Menden. Grundstückseigentümer zahlen Grundsteuer. Nun gibt es grundsätzliche Änderungen. Alfons Träger von der Stadt Menden erklärt alles Wichtige.

Für alle Eigentümer ändern sich in diesem Jahr die Bemessungsgrundlagen für die Grundsteuer. Was genau bedeutet das? Wir haben Alfons Träger vom städtischen Team Steuerverwaltung in Menden gefragt.

Bisher ist die Grundsteuer nach so genannten Einheitswerten ermittelt worden, nun soll es neue Bemessungsgrundlagen geben. Was genau bedeutet das?

Alfons Träger: Die Ermittlung der jeweiligen Grundsteuerhöhe bleibt in ihrer Grundstruktur erhalten. Die Grundsteuer wurde und wird auch künftig in einem dreistufigen Verfahren ermittelt. Danach berechnet sich die Grundsteuer wie folgt: Grundsteuer = Grundsteuerwert (ersetzt den bisherigen Einheitswert ab 2025) x Steuermesszahl x Hebesatz.

Die Grundsteuer muss sorgfältig ins Budget der Haushaltskasse eingeplant werden.
Die Grundsteuer muss sorgfältig ins Budget der Haushaltskasse eingeplant werden. © dpa | Patrick Pleul

Das Besteuerungsverfahren gliedert sich somit in mehrere Arbeitsschritte, die sich Finanzamt und Kommune teilen. Während das Finanzamt für den Grundsteuermessbetrag, der sich nach Ermittlung des Grundsteuerwertes durch Multiplikation mit einer im Grundsteuergesetz genannten Steuermesszahl bestimmen lässt, zuständig ist, erfolgt die Festsetzung und Erhebung der jährlichen Grundsteuer durch die Kommunen. Hierbei wird der vom Finanzamt vorgegebene Steuermessbetrag mit einem von der Kommune festgesetzten Hebesatz multipliziert.

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In Menden sind seit 2016 folgende unveränderte Hebesätze maßgebend: Grundsteuer A 250 %, Grundsteuer B 595 %. Inwieweit diese Hebesätze angepasst werden (müssen), wird bis zum Ende des Jahres 2024 zu entscheiden sein. Der Hebesatz soll durch die Städte und Gemeinden so angepasst werden, dass die Grundsteuerreform für die jeweilige Kommune möglichst aufkommensneutral ist. Das bedeutet allerdings nicht unbedingt, dass sich die Höhe der Grundsteuer für die einzelnen Steuerpflichtigen nicht ändern könnte. Nach Umsetzung der Grundsteuerreform wird es somit nicht „die“ absolut neuen Bemessungsgrundlagen geben. Die Bemessungsgrundlagen werden modifiziert zur Ermittlung der Grundsteuer genutzt werden. Dabei wird der Einheitswert durch den Grundbesitzwert bzw. Grundsteuerwert ersetzt. Die erforderlichen Angaben zur Ermittlung des Grundsteuerwertes beschränken sich auf wenige einfach zu ermittelnde Daten (so der Wortlaut des Bundesfinanzministeriums). Relevant zur Feststellung des Grundsteuerwertes sind unter anderen die Grundstücks- und Wohnfläche, der Bodenrichtwert sowie die Gebäudeart und das Baujahr des Gebäudes.

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Was ist der Hintergrund? Warum gibt es diese Änderungen?

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 10. April 2018 die grundsteuerrechtliche Bewertung zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer für unvereinbar mit der Verfassung erklärt und eine gesetzliche Neuregelung verlangt. Frist für eine Neuregelung war der 31.12.2019. Dieser Vorgabe ist der Gesetzgeber mit dem Ende 2019 verabschiedeten Gesetz nachgekommen.

Kritisiert wurde von den Verfassungsrichtern das Bemessungsverfahren für die Grundsteuer, weil die auch heute noch zugrunde gelegten Einheitswerte auf jahrzehntealten Zahlen aus zwei Hauptfeststellungsverfahren basieren. Für alle gilt: Die Einheitswerte auf den 1. Januar 1935 (neue Länder) und 1. Januar 1964 (alte Länder) verlieren im Zuge der Grundsteuerreform am 31. Dezember 2024 ihre Gültigkeit und dürfen ab 1. Januar 2025 nicht mehr als Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer herangezogen werden.

Die Hauptfeststellungen gab es aufgrund des hierfür zu betreibenden enormen Aufwands erst zweimal. Für das im Jahre 1936 eingeführte einheitliche Grundsteuerrecht wurden die Werte für das Gebiet des gesamten Deutschen Reiches für den 1. Januar 1935 ermittelt. Danach sollte die Hauptfeststellung grundsätzlich alle sechs Jahre erneut erfolgen, der zweite Weltkrieg verhinderte dies jedoch.

