Menden. Die Stiftung Ev. Jugendhilfe sucht Bereitschaftspflegeeltern, die auf Zeit Kinder aufnehmen. Eine Expertin erklärt, was es zu beachten gilt.
Wenn Kinder in ihrem eigenen Zuhause nicht mehr sicher sind, Gewalt zum Alltag gehört oder die Eltern einfach nicht mehr in der Lage sind, sich richtig zu kümmern, dann muss Hilfe von außen her. Christiane Finke ist Fachberaterin in der Pflegekinderhilfe der Stiftung Evangelische Jugendhilfe Menden. Sie sucht momentan Menschen, die bereit sind, ein Kind auf Zeit aufzunehmen, sogenannte Bereitschaftspflegeeltern.
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„Wir suchen immer und brauchen eigentlich auch immer Bereitschaftspflegeeltern“, sagt Finke. Die Zahl der Eltern, die es nicht schaffen, sich um ihre Kinder richtig zu kümmern, sei gestiegen. „Wir hätten eigentlich vermutet, dass der Bedarf während der Pandemie steigt. Aber da haben die Melder gefehlt.“ Dadurch, dass Kinder weder in die Kita, noch zur Schule oder zum Sport gegangen sind, sei schlichtweg nicht aufgefallen, dass es ihnen nicht gut geht. „Da hat niemand gesehen, dass das Kind blaue Flecken hat oder Gewalt erlebt“, sagt die Expertin. Die Probleme seien hinter verschlossenen Türen geblieben – und erst durch die Lockerungen ans Tageslicht geraten.
Kinder zwischen null und zwölf
Im Auftrag der Jugendämter des Märkischen Kreises werden von der Pflegekinderhilfe seit mehr als 13 Jahren Familien und Einzelpersonen beraten und begleitet, die sich einer neuen Herausforderung in ihrem Leben widmen und Kinder für einen begrenzten Zeitraum bei sich aufnehmen. Christiane Finke bietet deshalb einen unverbindlichen Informationsabend an – am Mittwoch, 1. Juni, im Gebäude der Bereitschaftspflege der Stiftung Evangelische Jugendhilfe Menden.
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Es geht um Kinder zwischen null und zwölf Jahren – primär aber um die Kleinsten. Für sie sei die Stabilität, die eine Familie mitbringe, besonders wichtig. „Die Kinder bleiben null bis sechs Monate bei der Familie. Es gibt aber hin und wieder auch welche, die bis zu zwei Jahre bleiben“, so Finke. Das komme immer darauf an, wie schnell die Perspektiven für das Kind geklärt sind. Das kann mitunter dauern. Einige Eltern schaffen es mit Hilfe der Experten, ihr Leben in den Griff zu bekommen und wieder gut für ihr Kind zu sorgen. Andere nicht. Dann geht es um eine gute dauerhafte Lösung für das Kind – beispielsweise in einer permanenten Pflegefamilie, einer Wohngruppe oder einer Lebensgemeinschaft.
Und was muss man mitbringen, um diese Aufgabe meistern zu können? „Das Wichtigste sind die Versorgung des Kindes und Sicherheit. Das muss gewährleistet sein“, so Christiane Finke. Die Fähigkeit sich selbst reflektieren zu können gehört genauso dazu, wie Humor und eine gute Art zu kommunizieren. „Eigene Erziehungserfahrung ist sinnvoll – egal ob aus dem Job oder durch eigene Kinder“, sagt Finke. Aber sie sei kein Muss. Generell könne jeder bei der Bereitschaftspflege mitmachen, der Interesse hat und finanziell abgesichert ist. Egal ob Paar oder alleinerziehend.
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Für die Versorgung des Kindes gibt es Geld und auch eine kleine Entschädigung geht an die Eltern – aber das Geld stehe nicht im Vordergrund. Bewusst. Alle Kinder brauchen die nötige Zeit und Aufmerksamkeit der Personen und natürlich auch Platz. „Ein eigenes Zimmer ist wichtig.“
Aufenthalt nicht für immer
Wer mitmacht, muss sich immer im klaren sein, dass es ein Aufenthalt auf Zeit ist. Das sei von Anfang an wichtig. Die Eltern werden auf die Aufgabe vorbereitet und auch in Sachen Traumapädagogik geschult. „Ein Fachberater steht ihnen zur Seite“, sagt Christiane Finke. Auch sie besucht regelmäßig Familien und hilft ihnen unter anderem mit bürokratischen Angelegenheiten. „Man wird quasi eine teil-öffentliche Familie und das muss man wollen“, sagt die Expertin. Denn während des Aufenthaltes hält das Kind Kontakt zur eigenen Familie, es gibt regelmäßige Treffen im geschützten Rahmen, an denen auch die Pflegeeltern teilnehmen. Auch die Verfahrenspflege, Fachberater oder andere Experten sind im Team. Immer wieder wird der Austausch gesucht – auch, um die Defizite der Kinder zu erkennen und eine passende Perspektive zu entwickeln.
Der Unterschied zwischen der Dauerpflege und der Pflege auf Zeit sei deutlich. Aber das bedeute nicht, dass Familien sich nach einer Weile nicht auch umentscheiden können.
Die Informationen zum Info-Abend:
Die Adresse? Am Papenbusch 18.
Wann? Mittwoch, 1. Juni, von 18 bis 19.30 Uhr.
Für wen? Für alle Menschen, die offene Fragen zum Thema „Bereitschaftspflege“ haben, ganz unverbindlich. Christiane Finke definiert wichtige Punkte im Umgang mit einem Pflegekind auf Zeit: Klar, offen und transparent kommunizieren. Wertschätzen. Strukturen wie das gemeinsame Essen am Tisch ohne den Fernseher im Hintergrund wenn nötig erklären. Regeln vorgeben, aber zu Beginn nicht erziehen. Nicht schlecht über die Eltern reden und die Lebensgeschichte des Kindes annehmen.