Menden. Im November halbierte sich die SPD-Fraktion im Stadtrat – jetzt folgen die Konsequenzen. Für eine Sozialdemokratin wird’s besonders bitter.
Bürgermeisterin für 84 Tage: Bianca Günnewicht-Voß (SPD) wird mit der kommenden Ratssitzung am 13. Dezember ihr erst am 21. September übertragenes Amt als stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Menden wieder verlieren. Das bestätigte Bürgermeister Roland Schröder am Donnerstag auf WP-Anfrage. Er bedauere sehr, dass seine dritte Stellvertreterin nur eine so kurze Amtszeit habe, „aber das ist das politische Geschäft“. Denn nach dem Bruch in der SPD-Fraktion falle das Amt jetzt an die CDU. Nach WP-Informationen soll der Hüingser Ratsherr Wolfgang Exler das Erbe von Bianca Günnewicht-Voß in dem Ehrenamt antreten.
Erdbeben in der SPD als Auslöser für Ämterverluste
Hintergrund der Abberufung der Sozialdemokratin ist das Erdbeben in der SPD-Fraktion Anfang November. Wie berichtet, hatten nach längerem Streit fünf der elf SPD-Ratsmitglieder ihre Fraktion auf einen Schlag verlassen, drei davon gleich auch die Partei.
SPD zahlt jetzt den politischen Preis für den Bruch in der Fraktion
Dieser Bruch und der Verlust von fünf Ratsmandaten kommt die Sozialdemokraten nun teuer zu stehen. Denn sie verlieren damit nicht nur das Amt der dritten stellvertretenden Bürgermeisterin an die Union. Auch muss die SPD in jedem Rats-Ausschuss einen ihrer Sitze an die neue Fraktion „Menden Innovativ“ abgeben. Diese neue Fraktion besteht aus dreien der fünf abtrünnigen SPD-Mitglieder.
Bernd Alban muss langjährigen Ausschuss-Vorsitz abgeben
Und: Mit dem 13. Dezember geht für die SPD auch der Ausschussvorsitz für den Sozialausschuss verloren, den ihr Ratsmitglied Bernd Alban über viele Jahre innehatte. Bernd Alban, der mit seiner Frau Anne ebenfalls zu den ausgetretenen Fraktionsmitgliedern zählt, hat sich am Mittwochabend in der jüngsten Sitzung des „Ausschusses für Soziale Teilhabe, Demografie und Gesundheit“ in einer Erklärung bereits aus dem Vorsitz verabschiedet. Der Sozialausschuss fällt jetzt an die Grünen. Schon die Sitzung am Mittwochabend leitete deren Fraktionsmitglied Ann Christin Schulz.
Meisterjahn: „Eine saubere und einvernehmliche Neuaufstellung“
Tragische Figur des Bruchs in der SPD ist jedoch Bianca Günnewicht-Voß. Sie hatte nach dem plötzlichen Tod von Jutta Aeldert nach einigen Wochen deren Amt übertragen bekommen. Mit Brigitta Erdem (CDU) und Andreas „Atze“ Salmen (Grüne) komplettierte die Sozialdemokratin das ehrenamtlich tätige Stellvertreter-Trio. Auf den Proporz hinter dem parteilosen hauptamtlichen Bürgermeister Roland Schröder hatten sich die Fraktionen nach der Kommunalwahl im September 2020 geeinigt – als die SPD noch elf Sitze im neuen Stadtrat hatte.
Stellvertreterposten werden zu Beginn der Ratsperiode unter Fraktionen aufgeteilt
Dass die Stellvertreterposten zu Beginn der Ratsperiode unter den stärksten Fraktionen aufgeteilt werden, ist ein übliches Verfahren, wobei die Union damals zu Gunsten der SPD auf den dritten Vize verzichtet hatte. Doch nachdem die sozialdemokratische Fraktion derart an politischem Gewicht verloren hat, erfolgt aus Sicht der CDU jetzt die Anpassung an die neuen Kräfteverhältnisse. Laut SPD-Fraktionschef Sebastian Meisterjahn beteiligt man sich seinerseits „an einer sauberen und einvernehmlichen Neuaufstellung der Ratsausschüsse und anderer Posten wie Ausschussvorsitzen“.
Günnewicht-Voß’ Amtszeit unter keinem guten Stern
Die Amtszeit von Bianca Günnewicht-Voß stand von Beginn an unter keinem guten Stern. So erhielt sie als einzige Kandidatin bei der geheimen Wahl im September volle 21 Gegenstimmen. Üblich sind bei solchen Wahlgängen einstimmige Ergebnisse, bestenfalls mit Enthaltungen, da sich die Ratsfraktionen im Vorfeld in aller Regel einigen.
SPD-Ausschussvorsitz fällt an die Grünen
Öffentlich Abschied vom seinem Sozialausschuss-Vorsitz genommen hat indes bereits Bernd Alban (SPD). In einer Erklärung am Mittwochabend dankte der langjährige Vorsitzende allen Mitgliedern. Hintergrund auch hier: der Bruch in der SPD-Fraktion. Die kurze Erklärung Albans, der nicht an der Ausschusssitzung teilnahm, wurde von Ann-Christin Schulz (Grüne) als seiner Stellvertreterin verlesen. Darin heißt es: „Aufgrund der veränderten Mehrheitsverhältnisse im Rat werden in der Ratssitzung am 13. Dezember diese Veränderungen wahrscheinlich behandelt. Das wird unter anderem auch den Vorsitz dieses Ausschusses betreffen.“
„Menden Innovativ“ erhält Sitz und Stimme von Ex-Genossen
Bernd und Anne Alban gehören dem Rat jetzt als fraktionslose Mitglieder an. Beide sind auch im Kreistag für die SPD tätig und wollen es erklärtermaßen bleiben. Christian Feuring, Dr. Sven Langbein und Heinz Kiaulehn dagegen traten mit Verlassen der Fraktion auch aus der SPD aus. Sie bilden zu dritt jetzt „Menden Innovativ“, kurz MI, als neunte Fraktion im Stadtrat. Ihre Sitze in den Ausschüssen kommen jetzt von ihren ehemaligen Genossinnen und Genossen.
Gewählte Ratsmitglieder dürfen Fraktionen wechseln
Gewählte Ratsmitglieder sind indes grundsätzlich berechtigt, ihre ursprüngliche Fraktion zu verlassen, sich einer anderen anzuschließen oder als Fraktionslose weiterzumachen. Wer das tut, setzt sich zwar meist dem Vorwurf aus, das Mandat nicht an die Partei zurückgegeben zu haben, auf deren Ticket man überhaupt nur in den Stadtrat gekommen ist. Doch ob es Kandidatinnen und Kandidaten über die Reserveliste ihrer Partei oder als direkt gewählter Gewinner des Wahlkreises geschafft haben, ist für ihren weiteren Werdegang irrelevant.