Lendringsen. Ein Jahr Angriffskrieg: Gegen das unermessliche Leid und die Gräueltaten in der Ukraine haben jetzt viele Mendener ein Zeichnen gesetzt.
Lendringsen leuchtete für Frieden und Mitmenschlichkeit. Und das, obwohl die Bedingungen alles andere als komfortabel waren. Es regnete, war kalt und ungemütlich. Trotzdem kamen am Freitagabend mehrere hundert Menschen aus Menden zusammen, um für den Frieden und gegen den Krieg in der Ukraine ein Zeichen zu setzten. Eine Menschenkette mit Lichtern legte für einen Moment die Lebensader Lendringsens lahm. Kein Auto konnte die Straße passieren – sorgfältig war sie zwischen dem Walzweg und der Mendener Bank durch Polizeisperren abgeriegelt worden. Die Aktion war auch ein Ausdruck gegen die Verbrechen, die in der Ukraine seit einem Jahr Tag für Tag durch den Krieg geschehen.
Der Krieg muss enden – das Leid ist unermesslich
Aufgerufen zu dieser Veranstaltung hatte das Netzwerk „Lendringsen hilft“. Gemeinsam wollten die Initiatoren mit den Teilnehmern beten, singen und Gemeinschaft demonstrieren. Im Mittelpunkt der Kundgebung standen die Lichter, deren Leuchten ein Erinnern an die Opfer des Krieges und ein Funken der Hoffnung auf ein baldiges Ende der Gräueltaten darstellen sollten. Der Pfarrer der evangelischen Kirchgemeinde Lendringsen, Björn Corzilius, entzündete die erste Kerze an dem Friedenslicht aus Bethlehem, und reichte sie weiter, so dass immer mehr Lichter leuchteten. „Der Krieg muss enden, das Leid ist unermesslich und die Folgen sind auf der ganzen Welt zu spüren“, sagte er. Corzilius rief jeden Einzelnen dazu auf, wachsam zu sein und sich, wo immer es möglich ist, gegen Gewalt und Terror zu stellen.
Bürgermeister Dr. Schröder konnte Parallelen feststellen zu Deutschland in den Jahren 1938/1939, in denen der imperialistische Expansionsdrang eines Machthabers auf der ganzen Welt Unheil und Schecken verbreitete. „Wer Selenskyj als Nazi bezeichnet hat keinen Anspruch auf unser Verständnis, wir müssen sehr genau hinschauen und aus der Geschichte lernen“, so die klaren Worte des Bürgermeisters. Er deutete den Regen als Tränen des Himmels.
Kriegsflüchtlinge machen mit
„Wie großes Unheil muss erst noch geschehen, damit sich die Menschheit besinnt“: Das ist eine Zeile aus dem Lied „Die Antwort mein Freund, weiß ganz allein der Wind“, das Corinna Fedh-Seebaldt vortrug. Die Fürbitten von Mitgliedern des Netzwerkes „Lendringsen hilft“ wurden zum Teil auf ukrainisch gesprochen. Unter den Anwesenden waren auch einige derer, die vor dem Krieg geflüchtet sind, so wie Anna Mykytenko, Tetiana Medvid und Oxana Serhiienko. Die drei Frauen haben im März letzten Jahres mit ihren Kindern aus Angst und Verzweiflung ihr Heimatland verlassen und in Menden Zuflucht gefunden. „Wir sind so dankbar und glücklich hier sein zu dürfen. Menden ist eine schöne und vor allem ruhige und sichere Stadt“, betonte Tetiana Medvid, die inzwischen deutsch gelernt hat.
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Doch obwohl sich hier alle wohl und aufgehoben fühlen, sind sie dennoch jeden Tag von der Angst um ihre Ehemänner beherrscht, die im Krieg kämpfen müssen. „Menden ist jetzt unser Zuhause, aber die Ukraine ist unsere Heimat und dahin möchten wir auch wieder zurück“, so Oxsana Serhiienko, während sie mit ihren Leidensgenossinnen die Ukrainische Flagge hält.
Wieder nach Hause – zu Papa
Einer, dessen Licht an diesem Abend ganz hell für den Frieden leuchtete, ist Vincent Nölle. Er kam zusammen mit seiner Oma Brigitte Schneider. Seit einem knappen Jahr gewährt die Lendringser Familie in ihrer Einliegerwohnung einer ukrainischen Familie bestehend, Oma Mutter und zwei Kinder, Unterkunft. „Das sind jetzt unsere Freunde, ich spiele ab und zu mit den kleinen Kindern und würde mir so sehr wünschen, dass sie wieder nach Hause zu ihrem Papa können“, so Vincent und hielt seine Kerze ganz hoch, auch wenn er Mühe hatte, sie vor Wind und Regen zu schützen.
Als die Menschenmenge nach den Ansprachen, Appellen, Liedern und Gebeten dann auf die Lendringser Hauptstraße eine langen Reihe mit Lichtern bildete, wurde es ganz still. Nur das läuten der Kirchenglocken war zu hören, bis dann alle laut und kräftig einstimmten in dem Lied „Wir wünschen Frieden für alle“. Genauso schnell wie, die vielen Menschen gekommen waren, löste sich die Kundgebung am Ende auch wieder auf.