Menden. Anbieter Eon will in Schwitten und Hüingsen Glasfaser ins Haus legen – nur wenn 40 Prozent der Haushalte Verträge abschließen. Lohnt sich das?

Stromanbieter Eon will in Hüingsen und Schwitten Haushalte ans Glasfasernetz anschließen. Das superschnelle Internet soll dabei bis ins Haus gelegt werden und noch einmal höhere Übertragungsgeschwindigkeiten ermöglichen. Der Anbieter will den Ausbau in Menden allerdings nur in Angriff nehmen, wenn sich mindestens 40 Prozent der 2400 Haushalte für einen vergleichsweise teuren Vertrag bei Eon entscheiden. Die Stadtverwaltung unterstützt das Projekt. Aber lohnt sich der Ausbau wirklich für Kunden?

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Was hat Eon vor?

Der Anbieter plant – vereinfacht gesagt – in allen Straßen der beiden Stadtteile Hauptleitungen zu verlegen. Von diesen Leitungen aus werden dann Abzweige zu den Häusern gezogen. Angeschlossen werden alle Eigenheimbesitzer, die sich für einen Vertrag entscheiden. Auch in Mietshäusern werden die einzelnen Wohnungen angeschlossen, wenn das Haus mehr als drei Wohnungen hat und sich wenigstens ein Mieter dafür entscheidet.

Was ist technisch erforderlich?

Die Leitung (zunächst Leerrohre) wird unterirdisch verlegt. Eon betont, dass das nach den Standards geschehe wie im Stromleitungsbau, also mindestens 60 Zentimeter tief. Das Unternehmen versichert: „Wir verlassen einen Vorgarten so wie wir ihn vorgefunden haben“, sagt Regionalmanager Heiko Grebe. Im Haus entsteht ein neuer Hausanschluss für Telefon und Internet. Die Arbeiten sind für die Nutzer kostenfrei. Allerdings zahlen sie dafür indirekt über eine Vertragsbindung mit Eon. Seinen alten Router kann man behalten.

Eon baut in Menden das Glasfasernetz aus: Das Foto zeigt von links: Heiko Grebe (Regionalmanager Westenergie Breitband), Johannes Kogler (Eon-Regionalbetreuer), Dezernent Frank Wagenbach, Breitbandbeauftragte Svenja Tschorn und Patrick Jung (Eon Vertrieb).
Eon baut in Menden das Glasfasernetz aus: Das Foto zeigt von links: Heiko Grebe (Regionalmanager Westenergie Breitband), Johannes Kogler (Eon-Regionalbetreuer), Dezernent Frank Wagenbach, Breitbandbeauftragte Svenja Tschorn und Patrick Jung (Eon Vertrieb). © Westfalenpost | Arne Poll

Was bieten die Anschlüsse und was kosten sie?

Der kleinste Anschluss mit bis zu 60 MBit/s im Downloadbereich kostet 41,90 Euro im Monat. Darin enthalten ist eine Telefonflatrate ohne Gespräche ins Mobilnetz. Wer tatsächlich 1000 MBit/s ausreizen will, zahlt 119,90 Euro im Monat. Auch hier gilt: inklusive Telefonflatrate, aber ohne Gespräche ins Mobilnetz. Es gibt weitere Preismodelle im Bereich dazwischen. Bei jedem Neuanschluss kommen 79 Euro Anschlussgebühr dazu. Eon bietet kleine Rabatte für Strom- und Gaskunden.

Lohnt sich der Umstieg?

