Menden. Junges Bruderpaar aus Menden greift nachts nach der Kirmes zwei ältere Männer an. Haft auf Bewährung

Die Kirmes in Menden bietet alle Jahre wieder einen Schauplatz für Prügeleien und Streitigkeiten. So geschah es auch bei der kleineren Version der Pfingstkirmes im vergangenen Herbst. Ein Missverständnis führte im sogenannten „Kirmespark“ zu Prellungen, Platzwunden und einem abgebrochenen Zahn. Das Amtsgericht Menden klärte den Fall nun auf.

Kurz nach 23 Uhr am 4. September liefen damals zwei Männer durch die Innenstadt. Sie waren zuvor mit Bekannten in der „Kleinen Kneipe“ gewesen und nun auf dem Weg ins „Salsa“. Plötzlich seien sie wie aus dem Nichts überrumpelt worden, schildern der 46- und der 49-Jährige. Im ersten Moment hätten sie überhaupt nicht realisiert, was passiert war. „Sowas kennt man aus einem schlechten Film“, sagt der jüngere von beiden.

Verfahren aufgetrennt

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Er habe einen völligen Blackout gehabt und das Geschehen auch erst verstanden, als er das Blut an seiner Lippe bemerkt habe. Sein Freund sei ebenfalls verwirrt gewesen, weil sein Schneidezahn plötzlich abgebrochen war: „Ich wusste erstmal gar nicht was los war.“ Er habe dann den Blick gehoben und einen sehr aggressiv wirkenden jüngeren Mann oberkörperfrei vor ihm stehen sehen. „Da ist mir erst klar geworden: Wir wurden gerade verprügelt.“

Die beiden Angeklagten sind Brüder Anfang 20. Der Ältere der beiden ist nicht zur Verhandlung erschienen, sodass die Richterin Haftbefehl gegen ihn erlässt und das Verfahren auftrennt. Somit nimmt jetzt nur der jüngere, 21-jährige Mendener auf der Anklagebank Platz. Der Vorwurf lautet gefährliche Körperverletzung durch „Tritte mit einem beschuhten Fuß“. Der Angeklagte gesteht, einen der bereits am Boden liegenden Männer getreten zu haben. Er bestreitet jedoch von Anfang an, dass sein Bruder ebenfalls Tritte ausgeteilt habe.

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Als Begründung für die aggressive Tat führt der Angeklagte an, die beiden Geschädigten hätten ihn kurz vor der Prügelei provoziert. Grund dafür sei ein Video gewesen, dass eine Ex-Freundin des Angeklagten von ihm auf Facebook gestellt habe und wegen dem er schon seit einiger Zeit gemobbt werde. Die Opfer sollen ihn angerempelt und ausgelacht haben, was beide vor Gericht jedoch vehement bestreiten.

Narbe im Gesicht

„Facebook ist völlig an mir vorbei gegangen“, begründet das gut 20 Jahre ältere Opfer. Er habe dieses Video noch nie zuvor gesehen und den Angeklagten auch sonst vorher nicht gekannt. „Anrempeln ist auch nicht meine Art.“

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Die Richterin vermutet, der Angeklagte habe womöglich ein „Kopfkino“ gehabt und sich die Provokation nur zusammengesponnen. Insgesamt zeigt sich der 21-Jährige reumütig. Er entschuldigt sich bei beiden Opfern ausführlich. „Ich bin bereit, dafür einzustehen.“

„Entschuldigung okay, aber ich habe jetzt eine Narbe im Gesicht“, sagt der verprügelte 46-Jährige. Seine Platzwunde an der Lippe sei mit sechs Stichen genäht worden, und nach wie vor sei eine prägnante Narbe zu erkennen. Auch sein Freund habe eine Krone für seinen Zahn anfertigen lassen müssen. Ersatzzahlungen seien allerdings eher unwahrscheinlich, denn der Angeklagte und sein Bruder seien beide seit längerer Zeit arbeitslos.

Bewährung für beide

Die insgesamt sieben Zeugen schildern zwar alle den Ablauf der Tat, doch keiner kann mit Sicherheit sagen, ob auch der Bruder getreten hat. Aufklärung liefert schließlich die schriftliche Aussage eines Zeugen, die er noch am Abend der Tat der Polizei gab. Darin steht, dass nur der 21-jährige Angeklagte Tritte verteilt habe, sein Bruder hingegen nicht.

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Die Staatsanwaltschaft rechnet dem Beschuldigten an, von Anfang an geständig gewesen zu sein und sich bei beiden Opfern entschuldigt zu haben. Trotzdem weise er einige Vorstrafen auf und habe den Geschädigten erhebliche Verletzung zugefügt, für dessen Kosten er vermutlich nicht aufkommen werde.

Die Richterin verurteilt ihn schließlich zu neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung und ordnet zusätzlich ein Anti-Aggressions-Training an. Für seinen Bruder, gegen den Haftbefehl erlassen wurde, schlägt die Staatsanwaltschaft ein ähnliches Urteil vor, allerdings mit einem Monat weniger Haft auf Bewährung, weil er nicht selbst getreten hat. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.