Menden. Kein Taubenhaus, kein Böllerverbot. Grünen-Fraktionschef Peter Köhler redet im Interview über umstrittene Entscheidungen seiner Partei in Menden.
Die Mendener Grünen waren der große Gewinner der Kommunalwahl 2020. Was ist aus den Zielen geworden? Machen die Grünen in Menden eigentlich grüne Politik? Fraktionssprecher Peter Köhler (50) stellt sich den Fragen von WP-Redakteur Arne Poll.
Die Grünen haben gegen ein Feuerwerksverbot in der Innenstadt gestimmt. Was ist eigentlich mit den Grünen los?
Peter Köhler: Das ist falsch interpretiert. Wir sehen Silvesterfeuerwerk sehr kritisch. Unter anderem wegen der Feinstaubbelastung, der Verletzungsgefahr und vielen anderen Gründen. Aber in diesem Fall gab es ja einen konkreten Antrag, nur das Silvesterfeuerwerk in der Mendener Innenstadt zu verbieten. Da hat die Verwaltung gesagt, dass man das nur schlecht machen kann. Und da haben sich die Grünen angeschlossen und gesagt: Ja, das scheint uns logisch.
Aber muss man denn aus Grünen-Sicht nicht irgendwo anfangen? Es gab ja noch nicht einmal eine politische Mehrheit dafür, die Möglichkeiten eines Verbotes weiter auszuloten.
Zu Details kann ich nichts sagen, weil ich selbst nicht in dem Fachausschuss war. Ich weiß, dass unsere Leute gesagt haben, dass sie dem Antrag nicht zustimmen können, insbesondere aus rechtlichen Gründen und in diesem konkreten Fall. Andererseits stellt sich für mich generell die Frage, ob es Sinn macht, Silvesterfeuerwerk in einzelnen Kommunen über individuelle Regelungen zu beschränken. Ich wäre sehr für eine bundesweite Regelung. Das haben wir ja jetzt mit Corona zum Teil schon gehabt über Verkaufsverbote. Und es stellt sich natürlich auch die Frage, wie man so etwas kontrollieren will. Sollen wir für die Nacht extra Leute einstellen, die das kontrollieren...?
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Es wäre ein Zeichen, das man setzen könnte. Die Grünen haben doch immer solche Schritte gefordert. Wo ist denn dieser Mut geblieben?
Ich halte die kommunale Ebene einfach für die falsche, so etwas zu regeln. Das kann ich in der Düsseldorfer Altstadt nachvollziehen, dass man dort ein Böllerverbot verhängt. Aber da werden wahrscheinlich auch in der Nacht zig Polizisten vor Ort sein. In einer Kleinstadt wie Menden gibt es aber keine so großen Menschenansammlungen. Wenn, dann muss es eine gesellschaftliche Veränderung geben. Und das muss man über bundesweite Regelungen befördern.
Auch bei den Stadttauben haben die Grünen überraschend gegen ein Taubenhaus gestimmt. Das lohne sich nicht. Warum sagen die Grünen da nicht, dass Tierschutz für sie Priorität hat?
Im Detail kann ich das natürlich auch nicht sagen, weil ich nicht in diesem Ausschuss bin. Aber auch ich sehe in Menden kein Taubenproblem. Insofern braucht es auch diese Maßnahme nicht. Mir erschließt sich nicht, wieso ein Taubenhaus den Tauben zugutekommen soll. Letztendlich ist es ja eine Maßnahme, die dafür sorgen soll, dass es weniger Tauben gibt.
Die Tierschützer argumentieren, dass es die einzige Möglichkeit sei, den Taubenbestand tierfreundlich zu reduzieren, weil schon die Eier ausgetauscht werden...
Im Kern geht es doch gar nicht um die Frage, ob Tierschutz ja oder nein, sondern es wird das vermeintliche Problem aufgemacht, dass es in Menden zu viele Tauben gäbe. Und dagegen will man ein Taubenhaus haben. Aber wenn doch auch das Ordnungsamt sagt, dass wir kein Taubenproblem haben, dann brauchen wir auch kein Taubenhaus.
