Menden. Mehr Geld oder weniger Bewerber? Im aktuellen Tarifkonflikt schlagen zwei Herzen in der Brust von Mendens Stadtkämmerer Uwe Siemonsmeier.
Bei etwa 34,4 Millionen Euro liegen aktuell die jährlichen Auszahlungen der Stadt Menden an ihre Beschäftigten, doch das dürfte sich mit der aktuellen Tarifauseinandersetzung bald ändern. Das ahnt auch Uwe Siemonsmeier, der als Stadtkämmerer finanziell die Enden im Rathaus zusammenhalten soll. Die aktuelle Forderung der Dienstleistungs-Gewerkschaft Verdi liegt bei 10,5 Prozent oder mindestens 500 Euro monatlich mehr, und das würde dann auch für die rund 800 Bediensteten der Stadt Menden gelten. Nach Adam Riese würde es eine Mehrbelastung der Stadtkasse von 3,4 Millionen Euro im Jahr oder 280.000 Euro im Monat bedeuten, falls sich die Arbeitnehmerseite komplett durchsetzen sollte. Bei einem Abschluss in Höhe von 8 Prozent ergäben sich für Siemonsmeiers Etat immer noch 2,7 Millionen Euro mehr im Jahr – oder 225.000 Euro im Monat.
Freie Planstellen in der Mendener Stadtverwaltung sind unbesetzt
„Es wird darauf ankommen, wie hoch, ab wann und für wie lange mehr gezahlt werden muss“, erklärt der Kämmerer dazu auf WP-Anfrage. Und an wie viele Beschäftigte die Erhöhung geht. Denn es gebe mittlerweile einige Arbeitsplätze im Stellenplan der Stadt Menden, die mangels Bewerberinnen und Bewerbern nicht besetzt werden können. Siemonsmeier erinnert hier an die jüngste Debatte um die hauptamtlichen Feuerwehrleute: Für sie beschloss der Stadtrat deutlich verbesserte Rahmenbedingungen und Konditionen, um weitere Abgänge aus Menden in andere Städte zu stoppen. Dennoch würden die Personalvorgaben des Brandschutzbedarfsplans in Menden noch immer nicht an allen Stellen erfüllt.
Wettbewerb um junge Köpfe: Stadt konkurriert auch mit der Wirtschaft
Warten auf den Schlichterspruch
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) fordert für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen eine Anhebung der Einkommen um 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro monatlich bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.
Die öffentlichen Arbeitgeber boten zuletzt 8 Prozent mehr Einkommen und einen Mindestbetrag von 300 Euro sowie eine Einmalzahlung von 3000 Euro an, bei einer längeren Laufzeit.
Bis nach Ostern gilt jetzt eine Friedenspflicht, ein Schlichtungsversuch ist vereinbart. Bis Mitte April wird ein Schlichterspruch als Einigungsvorschlag erwartet. Nehmen beide Seiten ihn an, wäre der Tarifkonflikt beendet.
Vorsitzende der Schlichtungskommission sind der ehemalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt von der Arbeitgeberseite und der ehemalige Bremer Staatsrat Hans-Henning Lühr für die Gewerkschaften.
Grundsätzlich gelte, dass Stadtverwaltungen auch in Konkurrenz zur freien Wirtschaft stehen, wenn es um die rarer gewordenen Bewerberinnen und Bewerber geht. Dabei, da ist sich Siemonsmeier mit seinem Fröndenberger Amtskollegen Heinz Günter Freck einig, gehe es bei der Bezahlung auch um die Wettbewerbsfähigkeit der öffentlichen Hand gegenüber den Unternehmen. Deshalb hat sich der Mendener Kassenhüter nicht nur längst von der Zwei-Prozent-Plus-Prognose für die Personalausgaben verabschiedet, die standardmäßig noch im Mendener Haushalt für 2023 steht. Es schlagen auch zwei Herzen in seiner Brust, was die Nöte der privaten Haushalte angeht: Die Inflation mit den damit verbundenen realen Verlusten für Arbeitnehmer-Haushalte liege längst weit über zwei Prozent, zuletzt waren es gut sechs, zwischenzeitlich mehr als acht.
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Um die voraussichtlich deutlich höheren Personalausgaben finanziell stemmen zu können, bleiben laut Uwe Siemonsmeier entweder Einsparungen an anderer Stelle oder zusätzliche Kreditaufnahmen. Dafür wären dann auch politische Entscheidungen notwendig.
Mehr Langzeitkranke sorgen für unerwünschte Einsparungen
Abgemildert wird die erwartete Steigerung der Gehälter, wie hoch sie am Ende auch immer ausfällt, bei der Stadt unterdessen auch durch zwei unerwünschte Effekte. Da sind zum einen die unbesetzten Stellen in der Verwaltung, für die logischerweise keine Gehaltszahlungen anfallen, die aber im Arbeitsablauf bitter vermisst werden. Zum anderen sorgt die Zunahme an Langzeiterkrankungen für ungewollte Entlastung. „Gerade psychische Krankheiten werden von Jahr zu Jahr mehr“, stellt der Kämmerer für die Stadt fest, was auch in vielen Unternehmen mittlerweile an der Tagesordnung ist. Tariflich Beschäftigte, die bei der Stadt Menden etwa zwei Drittel der Belegschaft ausmachen, fielen wie in der freien Wirtschaft bei Langzeiterkrankungen nach sechs Wochen aus der Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber heraus. „Wir werden da an einer Stelle entlastet, an der wir uns das absolut nicht wünschen können.“
Kämmerer wartet ab: „Steuerzahler soll nicht meine maximalen Ängste bezahlen“
Aus all diesen Gründen will Uwe Siemonsmeier die Forderung der Gewerkschaft auch noch nicht voll in den Haushalt einpreisen. „Dann“, schmunzelt der Kämmerer, „müssten die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ja meine maximalen Ängste bezahlen.“