Menden. Ein Mann aus Menden (30) muss in stationäre Therapie. Drogen, ein Butterflymesser und eine Pistole stellen die Beamten bei ihm Zuhause sicher.

Marihuana, Amphetamine, Ecstasy und Heroin im Jugendzimmer und Keller: Die kriminellen Machenschaften eines 30 Jahre alten Mendeners sind aufgeflogen. Der Mann soll nicht nur selbst konsumiert, sondern mit Drogen gehandelt haben. Auch Waffen haben die Beamten sichergestellt – eine Softairpistole und ein verbotenes Butterflymesser. Zudem soll er ein teures Fahrrad gestohlen haben. Jetzt hat ihn das Amtsgericht Menden zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten sowie der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt verurteilt – allerdings beides auf Bewährung.

Der Angeklagte kommt mit seinem Vater zur Verhandlung und wirkt schüchtern. Er spricht kaum, trägt Hemd, Jeans und Sneaker. Zweimal hatten Beamte die Wohnung seiner Eltern, in der er ein Zimmer bewohnt, im vergangenen Jahr durchsucht – und sind beide Male fündig geworden. Außer Drogen und Waffen gab es unter anderem diverse Materialien zum Strecken von Drogen, zum Verpacken, ein Gras-Gewächshaus samt Lampe und Lüfter sowie eine Schuldnerliste über rund 1800 Euro.

Widersprüchliche Aussage: Strategiewechsel während der Sitzung

Zu den Vorwürfen will sich der arbeitslose Mann zunächst nicht äußern. Sein Anwalt übernimmt die Führung. Ja, er habe 50 Gramm Amphetamine gekauft, aber nur zum Eigenkonsum. Und das Rad? Das habe er gekauft, nicht geklaut. „Das ist überraschend“, sagt Richter Martin Jung. Die Angaben widersprechen sich mit den bisherigen. Unterbrechung der Verhandlung. Strategiewechsel. Jetzt schlägt er Verteidiger ein Rechtsgespräch vor, er will einen Deal für seinen Mandanten aushandeln.

Der Deal steht. Der Knoten platzt. Plötzlich gibt der Angeklagte alles, was ihm vorgeworfen wird, zu. Waffen aus Angst vor einem Überfall immer griffbereit, Drogen für sich selbst und andere. Wie viel er genau täglich konsumiert und wie viel er an wen verkauft hat, wisse er nicht mehr. Der Verteidiger mahnt: „Ich habe nicht Viele mit einem derartigen Konsum gesehen, die älter als 45 geworden sind.“

IQ von 160: Täter ist ein intelligenter Hauptschul-Abbrecher

Die Drogenkarriere des 30-Jährigen beginnt mit 15 Jahren, sagt Dr. med. Thomas Schlömer. Er ist Facharzt für Psychiatrie und hat den Mendener begutachtet. Erst Alkohol, dann Cannabis und Amphetamine. Der heftigste Trip? Knapp 72 Stunden wach. Aufdrehen mit Amphetaminen und Runterkommen mit Cannabis. Ein Kreislauf. Mit einem IQ von 160 sei der Angeklagte sehr intelligent. Dennoch habe er in der achten oder neunten Klasse die Hauptschule verlassen. Seine Mutter habe über aggressives Verhalten in der Kindheit gesprochen. Bereits mit vier Jahren sei er aufgefallen und behandelt worden.

Und auch das Vorstrafenregister ist gut gefüllt. Drogenbesitz, Sachbeschädigung, Beleidigung, betrunken ohne Führerschein gefahren, gegen das Waffengesetz verstoßen oder auch Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen genutzt – die Liste ist lang. „2014 geht es mit BTM los. Ich sehe hier eine Entwicklung“, sagt Richter Jung. Sowohl er als auch Staatsanwalt Sebastian Wirwa und die Verteidigung sind sich einig: Ohne Entgiftung und Therapie wird der Angeklagte weitermachen.

Dennoch: „Wir können es wagen, die Strafe zur Bewährung auszusetzen“, sagt der Vorsitzende Martin Jung am Dienstag im Mendener Gericht. Die Voraussetzung dafür sei allerdings, dass der Mann sich einer stationären Entgiftung und Therapie unterzieht, um sich in den Griff zu bekommen. So wie der Angeklagte sein Leben ruiniere, würde er auch andere zerstören. „Das geht nicht“, sagt Jung mit Nachdruck. „Sie sind 30. Schaffen Sie was, worauf sie stolz sein können!“ Und auch der Verteidiger richtet mahnende Worte an den Mann: „Das ist jetzt die letzte Tankstelle vor der Autobahn.“