Menden/Martinique. Der 18-jährige Mendener Jan Moritz Brinkschulte ist mit einem Segelboot in die Karibik gefahren. Was er erlebte und wie es nun weitergeht.

Wenn Jan Moritz Brinkschulte die Videokamera seines Handys während des Westfalenpost-Interviews auf das richtet, was er gerade in seiner Umgebung sieht, kann man im frostig-kühlen Menden schon mal ein bisschen Fernweh bekommen: Sandstrand, Wasser, Sonne. Doch bis der 18-jährige Mendener hier ankommen konnte, legte er mehr als 11.000 Kilometer zurück – auf einem Segelboot. Sein Ziel: die Karibik. Begleitet wird er dabei von zwei jungen Mitseglern: Jan Even und Elias Karaca.

Türkisblaues Wasser: Jan Moritz Brinkschulte ist nun in der Karibik angekommen.
Türkisblaues Wasser: Jan Moritz Brinkschulte ist nun in der Karibik angekommen. © Jan Moritz Brinkschulte | Jan Moritz Brinkschulte

Ihr seid im vergangenen Juli auf eurem Boot Amelija in Kroatien losgesegelt. Wo genau seid ihr nun?

Jan Moritz Brinkschulte: Wir sind vor kurzem im Norden von Barbados angekommen. Wir waren danach in Bridgetown, der Hauptstadt von Barbados. Dann ging es weiter nach Martinique, wo wir jetzt auch noch sind.

Zwischen den Kapverden und der Karibik wart ihr ja einige Zeit nur auf euch alleine gestellt. Wie war das?

+++ Im Juli vergangenen Jahres startete Jan Moritz Brinkschulte in Kroatien +++

Ja, da waren wir 16 Tage und acht Stunden auf dem Atlantik unterwegs. Wir haben 2170 Seemeilen zurückgelegt, das sind 4020 Kilometer. Im Durchschnitt sind wir 5,5 Knoten, also etwa 10 km/h, gefahren. Aufgrund der guten, beständigen Passatwinde war das sehr entspannt.

Hattet ihr in der Zeit Kontakt zur Außenwelt?

Unterwegs mit der Amelija

Das Segelboot, mit dem Jan Moritz Brinkschulte und seine beiden Begleiter in die Karibik gefahren sind, ist 12,35 Meter lang und 3,20 Meter breit. Es kommt aus der französischen Werft Amel und wurde 1976 gebaut.

Die Segler berichten in einem Blog auf einer eigenen Internetseite über ihr Segel-Projekt. Dort kann auch der Standort des Schiffes verfolgt werden:
Amelija.de

Außerdem posten sie regelmäßig auf ihrer Instagram-Seite sailing.amelija über ihre Reise. Dort sind auch viele beeindruckende Drohnen-Aufnahmen zu sehen.

Wir hatten die Möglichkeit, über unser Satellitentelefon Kontakt zu halten. Wir haben das Telefon genutzt, um jeden Tag Wetterdaten herunterzuladen. Und wir haben eine Tracking-Page angelegt, auf der man online sehen konnte, wo wir waren. In der Zeit haben wir ein verlassenes Schiff gefunden.

Wie eine Art Geisterschiff?

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Wir haben zuerst auf dem AIS (Anmerkung der Redaktion: AIS steht für Automatisches Identifikationssystem; Funksystem, mit dem Navigations- und andere Schiffsdaten ausgetauscht werden können) gesehen, dass sich ein Boot in unserer Nähe befand. Als ich Nachtschicht hatte – wir haben uns da alle vier Stunden abgewechselt – habe ich auf einmal in zehn, elf Kilometer Entfernung das Boot gesehen, das im Wasser trieb. Ich habe das Boot angefunkt, aber es hat niemand geantwortet. Wir sind dann hingefahren, es war dunkel, die Wellen drei Meter hoch, kaum Sterne, ziemlich windig. Das oberste Gebot dabei ist, sich selbst nicht in Gefahr zu bringen, also das andere Schiff nicht versehentlich zu rammen. Als wir in der Nähe waren, haben wir gesehen, dass das Segelboot keinen Mast mehr hatte. Innen brannte noch Licht.

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Was habt ihr dann gemacht?

