Platte Heide. Der Fachkräftemangel ist in Arztpraxen angekommen. Die Mendener Zahnarztpraxis Schlotmann will etwas tun und bildet Azubis aus Syrien aus.
Zahlreiche Unternehmen spüren den Fachkräftemangel deutlich. Doch es gelte, Alternativen zur herkömmlichen Suche nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu finden. – Das betonen Dr. Michael Schlotmann und seine Frau Andrea Schlotmannvon der gleichnamigen Zahnarzt-Praxis auf der Platte Heide.
Auch interessant
Nicht kapitulieren
Kürzlich hatte die Westfalenpost über einen Mendener Zahnarzt berichtet, der nun in den Ruhestand geht und seine Praxis schließt – unter anderem, weil er bei der Suche nach neuen Mitarbeitenden keine Kräfte und auch keinen Nachfolger als Zahnarzt gefunden hatte. Daraufhin meldeten sich Andrea (58) und Dr. Michael Schlotmann (64) bei der Redaktion mit einem Herzensappell: „Der Beruf ist toll, es gibt so vieles neues Spannendes, da darf man nicht kapitulieren.“
Bindung zu den Patienten ist enger
Auch wenn sich viele Studierende nach dem Abschluss ihres Zahnmedizin-Studiums in Richtung einer Großstadt orientieren, betont Andrea Schlotmann, dass sich junge Mediziner mittlerweile auch der Vorteile bewusst werden, die eine Praxis in einer kleineren Stadt mit sich bringt. So sei in einer Kleinstadtpraxis die Bindung zu den Patienten viel enger, erläutert die Praxismanagerin. „Ich sehe optimistisch in die Zukunft, weil ich glaube, dass der Beruf unheimlich viele Möglichkeiten bietet – ob Weiterbildung, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder die digitale Entwicklung, wodurch sich sehr viele neue Arbeitsfelder bieten“, fügt Dr. Michael Schlotmann hinzu.
Auch interessant
Natürlich spürt auch die zahnärztliche Gemeinschaftspraxis am Kornblumenweg, dass es schwieriger als früher ist, neues Personal zu finden. „Wir gehen andere Wege“, erzählt Praxismanagerin Andrea Schlotmann. Vieles laufe über persönliche Kontakte und Netzwerke. Dazu gehört, auch Menschen mit einem nicht geradlinigen Lebenslauf eine Chance zu geben. So steht in Kürze ein Vorstellungsgespräch mit einer über 40-jährigen Frau an, die sich bislang um ihre vier Kinder gekümmert hat und deren Wunsch es ist, eine Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachangestellten anfangen zu können.
Intensive Betreuung des Nachwuchses während der Ausbildung
Und dazu gehöre bisweilen auch, sich intensiver um den Nachwuchs während der Ausbildung zu kümmern. „Wir üben, längere Texte zu schreiben. Das ist eine große Herausforderung“, sagt Andrea Schlotmann mit Blick auf zwei syrische Auszubildende.
Die 20-jährige Fatima Mussa macht seit einigen Monaten ihre Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten, Adham Sybha ist im dritten Lehrjahr zum Zahntechniker. Als Adham Sybha vor rund sieben Jahren nach einem Jahr in der Türkei nach Deutschland kam – in Syrien, wo seine Eltern und einer seiner Brüder weiterhin wohnt, hatte er Abitur gemacht –, arbeitete er zunächst in Thüringen als Arbeiter für ein Leiharbeitsunternehmen: „Ich wollte Geld verdienen“, sagt der 29-Jährige. Doch langfristig sei ihm dann wichtig gewesen, eine Ausbildung zu absolvieren.
+++ Auch interessant: Zahnarzt Dr. Wolfgang Krüger schließt Praxis Ende Januar +++
Dass er den praktischen Teil in seinen Prüfungen mit Bravour bestehen wird, daran haben die Schlotmanns keinen Zweifel. Die große Herausforderung ist das Schreiben längerer Texte auf Deutsch, wenn er in einer Prüfung zum Beispiel Abläufe beschreiben soll: „Das ist noch schwierig für mich“, sagt Adham Sybha. Für das Praxis-Team sei es selbstverständlich, die beiden gebürtigen Syrer zu unterstützen und mit ihnen zu üben.
Arbeitszeit-Konto, gemeinsame Unternehmungen und Investitionen
Darüber hinaus müsse ein Arbeitgeber bei Wunsch-Arbeitszeiten flexibel sein, erklärt Andrea Schlotmann: „Wir haben ein Arbeitszeit-Konto.“ Gemeinsame Unternehmungen wie kürzlich ein Grill-Event, zu dem sich das Praxisteam traf, stärken das Wir-Gefühl: „Das schweißt zusammen“, berichtet Dr. Michael Schlotmann. Und auch die finanzielle Investition in technische Neuerungen dürfe nicht vernachlässigt werden, um als Arbeitgeber interessant zu sein.
Froh über Partner-Zahnarzt in der Praxis
„Ich glaube, Einzelpraxen haben es schwerer“, sagt Andrea Schlotmann. Deshalb seien sie und ihr Mann froh, mit Silviu Prelipcean seit neun Jahren einen weiteren Zahnarzt als Partner in der Praxis zu haben, nachdem die vorherige Partner-Zahnärztin in den Ruhestand gegangen war. Der Mediziner kam für den Job eigens aus Rumänien nach Menden. Am Anfang seien die Vorbehalte mancher Patienten groß gewesen, doch das habe sich rasch gelegt.
„Das sind so wunderbare und abwechslungsreiche Berufe“, sagt Dr. Michael Schlotmann mit Blick auf Tätigkeiten in Zahnarztpraxis und Labor. „Das möchte ich einfach vermitteln.“