Menden. Ein Mendener sollte sich wegen des Anbaus von Cannabispflanzen vor Gericht verantworten, erschien aber nicht. Ein Urteil gab es aber trotzdem.
Ungewöhnlicher Fund eines Gutachters, schnelles Ende des Prozesses: Ein Mendener sollte sich eigentlich wegen Cannabis-Anbau vor Gericht verantworten. Sein Fernbleiben hat womöglich traurige Gründe, ein Urteil gab es trotzdem – eine Haftstrafe von acht Monaten auf Bewährung und Sozialstunden.
Einen solchen Fund hatte er wohl nicht erwartet: Ein Gutachter sollte ein Haus in Bösperde, einem Ortsteil von Menden, eigentlich wegen einer Versteigerung besichtigen. Er fand dort aber auch Hinweise auf Drogen-Anbau und leitete diese Informationen an die Polizei weiter. Als diese dann ihrerseits zu einer Hausbesichtigung anderer Art anrückte, fanden die Beamten insgesamt 14 Cannabispflanzen sowie einiges bereits geerntete Material, 600 Gramm Cannabis zusammengenommen. Folge war eine Strafanzeige für den heute 36-jährigen Bewohner.
Zum Gerichtsverfahren vor dem heimischen Amtsgericht erschien der bislang nicht vorbestrafte Mann aber nicht, ließ auch seinen Pflichtverteidiger ohne eine Nachricht zurück. Der kurzfristig von Amtsrichter Martin Jung eingeleitete Besuch durch Polizeibeamte an der Meldeanschrift des Mannes blieb erfolglos, anscheinend wohnt er nicht mehr dort. +++ Lesen Sie auch: Menden: Zwei Kilo Cannabis im Keller – droht nun Gefängnis? +++
Lebensweg hat sich nicht gut entwickelt
Etwas mehr Licht ins Dunkel kam dann durch eine Nachricht der Tante des Angeklagten. Die berichtete dem Gericht, dass sich der Lebensweg ihres Neffen nicht gut entwickelt habe. Da er zuletzt in Menden obdachlos gelebt habe, habe sie ihn nun zu sich nach Hause nach Hessen geholt. Den Gerichtstermin habe ihr Neffe dann wohl einfach vergessen.
Kurzfristig war so natürlich keine Hauptverhandlung möglich. Dennoch könnte das Verfahren zu einem Ende kommen. Das Schöffengericht und die Staatsanwältin sprachen nämlich über ein Urteil im Wege des Strafbefehls, eine Sanktion quasi per Post und nach Aktenlage. Das ist bei weniger schweren Straftaten möglich. +++ Auch lesenswert: Cannabis-Legalisisierung: Das sagen Mendener dazu +++
Über das gefundene Cannabis sagte Amtsrichter Martin Jung: „Der Grenzwert zur geringen Menge ist hier nur gerade so überschritten." Man könne also durchaus einen minderschweren Fall annehmen, zudem sei ja Cannabis eine vergleichsweise weiche Droge. Und mit einem minderschweren Fall von BTM-Besitz und -Anbau liegt die Mindeststrafe dann bei drei Monaten und nicht mehr einem Jahr.
Hinzu kam hier eine weitere juristische Besonderheit: die sogenannte Geständnisfiktion. Fällt ein Urteil per Strafbefehl, wird ein Angeklagter ja gar nicht gehört. Zu seinen Gunsten nimmt ein Gericht dann aber immer an, er würde die angeklagte Tat einräumen. Und das wirkt sich bekanntlich strafmildernd aus.
Schöffengericht sprach in Abwesenheit Haftstrafe von acht Monaten auf Bewährung aus
So sprach das Schöffengericht schließlich gegen den abwesenden 36-Jährigen eine Haftstrafe von acht Monaten auf Bewährung aus. Zudem muss er 80 Sozialstunden leisten, um seinem womöglich aus den Fugen geratenen Leben etwas Struktur zu geben, wie Richter Martin Jung erklärte. Gegen das Urteil könnte der Mann aber noch vorgehen. Der Gutachter des Hauses, der damals auf die Drogen gestoßen war, war als Zeuge nicht zum Prozess geladen. Nur die ehemalige Lebensgefährtin des Angeklagten, die dann unverrichteter Dinge wieder gehen konnte.