber ins tiefere Sauerland gewollt, „und die anderen vier wollten einfach nicht nach Menden“.
Im St.-Vincenz-Krankenhaus operiert
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Hinzu komme: Nach seiner Erfahrung wollen sich viele Mediziner lieber nicht mehr alleine mit einer eigenen Praxis niederlassen. „Von Personal bis Verwaltung – wir sind dafür eigentlich nicht ausgebildet und müssen uns um alles kümmern“, erläutert Dr. Heinzdieter Thelen. Das Praxismanagement müsse nach der medizinischen Ausbildung erlernt werden. „In einer Klinik ist das was anderes, da hat man damit nichts zu tun.“ Andere Nachwuchs-Mediziner wiederum wollten lieber als Angestellte in einer Gemeinschaftspraxis arbeiten, „das ist beliebter als sich alleine selbstständig zu machen“.
Patienten mit Hypnose behandelt
Dr. Heinzdieter Thelen, der auch autogenes Training unterrichtet und Patienten mit Hypnose behandelt hat, hat Jahrzehnte auch als Belegarzt im St.-Vincenz-Krankenhaus gearbeitet und – bis Mai 2012 – jede Woche operiert. Das hieß für ihn: Nach einem Eingriff 24 Stunden für den oder die Patienten in Bereitschaft sein – zusätzlich zur Arbeit in seiner Praxis am Südwall. „Und das als Einzelkämpfer“, sagt er und erinnert sich auch an die Zeit vor seiner Selbstständigkeit, als er Krankenhaus-Schichtdienste absolvierte, die von Freitagmorgen bis Montagabend reichten: „Das wäre heute undenkbar und gar nicht mehr erlaubt.“ Frei war dann der Montagabend, „Dienstag habe ich wieder gearbeitet“.
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Kassensitz ist schon länger ausgeschrieben
Der Kassensitz von Dr. Heinzdieter Thelen ist seit zweieinhalb Jahren im Märkischen Kreis ausgeschrieben, erklärt der Mediziner. Wenn sich hier weiterhin niemand finde, „kann es sein, dass der Sitz verfällt“. Denn im Märkischen Kreis gebe es im HNO-Bereich eine leichte Überversorgung.
In Menden indes gibt es neben Dr. Heinzdieter Thelen nur noch einen weiteren HNO-Arzt.
Seine Patienten hat Dr. Heinzdieter Thelen bereits informiert, „dass sie sich einen neuen HNO-Arzt suchen müssen“. Hier sei die Situation indes nicht so schwierig wie bei der Suche nach einem neuen Hausarzt.
Die Belastung sei sehr hoch gewesen – sowohl im Krankenhaus als auch in seiner eigenen Praxis: „Niedergelassene Praxen leben das System der Selbstausbeutung“, sagt Dr. Heinzdieter Thelen, betont aber auch, dass er seinen Beruf immer gerne ausgeübt habe. Vor allem „Selbstdisziplin und Durchhaltevermögen braucht man“. Heute stehe die Work-Life-Balance auch bei vielen Medizinern stärker im Fokus.
Erst Chemie, dann Medizin studiert
Ursprünglich hat Dr. Heinzdieter Thelen zunächst Chemie studiert. Parallel nahm er ein, zwei Jahre vor Abschluss des Diplom-Studienganges auch noch ein Medizin-Studium auf. Hierüber fand er dann den Weg zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt. Seine Facharzt-Ausbildung absolvierte er am Dortmunder St.-Johannes-Hospital, bevor er sich mit seiner Praxis am Südwall in Menden niederließ.
An die Begegnungen mit vielen Patienten denkt er gerne zurück, ist dankbar, sagt aber auch, dass sich das Anspruchsdenken vieler Menschen verändert habe. Hieß es früher noch „Können Sie mich bitte krankschreiben“, höre er mittlerweile des Öfteren einfach „Krankschreibung!“. „Früher war ich nur Arzt, dann wurden wir zum Leistungserbringer“, bilanziert er.
Der Ton, der Umgang miteinander, habe sich bisweilen zum Negativen verändert. Doch zum Glück sei das nicht bei allen Patienten so: „Ich bin dankbar, dass ich viele liebe und treue Patienten habe. Wenn mir meine Arbeit keinen Spaß mehr gemacht hätte, hätte ich nicht über das Pensionsalter hinaus gearbeitet.“
Medizinisches Album mit vielen Erinnerungen
Ein Herzstück der Praxis verwahrt Dr. Heinzdieter Thelen in seinem Schreibtisch, die wenigsten Patienten dürften es kennen. In dem dicken Album hat der Mediziner in den vergangenen 37 Jahren Monat für Monat notiert, was ihm aus medizinischer Sicht berichtenswert erschien. Eng beschriebene Seiten wechseln sich in dem medizinischen Album ab mit Fotos und Zeitungsartikeln.
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Und ein Scheck klebt in dem Album – direkt unter einer Autogrammkarte von Götz George. Was es damit auf sich hat? „Schimanski und Thanner sitzen im Wartezimmer“, begrüßten ihn eines Tages im Frühjahr 1987 seine Mitarbeiterinnen. „Ich habe natürlich gedacht, dass sie mich veräppeln wollen“, erinnert sich der Mediziner schmunzelnd. Doch tatsächlich warteten Schauspieler Götz George und sein Tatort-Partner Eberhard Feik auf die Behandlung. Die beiden Schauspieler seien heiser gewesen und mussten abends auf der Wilhelmshöhe auftreten. Götz George schickte später zur Begleichung der Rechnung einen Scheck – den Dr. Heinzdieter Thelen nie einlöste und in sein Tagebuch einklebte.
Unterstützung über viele Jahre
Unterstützt haben ihn über all die Jahre seine beiden Mitarbeiterinnen, die eine seit 33 Jahren, die andere sogar seit Praxisgründung: „Sie haben das in den letzten Jahren so organisiert, dass ich mit Administration nichts mehr zu tun hatte.“ Die eine der beiden habe bereits eine neue Stelle gefunden, die andere gehe in Rente.
Für seinen Ruhestand hat Dr. Heinzdieter Thelen, der auch Amateur-Funker ist, schon viele Ideen. Das Wichtigste aber ist ihm, dass er auch ab Juli nicht einfach in den Tag hinein lebt. Der Tag brauche – auch und gerade für Ruheständler – eine Struktur. Darüber hinaus freue er sich auf mehr Zeit mit seiner Ehefrau, seinen Kindern und Enkelkindern.