Die Frage ist nicht pauschal zu beantworten. Etliche Haushalte in den beiden Stadtteilen sind bereits über das klassische Breitband-Internet angeschlossen. Dabei sind bereits Geschwindigkeiten von bis zu 250 MBit/s möglich. Oft sind es aber weniger. „Mit der Entfernung vom Verteilerkasten nimmt die Geschwindigkeit ab“, sagt die städtische Breitbandbeauftragte Svenja Tschorn. „Gerade in Schwitten und Hüingsen sind viele Haushalte noch unterversorgt.“ Das liegt vor allem daran, dass die „letzte Meile“ über das klassische Kupferkabel angebunden ist. Nutzer, die aktuell unzufrieden mit den Geschwindigkeiten sind, können über den Glasfaser-Anschluss garantiert Verbesserungen erreichen. Wer zufrieden ist, muss abschätzen, ob er vielleicht in Zukunft mehr Kapazität benötigen könnte. Dabei gilt aber auch: Wer sich für Eon entscheidet, zahlt den Ausbau über den monatlichen Preis mit. Zum Vergleich: Der 1000-MBit-Anschluss ist bei der Telekom 40 Euro monatlich billiger, inklusive Handyflat. Auch die anderen Tarife sind bei anderen Anbietern teils deutlich günstiger zu haben. Diese bauen allerdings (noch) nicht in diesem Bereich.

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Was passiert, wenn ich mich jetzt nicht für den Ausbau entscheide?

Eon argumentiert mit einer vertanen Chance. Der Ausbau rechne sich nur bei einer Abdeckung von mindestens 40 Prozent der Haushalte. Sollten diese nicht zusammenkommen, werden auch keine Hauptleitungen verlegt. Sollten die 40 Prozent zusammenkommen, können auch Anwohner, die jetzt „Nein“ sagen, sich später auch über andere Anbieter ins Eon-Netz einklinken. Den Hausanschluss (laut Eon aktuell 1547 Euro teuer) müsse man dann aber selbst bezahlen. Ob das wirklich so ist, oder ob dann gegebenenfalls andere Anbieter die Anschlusskosten auch über Verträge quersubventionieren, lässt sich aktuell nicht sagen. Es ist auch noch nicht absehbar, ob es in Zukunft konkrete Förderung für diesen Ausbau gibt, man vielleicht sogar günstiger an einen Anschluss kommt.

Kann ich meinen alten Anbieter behalten?

Nein. Eon will auch gegen Kostenbeteiligung nur für Nutzer ausbauen, die zu Eon wechseln, betonen die Verantwortlichen. Auch bei längeren Laufzeiten von Altverträgen sei das möglich, heißt es. Man müsse nur jetzt bei Eon einen neuen Vertrag abschließen und den alten kündigen. Das neue Angebot setze dann ein, wenn der alte Vertrag ende. Die Breitbandbeauftragte Svenja Tschorn sieht durchaus ein Wechselhindernis: „Viele Leute wollen von der Telekom nicht weg, aber die Telekom versorgt nicht alle.“

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Hat Eon wie beim früheren Breitbandausbau exklusive Rechte in diesem Ausbau-Bereich?

Nein. Es wäre möglich, dass ein anderer Anbieter zeitgleich oder in Kürze Ähnliches plant. Aktuell habe aber niemand Interesse angemeldet, erklärt auch der städtische Baudezernent Frank Wagenbach. Es sei möglich, dass es sonst über Jahre beim aktuellen technischen Stand bleibe. Der Ausbau wird aktuell nicht gefördert. „Jeder, der möchte, kann ausbauen“, sagt Heiko Grebe.

Warum macht die Stadt so offensiv Werbung für ein privates Unternehmen?

Man sehe eine Chance, so sehr früh zwei Stadtteile an der Inhaus-Glasfasernetz angeschlossen zu bekommen, erklärt Wagenbach. Der Ausbau könne auch die Stadt vor eigenen Investitionen bewahren. Müsse man später – mit Förderung – Lücken schließen, dann sei auch immer ein städtischer Eigenanteil zu bezahlen, der von der Allgemeinheit getragen werden muss. „So geht es viel schneller“, sagt Frank Wagenbach. Er verteidigt, dass die Stadt sogar ein Schreiben verschickt, um auf die Eon-Werbung aufmerksam zu machen. „Wenn wir uns zurücklehnen, landet die Werbung im Mülleimer.“

Was ist der Zeitrahmen für den Ausbau?

Eon hat den 31. Oktober als Stichtag für das Erreichen der Quote gesetzt. Der Ausbau solle „spätestens Anfang 2023“ stattfinden. Eon will Bürgerveranstaltungen am 9. August und am 10. August durchführen.