Menden. Nivaldo Imperial ist Senior-Azubi bei der Bäckerei Büsch in Menden. Das besondere Ausbildungsprogramm gibt Älteren eine Chance.

Fröhlich und gut gelaunt steht Nivaldo Imperial hinter der Theke und reicht ein Brot an. Den „Lintforter Bergmann“, sein Lieblingsbrot. Dass er jemals als Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk arbeiten würde, hätte er noch vor wenigen Jahren nicht gedacht. Doch ein besonderes Angebot der Bäckerei Büsch hat es ihm möglich gemacht – und die Kunden lieben ihn. Sie wählen ihn via Facebook zum freundlichsten Mitarbeiter.

Nivaldo Imperial ist Flüchtling. Er kam vor gut drei Jahren aus Angola nach Deutschland. „Ich war dort Aktivist“, erzählt er. Mit der Regierung habe er Probleme bekommen und als einzigen Ausweg die Flucht aus seiner Heimat gesehen. Eigentlich, so sagt er, habe er als Personalleiter in einer Immobilienfirma gearbeitet. In Deutschland musste er noch einmal komplett neu anfangen. Das erfordert Mut und Willenskraft.

Umschulungsmaßnahme für Quereinsteiger oder Ältere

Bei der Jobsuche stieß er auf ein Angebot der Handwerksbäckerei Büsch. Dort gibt es die Senior-Azubis – ein eher ungewöhnliches Ausbildungsprogramm. „Mit dieser Umschulungsmaßnahme bieten wir Seiteneinsteigern und Lebensälteren die Chance auf eine qualifizierte Berufsausbildung“, sagt Jasmina Karajkovic. Sie ist in der Handwerksbäckerei für die Personalentwicklung verantwortlich. In Zusammenarbeit mit der Weseler Agentur für Arbeit, der Handwerkskammer Düsseldorf, der Bäcker-Innung Niederrhein Kleve-Wesel und dem Krefelder Berufskolleg wird diese zweijährige Ausbildung durchgeführt.

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Vor allem Frauen soll diese Ausbildung anziehen. Diese Zielgruppe müsse sich oft nach der Mutterschaft neu orientieren und habe ohne entsprechende Ausbildung kaum Chancen auf gute Jobs. „Sie sind in der Regel unheimlich interessiert und sehen es als Chance, mit der sie nie mehr gerechnet hätten“, sagt Pressesprecherin Sigrid Baum.

Durch die Ausbildung stünden den Betroffenen im Unternehmen alle Türen offen. Ein Job ist ihnen sicher. Die Mendener Filialleiterin Petra Knappe hat das selbst erlebt. Auch sie hat das Programm mitgemacht und leitet nun das Geschäft im Edeka-Markt an der Unteren Promenade. Sie war es auch, die schnell das Potenzial von Nivado Imperial erkannte und ihm half, die zwei Jahre gut zu meistern.

Vielfalt an Brotsorten unterscheidet sich von der Heimat

Seit rund fünf Jahren gibt es das Angebot bereits. 62 Senior-Azubis konnten die Prüfung bisher erfolgreich ablegen – einer von ihnen ist seit Anfang Juni auch Nivaldo Imperial. „Ich bin so glücklich. Es ist für mich wie ein Traum“, sagt der 36 Jahre alte Vater von drei Kindern. „Ich bin sehr stolz auf mich selbst. Es war zu Beginn wirklich schwer.“ Denn er musste nicht nur die Ausbildungsinhalte lernen. Auch die deutsche Sprache war zunächst ein Hindernis. Ganz zu schweigen von den kulturellen Unterschieden und der Vielfalt an Backwaren, die es in der afrikanischen Heimat gar nicht gibt. „Bei uns gibt es nur Weißbrot“, sagt Imperial und lacht.

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Doch der 36-Jährige hat Biss und Ehrgeiz. Er zieht die Ausbildung durch. Er übt fleißig, sucht sich deutsche Freunde und integriert sich und seine Familie. Sauerbraten mit Klößen wird schnell zu seinem Lieblingsessen; Menden sein neues Zuhause. Und das obwohl zu Beginn der Ausbildung die Abschiebung im Raum stand. Das Unternehmen half ihm, diese abzuwenden, um in der Hönnestadt Wurzeln schlagen zu können. „Das war richtig traurig und demoralisierend“, sagt Nivaldo Imperial. Mittlerweile hat sich sein Status verändert. „Wir sind schon super integriert“, sagt er. „Wenn man etwas will, dann schafft man das auch.“ Heute berät er seine Kunden ausführlich. „Ich habe immer gute Laune – egal, ob Früh- oder Spätschicht.“

Und dafür mögen ihn die Mendener besonders.