Wir haben Signale gegeben, aber keiner hat reagiert. Dann haben wir über unser Satellitentelefon bei der Seenotzentrale in Bremen angerufen. Die haben das an die zuständige Stelle auf den Kapverden weitergeleitet, die dann Containerschiffe, die in der Nähe waren, kontaktiert haben. Wir sollten vor Ort warten, bis es hell wird. Es hat sich dann später herausgestellt, dass die Crew den Mast des Segelbootes verloren hatte. Und wenn das passiert, dann ist es eigentlich vorbei. Die Leute sind per Hubschrauber evakuiert worden und mussten ihr Boot zurücklassen.

Ist euch die Zeit, in der ihr überhaupt kein Land gesehen habt, irgendwann lang geworden?

Man sieht halt die ganze Zeit Wasser und Wellen und das Boot schaukelt. Aber es hat alles gut geklappt, weil wir auch ohne Eile unterwegs waren.

Gab es auf deiner Reise einen Ort, der dich besonders beeindruckt hat?

Kein bestimmter Ort. Wir haben schon so viele besondere Orte entdeckt. Nicht nur in der Karibik, auch im Mittelmeer gibt es wunderschöne Ecken.

Wie ernährt ihr euch? Kocht ihr selbst oder geht ihr essen, wenn ihr an Land gehen könnt?

Wir gehen eigentlich fast nie essen. Das sind sonst deutliche Zusatzausgaben. Wir kochen selbst auf unserem Boot. Und wir haben auch schon gebacken. Wir haben viele lang haltbare Lebensmittel an Bord. So haben wir zum Beispiel in Spanien 70 Kilo Nudeln gekauft. Vor Ort kaufen wir dann frisches Gemüse. Kochen an Bord auf See ist wie eine Karussellfahrt, die aber nie aufhört. So sollte man ein Messer nie mal eben auf dem Tisch ablegen, das rutscht sofort weg. Da dauert es schon mal länger, wenn man was schnippelt und kocht.

Ihr habt ja einen traumhaften Ausblick. Wird es euch auch mal langweilig?

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Nein, eigentlich haben wir immer was zu tun. Wir machen alle zwei Stunden einen Logbucheintrag, wir müssen die Segel regelmäßig kontrollieren, gucken, ob wir unseren Kurs halten. Und wenn wir auf dem Schiff mal nichts zu tun haben, dann höre ich Musik oder einen Podcast oder ich lese.

Wie sind eure weiteren Pläne?

Jan Moritz Brinkschulte vor seinem Start in die Karibik. Das Foto entstand im vergangenen Sommer in Kroatien.
Jan Moritz Brinkschulte vor seinem Start in die Karibik. Das Foto entstand im vergangenen Sommer in Kroatien. © Jan Even | Jan Even

Wir wollen in den nächsten Monaten in der Karibik bleiben. Wir fahren mit unserem Boot jetzt erst mal zu den nördlicheren kleinen Antillen und anschließend in den Süden der Karibik. Hintergrund ist, dass im Juni die Hurrikan-Saison beginnt. Im Süden allerdings ist es ziemlich sicher, da könnten wir auch noch länger bleiben.

Wann kommst du wieder nach Menden zurück – und vor allem wie?

Wir hatten erst überlegt, über den Nord-Atlantik zurückzusegeln, aber da gibt es keine beständigen Winde, wodurch die Passage deutlich anspruchsvoller ist. Deshalb planen wir zurzeit, unser Boot hier in der Karibik zu verkaufen. Und dann fliege ich zurück nach Hause. Wahrscheinlich spätestens im Juli.

Ist es nicht schwierig, ein Boot in der Karibik zu verkaufen? Ich hätte gedacht, dass da alle Segler hinwollen und dann ein Boot nicht dort kaufen.

Das haben wir auch zuerst gedacht. Aber die Amerikaner zum Beispiel segeln ja auch. Für die ist die Karibik wie das Mittelmeer für uns. Wir sind zuversichtlich, dass der Verkauf hier vor Ort klappt.

Du bist jetzt schon rund acht Monate unterwegs. Hattest du mal Heimweh?

Heimweh ist eigentlich kein großes Thema. Ich lerne viele Menschen kennen und bin an vielen schönen Orten. Natürlich verpasst man manches, was zu Hause abläuft. Aber man kann ja mit der Familie und mit Freunden auch telefonieren.

Wie geht es weiter, wenn du im Sommer wieder in Deutschland bist?

Ich werde dann ab Herbst studieren: Elektrotechnik und Informationstechnik in Aachen.