Menden. Versteckte Armut aufspüren und bekämpfen: Das ist Ziel einer neuen Kampagne von „Mendener in Not“. Gefragt ist auch Hilfe aus der Bevölkerung.
Den ganzen Winter hindurch hat ein 83-jähriger Mendener zuhause gefroren, weil er das Öl für seine Heizung nicht mehr bezahlen konnte. „Wenn es ganz schlimm wurde, ist er zur Tankstelle gegangen und hat sich einen Kanister auffüllen lassen, um es wenigstens für kurze Zeit wärmer zu haben“, berichtet Cristina Gummert vom Beirat des Hilfevereins „Mendener in Not“. Es geht um Scham, es geht um Unsicherheit: Armut versteckt sich, gerade wenn die Betroffenen ältere Menschen sind, aber nicht nur dann. Auch Alleinerziehende und ihre Kinder zählen zu denen, die nicht als bedürftig gelten wollen, obwohl sie es sind. Um dieses Elend aufzuspüren, hat „Mendener in Not“ jetzt mit einem neuen Programm begonnen.
Stadtweite Flyer-Aktion soll helfen Bedürftigkeit auszumachen
„Wir verteilen gerade überall Flyer oder legen sie aus, in denen unsere Hilfsangebote beschrieben sind, unsere Arbeit und natürlich auch unsere Kontaktadressen“, sagt der Vorsitzende Klaus Ullrich. Allein 700 dieser Info-Zettel mit den Rufnummern von Ansprechpartnern haben sie jüngst bei der Versammlung im „Lebendigen Lahrfeld“ hinterlassen. Dort haben sie auch ausdrücklich darum gebeten, dass Verwandte, Nachbarn oder Freunde von hilfsbedürftigen Mitmenschen die Helferinnen und Helfer des Vereins darauf aufmerksam machen. Den Flyer gibt es auch schon auf Ukrainisch.
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Bekannter machen, um Grenzen von Bescheidenheit und Scham aufzubrechen
Bislang waren es fast ausschließlich „Komm-Angebote“, die „Mendener in Not“ machte – wie viele Hilfsorganisationen auch. Doch als Teil des neuen Mendener Sozialforums, unter dessen Dach sich im letzten Herbst mehrere Organisationen auch aus Lendringsen zusammenfanden, soll es jetzt verstärkt um aufsuchende Hilfe gehen. „Um diese Bescheidenheit und Verschämtheit aufzubrechen, müssen wir uns bekannt machen, ob im Lahrfeld, in Lendringsen, auf der Platte Heide, im Rauherfeld oder in der Stadtmitte“, sagt Klaus Ulrich.
Unterstützung auch für Fördervereine an Schulen und im Offenen Ganztag
Die Spendenkonten
Konten von „Mendener in Not“:
Sparkasse Märkisches Sauerland Hemer Menden, IBAN DE54 4455 1210 1800 0728 68
Märkische Bank, IBAN DE14 4506 0009 0108 8550 00
Mendener Bank, IBAN DE 42 4476 1312 0000 0060 60.
Beim Online-Banking im Betreff wird gebeten den Begriff „Spende“ zu verwenden.
Und: Bis 300 Euro erkennt das Finanzamt den Kontoauszug als Spendenbeleg an.
Zudem unterstütze „Mendener in Not“ nach bei einer wachsenden Zahl von Anfragen jetzt auch die Fördervereine von Schulen und in Offenen Ganztagen. Der Weihnachts-Wunschbaum für Mendener Senioren habe neue Fälle ausgelöst. Fast alle Brandopfer von der Fröndenberger Straße seien bei „Mendener in Not“ vorstellig geworden, weil sie beim Feuer Anfang Januar alles verloren hatten. Und einmal wöchentlich gibt es ein Treffen mit den Lendringser Hilfsvereinen. Bei alledem gelte für „Mendener in Not“: „Wir helfen immer im konkreten Notfall, nicht auf Dauer oder mit der Gießkanne“, sagt der Vorsitzende. Um Probleme dauerhaft zu lösen, vermittle der Verein an Beratungsstellen, etwa gegen Schulden, Stromschleudern oder Abhängigkeiten. Auch die Politik sei gefordert. Ein Grund, warum er sich im Stadtrat engagiere, berichtet Ullrich.
Zahl der Hilfeempfänger wächst beständig – auch wegen Lebenshaltungskosten
Mit der stark wachsenden Zahl der Hilfsbedürftigen auch aufgrund der enormen Energie- und Lebensmittelpreise steige naturgemäß auch der Bedarf an Hilfsmitteln – sprich: an Geldspenden, erläutert Cristina Gummert. So brauche der Verein heute 20- bis 40.000 Euro im Monat, „das war 2020 nicht so“. Doch nur so könnten sie noch sicherstellen, dass ältere Menschen oder kleine Kinder in Wohnungen nicht frieren müssen, weil Strom oder Gas abgestellt werden. Dass Notstände, oft wegen Krankheit, nicht zum Verlust der Wohnung führen, wie es gerade jetzt einer kinderreichen Familie in Menden drohe. Dass auch Kinder aus armen Familien bei Klassenfahrten dabeisein dürfen. Dass Beerdigungen bezahlt werden.
Höhere Ausgaben gegenüber den Vorjahren deuten sich schon jetzt an
Im Jahr 2022 hat „Mendener in Not“ 25.500 Euro allein für Lebensmittel-Gutscheine und 35.000 für Stromhilfen ausgegeben. In den ersten vier Monaten des Jahres 2023 waren das schon jeweils 10.000 Euro. Cristina Gummert: „Wenn man sich vorstellt, was da noch kommt, dann kann man nur sagen: Wir bitten wieder um Spenden, damit wir weiter helfen können.“