Menden. Galeria Karstadt Kaufhof, Sinn und Hülsta haben es getan. Nun geht auch ein Mendener Unternehmen den Weg in die Insolvenz in Eigenverantwortung.
Die Nachricht klingt zunächst bedrohlich: Das Mendener Unternehmen Exprotec GmbH, ein Spezialist für Explosionsschutz mit Sitz an der Holzener Straße, hat einen Insolvenzantrag gestellt. Allerdings sieht die Geschäftsführung des Unternehmens eine Sanierungschance in Eigenverwaltung. Dem entsprechenden Antrag ist das Amtsgericht Arnsberg als zuständiges Insolvenzgericht nun gefolgt, teilt Exprotec mit.
Unterstützt wurde Geschäftsführer Rainer Gerth durch den Generalbevollmächtigten Dr. Georg Heidemann von der Kanzlei Heidemann Küthe aus Düsseldorf. Ziel des Insolvenzverfahrens in Eigenverantwortung sei es, die Sanierungschancen in der Eigenverwaltung wahrzunehmen und das Leitbild des sanierten Unternehmens zielstrebig umzusetzen. Das zuständige Amtsgericht Arnsberg hat Rechtsanwalt Marco Kuhlmann von KKN Kreplin Kuhlmann Nasser zum vorläufigen Sachverwalter bestellt.
Arbeitgeber für knapp 50 Angestellte
Mit knapp 50 Beschäftigten entwickelt, fertigt und vertreibt Exprotec an der Holzener Straße 35 explosionsgeschützte Elektronikanwendungen. Zum Portfolio gehören hochgradig widerstandsfähige Schaltschränke, Energieverteilungssysteme, Automatisierungssysteme, Frequenzumrichter sowie Elektromotoren. Das Unternehmen firmiert erst seit dem Herbst 2021 unter seinem jetzigen Namen und ist vielen Mendenerinnen und Mendenern wohl noch unter dem Namen Bartec bekannt. Die Firma entwickelte sich aus einer Fertigungsstätte der AEG in Menden sowie Übernahme der Untertage-Bergbauaktivitäten von Siemens.
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In den vergangenen Geschäftsjahren erwirtschaftete das Unternehmen einen durchschnittlichen Jahresumsatz von rund sieben Millionen Euro. Auf Grundlage der bewährten Kernkompetenzen im Explosionsschutz im Bergbau weitet Exprotec sein Angebot auf weitere Anwendungen in explosionsgefährdeten Bereichen wie der Ausrüstung für Explorationsbohrungen, Offshore-Anwendungen oder der Wasserelektrolyse aus.
Dennoch gibt es nun eine finanzielle Schieflage: „Lieferanten und Kunden sind darüber informiert, dass wir den Geschäftsbetrieb uneingeschränkt fortführen, die Beschäftigten erhalten Löhne und Gehälter im ersten Quartal dieses Jahres als Insolvenzgeld“, erläutert der Sanierungsexperte Heidemann. „In den kommenden Wochen und Monaten wollen wir die internen Strukturen und Prozesse zielstrebig so umstrukturieren, dass wir vom Einkauf bis zum Vertrieb so wettbewerbsfähig aufgestellt sind. Mit starken Partnern können wir dann Produktionsmengen wieder ausbauen“.
Mehr Handlungsspielraum für Unternehmen
Die immer häufiger genutzte Insolvenz in Eigenverantwortung lässt der Geschäftsführung mehr Handlungsspielraum. Möglich wurde sie durch eine Änderung der Insolvenzordnung im Jahre 2012 durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen. In der Insolvenzordnung heißt es jetzt wörtlich: „Der Schuldner ist berechtigt, unter der Aufsicht eines Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen, wenn das Insolvenzgericht in dem Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Eigenverwaltung anordnet. Für das Verfahren gelten die allgemeinen Vorschriften, soweit in diesem Teil nichts anderes bestimmt ist.“
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Exprotec kann also vergleichsweise frei handeln, um sich zukunftsträchtig aufstellen zu können. Das Unternehmen muss die entsprechenden Schritte aber mit dem vom Gericht bestellten Sachverwalter absprechen. Beim klassischen Insolvenzverfahren muss sich ein Unternehmen dagegen komplett den Vorgaben des bestellten Insolvenzverwalters unterwerfen.