Menden. Die Rechnung für den Rat fällt nach einem Jahr deutlich höher aus als zunächst gedacht. Eine Fraktion sticht dabei besonders hervor.

Mit 60 Mitgliedern ist der Rat seit der Kommunalwahl 2020 so groß wie nie zuvor. WP-Recherchen ergeben nun: Die Kosten für den XXL-Rat übersteigen sogar die Prognosen des Kämmerers deutlich. Eine Fraktion sticht mit ihren geltend gemachten Zahlungen dabei heraus.

Dass der Mendener Rat sprichwörtlich aus allen Nähten platzt, liegt im Ausgang der Kommunalwahl begründet. Die CDU hatte vor gut einem Jahr sämtliche Direktmandate in der Hönnestadt gewonnen. Weil die Christdemokraten aber 37 Prozent holten, mussten die Mehrheitsverhältnisse also aufgestockt werden. Zum Vergleich: Nach der Kommunalwahl 2014 zählte der Rat 48 Mitglieder.

Die Kosten im Überblick

Grundsätzlich gibt es nur zwei Möglichkeiten, wie der Rat kleiner werden könnte.

Entweder eine Reduzierung der Wahlbezirke, die eines Ratsbeschlusses bedarf; oder aber das Wahlverhalten der Mendener selbst.

Konkret sehen die Kosten der Fraktionen wie folgt aus: CDU (267.161,69 Euro), Grüne (137.523,19 Euro), SPD (118.791,89 Euro), FDP (56.518,93 Euro), USF/UWG (41.952,18 Euro), Die Linke (31.243,32 Euro), AfD (26.812,20 Euro), Sonstige (15.336,02 Euro; *darunter fallen Einzelratsmitglieder, Sachkundige Einwohner, der Inklusionsbeirat sowie der Integrationsrat)

Im Januar 2021 präsentierte Kämmerer Uwe Siemonsmeier die voraussichtliche Rechnung für das deutlich größere Gremium: Statt rund einer halben Million Euro sollten es im Nachtragshaushalt 615.000 Euro jährlich werden. Eine Anfrage der WP ergibt nun jedoch, dass diese Rechnung nochmals höher ausfallen wird. Von Januar bis Dezember 2021 sind demnach 695.000 Euro an die Fraktionen gezahlt worden. Das beinhaltet Sitzungsgelder ebenso wie erhöhte Zuschläge für Fraktionsvorsitzende, deren Vertreter sowie Verdienstausfälle. Summa summarum steht einem Mendener Ratsmitglied eine monatliche Pauschale von 417,20 Euro zu. Fraktionsvorsitzende erhalten den doppelten oder dreifachen Satz, je nach Größe der Fraktion. Aber auch Sachkundige Bürger, die in Ausschüssen und Fraktionssitzungen beraten, erhalten laut Gemeindeordnung eine Aufwandsentschädigung, die über die Fraktionen abgerechnet werden: bei Städten über 50.000 Einwohnern immerhin 32,30 Euro je Sitzung. Die Pauschalen sind kein Gehaltsersatz, sondern vielmehr ein Zeichen der Wertschätzung für ein mitunter zeitintensives Ehrenamt. Darüber hinaus können Ratsmitglieder allerdings auch Verdienstausfall geltend machen.

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Unterm Strich schlagen so 695.300 Euro zu Buche. „Das ist so gewollt und der Preis der Demokratie“, sagt Kämmerer Uwe Siemonsmeier. Ohne eine Fünf-Prozent-Hürde wie es sie bei Land- und Bundestagswahlen gibt, herrscht auf kommunaler Ebene deutlich mehr Vielfalt. Gut 40 Prozent der Gesamtkosten gehen auf die CDU zurück: rund 267.000 Euro. Den kleinsten Fraktionsposten macht die AfD aus mit 26.800 Euro. Üblicherweise fließen Teile der Sitzungsgelder an die jeweiligen Ortsvereine, Stadtverbände oder aber werden für wohltätige Zwecke gespendet.

Insgesamt sind sieben Fraktionen im Rat vertreten – und es könnten noch mehr werden, falls sich die beiden aus der FDP ausgetretenen Einzelratsmitglieder Norbert Majd und Maximilian Holterhöfer doch noch zusammenschließen. Dann würden die Ratskosten nochmals steigen.

Bestätigung für Kritiker?

Blickt man auf die Sitzverteilung sowie die Fraktionsgrößen fällt jedoch ein Zusammenschluss besonders auf: UWG/USF, die im Rat zusammen zwei Sitze haben – und damit weniger als die AfD (3) und ebensoviele wie die Linke (2; 31.200 Euro) –, stellten der Stadt 41.950 Euro in Rechnung. Wie dieser Betrag genau zustande kommt, ist bislang offen. Detailliertere Aufschlüsselungen von Verdienstausfällen und Sitzungsentgelten gibt es vonseiten der Stadt bisher nicht. Eine Anfrage der WP an USF/UWG zum Thema blieb bis Redaktionsschluss zunächst unbeantwortet. Kritiker und Alt-Bürgermeister Volker Fleige hatte nach der Kommunalwahl unterstellt: „Beiden Herren geht es nicht um Menden, beiden Herren geht’s ums Geld.“

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Dass vor allem der Verdienstausfall mitunter ein lohnendes Geschäft sein kann, macht ein Blick in den Kreis Unna deutlich. Dort sollen die beiden Co-Fraktionsvorsitzenden von Bündnis90/Die Grünen im Kreistag deutlich mehr abgerechnet haben als andere Politiker.