Menden. Im Oktober 2022 wurde ein 83-jähriger Mendener tot in seiner Wohnung aufgefunden. Ein 17-Jähriger ist wegen Mordes angeklagt. Die Hintergründe.

Mord in Tateinheit mit schwerem Raub, gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und illegalen Waffenbesitz wirft der Arnsberger Staatsanwalt Ümit Görgün einem 17-jährigen Mann aus Menden vor. Der Beschuldigte soll am 20. Oktober 2022 einen 83-Jährigen in dessen Mietwohnung in einer Senioren-Wohnanlage am Pastor-Fischer-Weg im Mendener Stadtteil Platte Heide brutal getötet und beraubt haben (WP berichtete).

Mit dem Auto verunglückt

Der junge Mendener war anschließend – am 22. Oktober – auf der Bundesstraße 515 in Fahrtrichtung Balve mit dem Audi A3 des Getöteten verunglückt. Dabei wurde der 17-Jährige so schwer verletzt, dass er mit einem Rettungshubschrauber in die Unfallklinik Dortmund-Nord geflogen werden musste.

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Bei der Ermittlung des Halters des Fahrzeugs fanden Polizeibeamte dann bereits auf der Schwelle zur Haustür der Wohnung des 83-Jährigen einen blutigen Abdruck einer Schuhsohle. Da der Senior nicht aufmachte, ließen die Beamten die Tür daraufhin von außen durch Feuerwehrleute öffnen. In der Wohnung fanden sie dann den leblosen Körper des Opfers vor, welches aufgrund einer brutalen Gewalteinwirkung verblutet war.

Noch am selben Tag erfolgte die vorläufige Festnahme des dringend tatverdächtigen 17-Jährigen, der mit dem Pkw des Toten unterwegs und verunglückt war und in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis zu dem Senior steht sowie keine Fahrerlaubnis besitzt.

 Staatsanwalt Ümit Görgün.
Staatsanwalt Ümit Görgün. © Andreas Dunker / ad medien GmbH | Andreas Dunker

Auf Antrag der Arnsberger Staatsanwaltschaft erließ das Amtsgericht Dortmund am 23. Oktober dann Untersuchungshaftbefehl, und der Beschuldigte wurde aus Dortmund ins Justizvollzugskrankenhaus nach Fröndenberg verlegt.

Später wurde der dringend tatverdächtige Minderjährige von dort aus in die Justizvollzugsanstalt nach Ronsdorf bei Wuppertal gebracht, da sich sein Gesundheitszustand offenbar verbessert hatte.

Schließlich bestätigte das Amtsgericht Menden am 7. November bei einem Haftprüfungstermin eine Fortdauer der U-Haft. Ein Grund dafür war, dass der mutmaßliche Täter sich nach dem Tode des Seniors im Besitz von dessen Auto befand. Außerdem besteht bei einem solchen Kapitalverbrechen, das auch für Minderjährige mit einer Höchststrafe von bis zu zehn Jahren sanktioniert werden kann, immer Flucht- und Verdunkelungsgefahr.

Anklageschrift eingegangen

Die Richter Dr. Alexander Brüggemeier und Leonie Maaß als Pressesprecher des Landgerichts in Arnsberg bestätigten auf Nachfrage der Westfalenpost am Montag, dass die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft bei Gericht eingegangen sei. Das Verfahren sei jedoch offiziell noch nicht eröffnet worden und ein Termin für die Hauptverhandlung stehe noch nicht fest.

THC in Urinprobe

Bei einer labortechnischen Untersuchung einer Urinprobe des Beschuldigten nach dem Verkehrsunfall sei eine geringe Tetrahydrocannabinol-Konzentration im Körper des jungen Mannes nachgewiesen worden, hatte Staatsanwalt Ümit Görgün bereits vor einiger Zeit gegenüber unserer Redaktion mitgeteilt.

THC ist ein Wirkstoff des pflanzlichen Rauschmittels Cannabis. Ob der Beschuldigte dies als illegale Droge oder legale Medikamente zu sich genommen hat, ist offen.

Voraussichtlich fände in Kürze aber ein Strafverfahren vor der Zweiten Jugendkammer als Schwurgericht in nicht-öffentlicher Hauptverhandlung statt, da der Angeklagte zum Tatzeitpunkt erst 17 Jahre alt und somit minderjährig gewesen sei. Drei Berufsrichter und zwei Laienrichter (Schöffen) müssten dann über die Schuld des Angeklagten nach dem Jugendgerichtsgesetz entscheiden. Vorsitzender der Kammer sei Richter Markus Jäger.

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„Der mutmaßliche Straftäter ist wegen Mordes in Tateinheit mit schwerem Raub mit Todesfolge und zusätzlich wegen des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr angeklagt. Außerdem wird ihm seitens der Staatsanwaltschaft ein Verstoß gegen das Waffengesetz vorgeworfen“, berichtete Richterin Leonie Maaß als Sprecherin des Gerichts. Als typische Mordmerkmale werfe die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten ein Tötungsdelikt aus Habgier, zur Ermöglichung einer Straftat und sonstigen niedrigen Beweggründen vor.

Beschuldigter führt im August 2022 Gaspistole draußen mit sich

Zu dem „Verstoß gegen das Waffengesetz“ hieß es aus Justiz-Kreisen gegenüber der WP, dass es dabei nicht um die Tatwaffe bei dem Tötungsdelikt gehe. Diese sei bislang nicht aufgefunden worden. Vielmehr handele es sich bei der Schusswaffe um eine Gaspistole, die der Angeklagte am 18. August 2022 illegal draußen mit sich geführt habe. Die Polizei habe den Mendener damals außerhalb eines umfriedeten Bereichs damit erwischt und den Fall zur Anzeige gebracht.

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Ansonsten soll der in Menden wohnende 17-jährige Angeklagte mit deutscher Staatsbürgerschaft angeblich aus „geregelten familiären Verhältnissen“ stammen und bislang noch „nicht vorbestraft“ sein, hieß es aus Behörden-Kreisen. Nach Recherchen unserer Redaktion soll der beschuldigte Mendener eher unauffällig gewesen sein, keine Ausbildung besitzen und keiner geregelten Arbeit nachgegangen sein. Außerdem soll ein von der Staatsanwaltschaft beauftragtes psychiatrisches Gutachten keine verminderte Schuldfähigkeit festgestellt haben.

Angeklagter hat sich zu Tatvorwürfen bislang nicht eingelassen

Der Angeklagte selbst hat sich bislang noch nicht zu den gegen ihn erhobenen Tatvorwürfen eingelassen und macht weiterhin von seinem Schweigerecht Gebrauch. Er wird inzwischen juristisch von dem Pflichtverteidiger Marc N. Wandt, einem Fachanwalt für Strafrecht mit Schwerpunkt „Jugendstrafrecht“, von der Kanzlei Krant & Multhaup Rechtsanwälte PartG mbB in Wuppertal, vertreten.