Menden. In Menden soll am Mittwoch, 14. Juni, keine Apotheke öffnen. Es ist ein Protesttag gegen eine Vergütung, die aus Apothekersicht nicht mehr reicht.

Alle elf Mendener Apotheken sollen am Mittwoch, 14. Juni, ganztägig schließen – am bundesweiten Protesttag. Ihren Unmut demonstrieren wollen die heimischen Pharmazeuten und ihre Angestellten aus der ganzen Region auf dem Marktplatz in Iserlohn. Dort soll es eine zentrale Kundgebung ab 12 Uhr mittags geben. Stattfinden soll diese Demo vor der Iserlohner Markt-Apotheke am Nordengraben 8, die am Protesttag zugleich die einzige Notdienst-Apotheke weit und breit ist – und damit auch Anlaufstelle für die Kundinnen und Kunden aus Menden. Den Notdienst versieht die Markt-Apotheke von Mittwoch, 14. Juni, 9 Uhr, bis Donnerstag, 15. Juni, 9 Uhr.

Fixbetrag zum Ausgleich der Betriebskosten auf dem Stand von 2013

Laut Apotheker Horst-Lothar Müller, der seine Heide-Apotheke vor gut einem Jahr an seine Tochter Ann-Christin Mierzwa abgegeben hat, geht es seinen Kolleginnen und Kollegen bei diesem Ausstand zum einen um höhere Erlöse, die Betrieben das Überleben ermöglichen sollen. So soll das Fixum zum Ausgleich der Betriebskosten einer Apotheke deutlich erhöht werden, das seit 2013 unverändert bei 8,35 Euro pro verschreibungspflichtiger Packung liegt. Davon würden den Apotheken noch der Anteil der Gesetzlichen Krankenversicherungen abgezogen – ein Betrag, den Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) laut Horst-Lothar Müller sogar noch von 1,75 Euro auf 2 Euro erhöht habe. Damit seien die Einkünfte der Apothekerinnen und Apotheker über die Inflationsrate hinaus noch weiter geschrumpft.

Das Apothekensterben gibt es seit Jahren auch in Menden

Appell: Medikamente vorher abholen

Die heimischen Apotheken bitten ihre Patientinnen und Patienten ihre planbare Medikation bereits an den Vortagen abzuholen – oder nach dem 14. Juni, sagt Horst-Lothar Müller. So könnten die Folgen des Ausstandes gemildert werden woran allen Apothekerinnen und Apothekern gelegen sei.

Auf einer Regionalversammlung am Dienstag in Iserlohn sei aber ausdrücklich dazu aufgerufen worden, von Aufweichungen des Streiktages abzusehen. Den Betrieb wie im Notdienst nur durch die Glasklappe abzuwickeln oder nur einen halben Tag lang zu schließen, sei insbesondere von den Verbandsvertretern verworfen worden. Das mache den Streik im Zweifel wirkungslos.

Müller macht sich dennoch nichts vor, was die öffentliche Meinung angeht: „Für ganz viele Menschen ist unser Protest ein Klagen auf hohem Niveau. Und das, obwohl das Apothekensterben längst eingesetzt hat, auch bei uns in Menden. Wir hatten hier mal 20, dann 17 Apotheken, heute sind es nur noch elf im gesamten Stadtgebiet.“ Die Kreuz- und die Burg-Apotheke gebe es ebenso nicht mehr wie die Walburgis- oder die Ratsapotheke, in Lendringsen seien die Bieber- und die Hönnetal-Apotheke heute Geschichte. Menden bilde dabei keine Ausnahme: Bundesweit schließen nach Angaben des Verbandes täglich zwei Apotheken für immer ihre Pforten.

Patienten zahlen für Ausdünnung des Netzes: Immer längere Wege zum Notdienst

Für diese Ausdünnung des Netzes bezahlen Patienten auch in Menden längst mit immer längeren Wegen – vor allem im Notdienst geht es nachts oftmals in Nachbarstädte. „Der Einsatz für eine auskömmliche Finanzierung der Apotheken ist deshalb auch ein Einsatz für unsere Kunden“, sagt Müller. Daher sei auch die Kundgebung offen für alle Menschen, die das Anliegen unterstützen wollen.

Fachkräftemangel und Vermeidung von Selbstständigkeit wirken verschärfend

Das grassierende Apothekensterben habe indes noch andere Gründe. Hier nennt Horst-Lothar Müller die vermehrte Aufgabe von Arztpraxen, ohne die auch die Apotheke nebenan kaum überleben könne. Oftmals fehlten Nachfolge-Interessenten. Der Mangel an Fachpersonal betreffe indes auch seinen Berufsstand. Und: „Viele junge Fachkräfte, insbesondere weibliche, bevorzugen nach ihrer Ausbildung eher ein Angestellten-Verhältnis – zum Beispiel in Medizinischen Versorgungszentren, deren Zahl ja immer weiter wächst.“ Damit vermeide man als junger Mensch eine hohe Verschuldung zu Beginn eines Berufslebens als selbstständiger Apotheker und genieße statt des unternehmerischen Risikos geregelte Einkommen und Arbeitszeiten – und damit auch mehr Zeit für die Familie.

Konkurrenz im Internet stellt bei Knappheit keinen Fiebersaft für Mendener Kinder her

Auch die Konkurrenz aus dem Internet mache den Apothekerinnen und Apothekern zu schaffen. „Die machen Werbung gegen Apothekenpreise, sie stellen aber keinen Fiebersaft für Kinder her, wenn der wegen Lieferengpässen knapp wird“, stellt Müller trocken fest. „Und Notdienste schieben sie auch nicht.“