Oesbern/Lendringsen. Die Straße ist eng, umgeben von Wald und kurvig – trotzdem sind 100 km/h erlaubt. Ist die Wolfskuhle in Menden ein Unfallschwerpunkt?

Für die einen bedeutet sie eine etwa zwei Kilometer lange Fahrt durch die Idylle, für andere eher Stress und Unbehagen. Wieder andere verbinden furchtbarste Erinnerungen mit ihr: die Wolfskuhle. Sie vernetzt Oesbern und Lendringsen miteinander, ist recht schmal und umgeben von Wald. 100 Kilometer pro Stunde sind hier erlaubt. Ist die Wolfskuhle ein Unfallschwerpunkt?

Nach schwerem Unfall: Forderung nach Tempolimit

Zuletzt machte die Straße schreckliche Schlagzeilen, als am vergangenen Wochenende ein junger Mendener (18) mit seinem VW Polo von der Straße abkam, der Wagen gegen einen Baum prallte und der 18-Jährige noch am Unfallort starb. Der Beifahrer überlebte und wurde mit einer Schockverletzung ins Krankenhaus gebracht. Stand heute vermutet die Polizei, dass überhöhte Geschwindigkeit in Kombination mit einem Fahrfehler für den Unfall sorgten. Die intensiven Ermittlungen sind aber noch nicht abgeschlossen. Die Anteilnahme der Mendener ist groß. Viele Menschen vor Ort und in sozialen Netzwerken sprachen der Familie des Toten ihr Beileid aus. Aber es wurden auch Stimmen laut, die ein Tempolimit für die Wolfskuhle fordern. Immer wieder komme es dort zu Unfällen, die Straße sei gefährlich. Aber: Ist das ein subjektives Gefühl oder wirklich so?

Christof Hüls von der Kreispolizeibehörde Iserlohn erklärt: Es gibt eine sogenannte Verkehrsunfallkommission im Märkischen Kreis. Dieses Gremium setzt sich aus Vertretern verschiedener Bereiche zusammen, wie der Kreispolizeibehörde, dem Märkischen Kreis und dem Landesbetrieb Straßen NRW. Ihre Aufgabe: Unfallschwerpunkte erkennen, beseitigen und die Verkehrssicherheit verbessern. „Die Kommission weist auf mögliche Knackpunkte hin“, sagt der Fachmann. Maßnahmen, um Unfallschwerpunkte zu beseitigen seien beispielsweise Tempokontrollen, Tempolimits oder auch bauliche Maßnahmen. Die Kommission legt also fest, ob sich in der Wolfskuhle etwas ändern muss oder nicht.

Stadt wartet Ergebnisse ab: Dann folgen gegebenenfalls Maßnahmen

Generell verhält es sich bei diesem Unfall ähnlich wie bei dem Unfall im vergangenen Jahr am Westwall. Dort ist eine Seniorin von einem Auto angefahren worden und verstorben. Genauso wie bei diesem tragischen Unfall müssen wir auch hier die genaue Auswertung, also den Abschlussbericht der Verkehrsunfallkommission Märkischer Kreis abwarten“, sagt Stadt-Pressesprecher Johannes Ehrlich auf Nachfrage. „Daraus ergibt sich, ob es sich bei der Wolfskuhle um einen Unfallschwerpunkt handeln könnte und es können sich daraus Maßnahmen ergeben. Genau so wie beim Westwall, wo auf Grundlage des Berichtes Veränderungen vorgenommen werden.“

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Ehrlich erklärt weiter, dass das Ordnungsamt Menden den Abschlussbericht der Verkehrsdirektion anfordern will. Je nach Inhalt des Berichts werde dann entschieden, ob ein Handeln erforderlich ist. Möglich wäre dann beispielsweise ein Ortstermin gemeinsam mit der Verkehrsdirektion, um über Maßnahmen zu sprechen. „Erfahrungsgemäß dauert dieser Auswertungsprozess jedoch recht lange, daher können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Angaben machen.“

20 Unfälle seit 2007: Generell gilt die Straße als unauffällig

Christof Hüls von der Kreispolizeibehörde wirft derweil einen Blick in die Statistik. Bis ins Jahr 2007 reicht diese zurück, rund 16 Jahre. „In dieser Zeit gab es in der Wolfskuhle 20 Unfälle der Kategorien eins bis vier“, sagt der Pressesprecher. Das ist ein Verkehrsunfall mit einem Getöteten (Kategorie 1), zwei Verkehrsunfälle mit Schwerverletzten (Kategorie 2), acht Verkehrsunfälle mit Leichtverletzten (Kategorie 3) und die restlichen Unfälle waren „schwerwiegende Verkehrsunfälle mit Sachschaden“ (Kategorie 4). Auch darüber hinaus gab es in dem Zeitraum Unfälle, doch nur diese schwerwiegenden Fälle aus den ersten vier Kategorien sind für die Unfallkommission relevant.

„Die Polizei führt monatliche Auswertungen durch, um Häufungsstellen auszumachen und zu besprechen“, sagt Hüls. Und in Bezug auf die Wolfskuhle wird klar: „Da sind wir deutlich entfernt von den Warnmarken.“ Eine Warnmarke wäre beispielsweise, dass innerhalb eines Jahres drei Unfälle der Kategorie eins bis vier passieren. Das ist in der Wolfskuhle aber laut Polizei nicht der Fall. Die Straße sei noch nie eine Unfallhäufungsstelle gewesen. „Klar ist aber auch: Jeder Unfall ist ein Unfall zu viel“, macht er deutlich.

Stand jetzt: Kein Handlungsbedarf

Konkret heißt das: Aktuell besteht kein Handlungsbedarf. Die Straße sei „eigentlich unauffällig“. Es gibt zwar Unfälle, aber die seien nicht auf eine spezifische Ursache ganzjährig betrachtet zurückzuführen. Wenn überhaupt, so Christof Hüls, würden sich vermehrt Wildunfälle ereignen. Im vergangenen Jahr waren es fünf. Auffällig sei diese Zahl aber auch nicht. „Da gibt es schlimmere Stellen.“

Hinweis der Redaktion: Mindestens einen weiteren Toten muss es auf der Strecke allerdings gegeben haben. Ein Kreuz am linken Straßenrand (Fahrtrichtung Lendringsen) kurz vor der letzten Geraden macht darauf aufmerksam. Ältere Mendener Bürger berichten der Redaktion von bis zu vier tödlichen Unfällen in den vergangenen 30 Jahren an dieser Stelle. Auch, so heißt es, habe es zeitweise ein Tempolimit gegeben, dass wieder aufgehoben wurde. Doch eine Verifizierung dieser Aussagen ist schwierig. Weder Stadt noch Polizei haben dazu Daten. „Ob und wann in dem Bereich mal ein Tempolimit von 60 km/h war, ist den Kollegen leider nicht bekannt – dazu gibt es beim Ordnungsamt keine Unterlagen“, sagt Johannes Ehrlich.