Es gab zuletzt einige offene Konflikte zwischen Grünen und der SPD. Dabei sind doch beide Parteien inhaltlich gar nicht so weit auseinander. Ist das auch eine persönliche Sache, dass es nicht klappt?
Das liegt sicherlich daran, dass es in Menden keine festen Koalitionen gibt. Jede Partei muss erst einmal für sich suchen, um zu Mehrheiten zu kommen. Und ja, die Gesprächsfäden zur SPD sind nicht wahnsinnig dick ausgeprägt.
Aber sind denn nicht letztlich die inhaltlichen Gemeinsamkeiten so groß, dass man doch auch mal zusammenarbeiten muss?
Natürlich gibt es diese Gemeinsamkeiten. Es gibt in der SPD Leute, mit denen man sich gut verständigen kann. Zwischen Sebastian Meisterjahn (SPD-Fraktionsvorsitzender Anm. d. Red.), Christian Feuring und mir gibt es eine gut kollegiale Zusammenarbeit. Und natürlich besprechen wir Dinge.
Die Grünen waren der Gewinner bei der vergangenen Kommunalwahl. Damit steigt die Erwartungshaltung. Machen sich die Grünen in Menden nicht gerade zu klein? Schaffen Sie es, selbst große Themen anzustoßen?
Das funktioniert in Teilen. Zum Beispiel beim Mobilitätsmanager. Dass wir in Menden nun einen Klima- und Umweltausschuss haben, ist sicher auch ein Ergebnis der vergangenen Wahl. Man merkt da schon, dass das auch eine Veränderung in der Stadt bewirkt. Man muss aber zur Kenntnis nehmen, dass die offiziell verkündete Zusammenarbeit zwischen FDP und CDU dazu führt, dass sich die Situation gegenüber vorher nicht groß verändert hat. Früher war es die CDU, die einen anderen Partner brauchte, um etwas durchzubekommen. Jetzt sind es CDU und FDP, die einen anderen brauchen. Das wird in vielen Fällen so passieren. Wenn wir etwas beantragen, dann gehen wir in Gespräche, zum Beispiel eben mit CDU und FDP, um eine Mehrheit zu bekommen.
Ist das denn nicht zu zurückhaltend? Die CDU ist angeschlagen. Die Fraktion der FDP zerbröselt. Müssen sich die Grünen da so weit hinten anstellen?
Wir haben bei der Kommunalwahl knapp 22 Prozent bekommen. Das reicht jetzt noch lange nicht für eine absolute Mehrheit. Wir müssen mit anderen sprechen. Und das tun wir auch. Die CDU-FDP-Konstellation hat zusammen nun mal fast die Mehrheit. Und das spielen sie auch so aus. Damit müssen wir umgehen und leben. Wir sind nicht selbst in einer Koalition.
Auf der Bundesebene sind die Grünen zurück in der Regierung. Was erhoffen Sie sich dadurch für Menden?
Die A46 ist ein großes Thema. Natürlich erhoffen wir uns, dass sich durch eine Überprüfung des Bundesverkehrswegeplanes für die A46 die Voraussetzungen ändern.
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Gibt es konkrete Signale?
Nein, aber ich glaube, dass es dafür auch noch einfach zu früh ist. Die Koalitionsverhandlungen sind da nach meinem Dafürhalten eher allgemein gelaufen, aber man hat eine Überprüfung des Bundesverkehrswegeplans vereinbart. Und das wäre sehr in unserem Sinne.
Wie gehen die Mendener Grünen ins Jahr 2022?
Wir wollen definitiv den Klimaschutz in Menden voranbringen. Darauf werden wir in der gesamten Wahlperiode ein Auge haben. Die Solardachpflicht im neuen Gewerbegebiet Hämmer II ist ja leider abgelehnt worden. Das wäre eine Möglichkeit gewesen, kurzfristig auf vielen großen Flächen, Klimaschutz in Menden voranzubringen. Auf solche Dinge werden wir aber sicher auch in Zukunft genauer achten.