Menden. Die Polizei entdeckt zwei Kilogramm Marihuana im Keller eines Familienvaters aus Menden. Erst jetzt steht er vor Gericht – drei Jahre später.

Ein Mehrfamilienhaus in Menden an einem Samstag im Oktober 2019. Bereits vor dem Haus riecht es nach Cannabis. Im Inneren des unscheinbaren Hauses wachsen vier stattliche Marihuana-Pflanzen, gut behütet im Keller, stets versorgt mit ausreichend Licht, Wärme und Wasser. 160 Zentimeter hoch, 60 Zentimeter breit – und bereit zur Ernte. An Wäscheleinen hängen weitere Blüten zum Trocknen, andere sind schon in Tüten verpackt.

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Es sind rund zwei Kilogramm Cannabis. Der Gehalt des berauschenden Tetrahydrocannabinols (THC) liegt bei 108 Gramm – und ist damit rund 15 Mal höher als die im Gesetz verankerte „nicht geringe Menge“ von 7,5 Gramm. Es droht eine hohe Strafe. Doch das weiß die Polizei zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Die Beamten haben einen Hinweis erhalten und sehen sich vor Ort um. Durch eine offenstehende Garage betreten sie das Gebäude – immer der Nase nach. Schnell treffen sie auf einen heute 37-jährigen Mendener, der in dem Haus lebt und arbeitet. Nach kurzem Murren lässt er die Beamten hinein. „Ich hatte nicht wirklich eine andere Wahl“, sagt der Mann jetzt vor dem Mendener Amtsgericht zu Richter Martin Jung. „Ich habe eine Straftat begangen und mir ist klar, dass ich eine Strafe verdiene.“

Ernte ertragreicher als vermutet – Anbau zum Eigenkonsum gedacht

Der Vater von zwei Kindern habe zu dem Zeitpunkt selbst konsumiert und das Gras für sich angebaut, lässt Anwalt Dr. Gau verlauten. Sein Mandant habe nicht die Absicht gehabt, die Drogen zu verkaufen. Die Ernte sei ertragreicher gewesen, als erwartet. „Er hat aber nichts mehr damit zu tun“, betont der Rechtsanwalt. Vielmehr, so sagt er, habe sein Mandant in den vergangen drei Jahren gezeigt, dass er sich geändert hat. Denn so lange liegt der Fall bereits zurück.

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Eigentlich, so macht Richter Jung zu Beginn der Verhandlung vor dem Schöffengericht klar, sei der Fall schon Anfang 2021 aufgerollt worden. Doch interne Unstimmigkeiten innerhalb des Justizapparates sowie coronabedingte Verschiebungen hätten zu der extremen Verzögerung des Prozesses geführt. Zeit, in der der Angeklagte sich gebessert habe. In der er verstanden habe, was auf dem Spiel steht und dass es für den bereits einschlägig vorbestraften Mann, unter Umständen um eine hohe Strafe geht – nicht nur materiell. „Die Kripo hat mir damals gesagt, dass sich das Jugendamt melden wird“, sagt der Angeklagte. Die Angst um seine kleinen Kinder sei seitdem immer präsent gewesen. Gemeldet habe ich bis heute aber niemand.

Soziales Engagement bei der Drogenberatung und viele Gespräche

Auf eigene Kosten Drogenscreenings, die Zustimmung zu Einzug und Vernichtung des beschlagnahmten Materials sowie regelmäßige Termine bei der Drogenberatung und soziales Engagement dort: Das alles habe der Angeklagte seitdem getan, um sein Leben wieder in richtige Bahnen zu leiten, erklärt Anwalt Dr. Gau. Der ehemals selbstständige Mann sei aktuell arbeitssuchend, wolle im Januar beruflich aber wieder Fuß fassen. Zudem habe es auch in der Politik mit Blick auf die Legalisierung von Cannabis einen Richtungswechsel gegeben.

Letztendlich sieht auch die Staatsanwaltschaft die mildernden Umstände und bewertet den Fall trotz der großen Menge als minderschwer. Der Staatsanwalt beantragt ein Jahr Freiheitsstrafe zur Bewährung plus eine Geldstrafe von 1000 Euro, die an eine gemeinnützige Einrichtung gezahlt werden sollen. Anwalt Dr. Gau wiederum fordert acht Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt, wobei die Bewährung auf zwei Jahre verkürzt werden soll. Sein Mandat habe sich schließlich schon drei Jahre lang vorbildlich verhalten, seitdem die Plantage aufgedeckt wurde.

Strafe nicht aus Familienkasse zahlen – Mann entgeht dem Gefängnis

Das vollumfängliche Geständnis des Angeklagten hilft. Am Ende werden es zehn Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, die wiederum auf zwei Jahre festgesetzt wird. Dazu kommt eine Strafe von 500 Euro, die – wie Richter Martin Jung betont – nicht aus der Familienkasse gezahlt werden soll. Schließlich solle nicht die gerade finanziell ohnehin gebeutelte Familie für die Tat büßen. Vielmehr solle der Angeklagte sein baldiges Einkommen dazu nutzen, um die Zahlungen als eine Art Denkzettel zu leisten. „Er hat gezeigt, dass er sich geändert hat“, sagt der Richter zum Abschluss. Die Angst, seine Kinder zu verlieren, habe ihn scheinbar angetrieben, sich nie wieder so zu verhalten. „Das hat richtig was bewegt.“