Menden. Ist Menden zur Integration verpflichtet oder wollen die Ukrainer schnellstmöglich zurück in die Heimat? Mendens Politiker wollen Antworten finden.
Der Flüchtlingsstrom aus der Ukraine nimmt immer weiter ab. Erste Familien reisen sogar schon wieder zurück. Ist eine Integration der ukrainischen Geflüchteten deshalb vielleicht nicht angebracht? Diese und weitere Fragen wurden am Donnerstag Abend im kleinen Kreis im Salsa in Menden diskutiert. Neben der Besprechung der aktuellen Situation für die Flüchtlinge in Menden kristallisiert sich vor allem eine Frage heraus: Wollen die Ukrainer überhaupt hier bleiben?
Austausch im Salsa in Menden soll Antworten und Ideenanreize bringen
Die Europa-Union lud ein zu einem Austausch verschiedener Akteure, die in den letzten Wochen und Monaten an der Aufnahm der Ukrainer beteiligt waren. Nach einem kleinen historischen Exkurs in die Nationsgeschichte der Ukraine durch Dr. Udo Fella, erzählt der Mendener Bürgermeister Roland Schröder zunächst von den Anfängen des Krieges und der schnellen Zusammenstellung einer „Task-Force“, die sich bis heute darum kümmere, ukrainische Menschen in Menden zu versorgen. So sei es der Stadt gelungen, mittlerweile über zwei Drittel der Geflüchteten in privaten Unterkünften unterzubringen, größtenteils sogar in eigenen Wohnungen.
416 Flüchtlinge aus der Ukraine in Menden untergebracht
Von den aktuell 416 ukrainischen Flüchtlingen seien 65 Prozent weiblich und insgesamt 36 Prozent unter 18 Jahren. Hauptsächlich seien es Frauen mit ihren Kindern, die Ehemänner und Väter seien größtenteils noch in der Ukraine. Deshalb habe Schröder auch den Eindruck, viele der Ukrainer wollen schnellstmöglich wieder in ihre Heimat. „Die Ukraine ist kein Dritte-Welt-Land“, sagt er, „die Familien hatten ein schönes Leben da.“ Es seien schon einige Flüchtlinge wieder in ihr Heimatland zurückgekehrt.
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An dieser Stelle schaltet sich Manuel Huff ein. Der Fraktionsgeschäftsführer der Partei Die Linke in Iserlohn habe einen völlig anderen Eindruck. Er habe von vielen ukrainischen Familien gehört, die gerne in Deutschland bleiben wollen. Nur eine Familie sei bereits wieder zurückgekehrt. Er widerspricht auch dem in der Runde geäußerten Zweifel, ob eine Integration der Ukrainer überhaupt angebracht sei. „Integration lohnt sich immer, egal ob sie drei Wochen, Monate oder Jahre hier bleiben“, betont er. Der Gedanke, dass Flüchtlinge oder Gastarbeiter ein paar Jahre später wieder weg seien, stimme faktisch nie.
„20 bis 40 Prozent werden hier bleiben. Es ist unsere Pflicht, uns darauf vorzubereiten“, sagt auch Peter Maywald. Der Geschäftsführer der CDU Menden ist vor allem stolz auf die Situation an den Schulen. Fast alle ukrainischen Kinder in Menden seien aktuell an einer Schule untergebracht. Die Stadt setze vor allem auf Regelunterricht, also keine Beschulung in Form von Willkommensklassen.
Ukrainische Bürger wollen schnell in ihre Heimat zurückkehren
Nachmittags würden viele jedoch zusätzlich an ukrainischem Online-Unterricht teilnehmen. Sogar die ukrainische Regierung selbst habe den Wunsch geäußert, die deutsche Schulpflicht für die geflüchteten Kinder auszusetzen und durch den Online-Unterricht auf Ukrainisch zu ersetzen. Die Bundesregierung habe dies jedoch abgelehnt. Die Frage, ob eine Integration in Deutschland überhaupt gewünscht sei, sei also durchaus berechtigt, so Michael Boeck.
Boeck ist Geschäftsführer der Europa-Union MK und Mitinitiator der Austauschrunde. Er erzählt, bereits von mehreren Flüchtlingen aus vergangenen Krisen gehört zu haben, dass sie sich ungerecht behandelt fühlen. Die Solidarität der Deutschen solle den Ukrainern gegenüber sehr viel höher sein als zum Beispiel in 2015 den Syrern und Afghanen gegenüber. Er will wissen, wie man diesen Eindruck widerlegen kann. „Ich würde das nicht verneinen“, sagt Manuel Huff. Auch er erlebe – gerade beim Thema Unterkunftssuche – deutliche Unterschiede zu damals. Viele ältere Menschen hätten Teile ihrer Häuser für Ukrainer bereitgestellt. So etwas habe es 2015 nicht in dem Ausmaß gegeben.
„Eine Hierarchie von Flüchtlingen darf es nicht geben“, sagt Dr. Gabriele Schulte-Kurteshi. Sie ist Vorsitzende des Kreisverbandes der Europa-Union und hat schon einige Flüchtlinge bei ihrer Integration begleitet. Manuel Huff beteuert jedoch, dass durch die Ukraine-Krise „kein Euro weniger an andere Bedürftige fließt“. „Es wird jedem geholfen, der es nötig hat.“