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Nach dem 2. Weltkrieg wurde ein solches Hauptfeststellungsverfahren nur noch einmal in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt und zwar im Jahre 1964. In der DDR erfolgte ein solches Verfahren nicht mehr. Da sich die Werte von Grundstücken seit 1964 bzw. 1935 sowohl in den westdeutschen als auch in den ostdeutschen Ländern sehr unterschiedlich entwickelt haben, kommt es auf Basis der Einheitswerte zu erheblichen steuerlichen Ungleichbehandlungen, die nach Ansicht des BVerfG nicht mehr zu rechtfertigen sind. Ziel der Reform ist eine verfassungsfeste, einfache und sozial gerechte Grundsteuer.

Was müssen Immobilienbesitzer nun tun?

Immobilienbesitzerinnen/Immobilienbesitzer müssen für alle Grundstücke, die sich am 1. Januar 2022 in ihrem Eigentum befinden, eine Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwertes abgeben. Die Aufforderung zur Erklärungsabgabe wird aus Vereinfachungsgründen im Wege der öffentlichen Bekanntmachung erfolgen. Um den Eigentümerinnen und Eigentümern diese Erklärung zu erleichtern, wird die Finanzverwaltung in NRW ab Mai 2022 für alle Betroffenen ein Informationsschreiben mit den wesentlichen Daten und Infos herausgeben, die für die Erklärung relevant sind.

Darüber hinaus hat die Finanzverwaltung vorgesehen, ab April 2022 eine Telefonhotline anzubieten. Fragen zur Grundsteuerreform können somit auch über eine kostenlose Telefonauskunft der Finanzverwaltung beantwortet werden.

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Bis wann müssen Immobilienbesitzer tätig werden?

Eigentümerinnen und Eigentümer werden demnächst öffentlich aufgefordert werden, die aktuellen Merkmale Ihres Grundstückes auf den 1. Januar 2022 (Hauptfeststellungszeitpunkt) zu erklären. Die Erklärung kann in der Zeit zwischen dem 1. Juli 2022 und dem 31. Oktober 2022 nur online unter MeinELSTER (www.elster.de) abgegeben werden. Es besteht nach § 228 Abs. 6 Bewertungsgesetz i.V.m. § 87a Abs. 6 Satz 1 AO die Verpflichtung zur elektronischen Erklärungsabgabe. Ob zu dieser Vorgabe Ausnahmen zugelassen werden (müssen), wird die Praxis zeigen und allein der Entscheidung des Finanzamtes vorbehalten sein.

Kann sich mit den neuen Bemessungsgrundlagen auch die Höhe der entrichtenden Grundsteuer maßgeblich ändern?

Die Grundsteuerreform wird insgesamt aufkommensneutral ausgestaltet werden. Die Gesamtheit der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler werden nicht mehr oder weniger Grundsteuer bezahlen müssen. Jedoch werden sich die individuellen Steuerzahlungen verändern. Einige werden mehr Grundsteuer bezahlen müssen, andere weniger. Das ist zwingende Folge der Entscheidung des BVerfG. Wie sich die Grundsteuerzahlungen einzelner Steuerpflichtiger verändern werden, lässt sich nicht pauschal beantworten. Im neuen System wird ein Teil der Steuerpflichtigen deutlich besser gestellt als im Status Quo (insbesondere wohl Mieter in großen Mehrfamilienhäusern), ein Teil würde mehr Grundsteuer zahlen, während sich für einige Steuerpflichtige nur marginale Veränderungen ergeben werden.

Wenn Erklärungen online abgegeben werden sollen: Was machen dann diejenigen, die hierbei Schwierigkeiten haben?

Nach dem derzeitigen Kenntnisstand können bzw. sind die Erklärungen nur online über zum Beispiel das Verfahren MeinELSTER abzugeben. Diese Verpflichtung ergibt sich aus § 228 Abs. 6 Bewertungsgesetz in Verbindung mit § 87a Abs. 6 Satz 1 der Abgabenordnung. Auf jeden Fall wird nach hiesiger Einschätzung mit nicht gerade wenigen Problemen in dieser Angelegenheit zu rechnen sein. Nicht ohne Grund fordert der Bund der Steuerzahler eine bürgernahe Umsetzung und verlangt zudem, dass es möglich sein muss, die Erklärung auch in Papierform abgeben zu können.

Ebenfalls nicht grundlos wird der Hinweis in dem von der Finanzverwaltung erstellten Merkblatt mit Informationen für Eigentümerinnen und Eigentümer gewesen sein, dass den Jahres-Grundbesitzabgabenbescheiden in Menden beigefügt war. In diesem Infoblatt wird empfohlen, Angehörige, die in steuerberatenden Berufen tätig sind, zu kontaktieren, um sich bei der Abgabe der Erklärung gegebenenfalls von diesem Personenkreis unterstützen zu lassen.