Menden. Extreme Wetterlagen werden Menden häufiger treffen, sagt Thomas Tokotsch. Mendens Klimaschutzmanager im Interview.
Thomas Tokotsch ist Mendens Klimaschutzmanager. Um welche Bereiche kümmert er sich bei der Stadt? Und wo sind aus seiner Sicht die größten Baustellen in Sachen Klimaschutz in Menden?
Herr Tokotsch, Sie sind jetzt seit gut einem Jahr Klimaschutzmanager der Stadt Menden. Was konnten Sie in dieser Zeit bewegen oder anstoßen?
Thomas Tokotsch Ich bin nun seit Juli letzten Jahres als Klimaschutzmanager bei der Stadt angestellt. In dieser Zeit konnte ich nicht nur einen Überblick über alle Maßnahmen erhalten, sondern auch einige Dinge bereits anstoßen. Aktuell wird an einer Überarbeitung des Klimaschutzkonzeptes gearbeitet, um die neuen rechtlichen und technischen Gegebenheiten miteinzubauen. Des Weiteren ist die Erstellung eines Klimafolgenanpassungskonzeptes einer meiner Top-Punkte. Hier sehe ich auch eine der größten Baustellen. Durch unterschiedliche Teilkonzepte zum Beispiel im Hochwasserschutz konnten wir uns bereits gut aufstellen, jedoch fehlen noch wichtige Punkte zu den Themen Trockenheit und Hitzeperioden.
Was tun Sie persönlich für den Klimaschutz?
Ich versuche, einen Großteil meiner Wege mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu erledigen. Das Auto bleibt meist stehen. Auch wenn ich meine Eltern in Frankfurt/Main besuche, fahre ich mit dem Zug. Zudem ist mir Mülltrennung wichtig.
In der Corona-Zeit boomen Essens-Lieferdienste und die Nachfrage in Baumärkten. Macht sich das bemerkbar durch mehr Abfälle und vielleicht auch durch mehr in der Natur entsorgte Materialien?
Durch die boomenden Lieferdienste konnte man einen deutlichen Anstieg von Abfällen bemerken. Vor allem an den Altpapier-Containern wird das Problem immer deutlicher. Die Kartons werden unzerkleinert neben die Container gestellt, mit der Zeit sammeln sich dort nicht nur mehr Kartons, sondern auch Essensreste und ähnliches an. Dies sieht nicht nur unordentlich aus, sondern zieht auch Tiere und Insekten an. Daher sind unsere Kollegen vom MBB täglich unterwegs und reinigen die Containerstandorte, um Gefahren für die Umwelt und die Allgemeinheit zu mindern. Jedoch besteht natürlich auch die Gefahr, dass Abfälle, die nicht in die Container geworfen wurden, weggeweht oder bei Regen weggeschwemmt werden und anschließend in der Natur landen. Durch die hohe Anzahl an Containerstandorten in der Stadt ist der nächste Container meist nicht weit weg. Daher bitte ich die Mendenerinnen und Mendener, statt ihren Abfall einfach daneben zu stellen, einen weiteren Standort anzufahren.
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Eigentlich wissen schon kleine Kinder, dass Müll nicht im Wald entsorgt werden sollte. Wie erreicht man Menschen, die dennoch ihre Autoreifen oder den Bauschutt dort abstellen?
Genau über solche Aktionen wie wir sie geplant haben. Wir arbeiten viel mit Kindern über unsere Partner zusammen, um ihnen den richtigen Umgang mit Abfällen und durch achtlos weggeworfenen Müll verursachte Schäden zu vermitteln. Die Kinder nehmen ihre neuen Erfahrungen mit in die Elternhäuser und können so positiv auf ihre Eltern einwirken.
Was konkret sollten Stadt, Wirtschaft und Privathaushalte stärker für den Klimaschutz tun?
Der Klimaschutz ist einer unserer wichtigsten und stärksten Mechanismen, um die Folgen des Klimawandels abzumindern. Hier können bereits kleine Veränderungen CO2 einsparen, zum Beispiel der Umstieg auf das Fahrrad bei kurzen Strecken. Auch durch den Aufbau einer PV-Anlage auf dem Dach kann zum Beispiel jeder Hausbesitzer selbst ein wichtiger Akteur im Klimaschutz werden.
Sie hatten vor einem Jahr gesagt, dass die Ladesäulen für die E-Mobilität weiter ausgebaut werden sollen. Wie ist da der aktuelle Stand?
Durch die langen Bearbeitungszeiten aufgrund der Corona-Pandemie bei den Fördermittelgebern dauert es leider etwas länger, bis die Stadt eigene E-Autos und Ladesäulen hat. Jedoch sind wir schon einige Schritte weitergekommen. Zudem bilden sich verschiedene Arbeitskreise zu dem Thema, um noch mehr Geschwindigkeit beim Ausbau zu generieren.
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Glauben Sie, dass der Fahrradboom auch nach der Corona-Zeit – wann auch immer die sein mag – anhalten wird?
Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Fahrradboom auch nach der Corona-Pandemie weiter anhält. Die Menschen haben die positiven Auswirkungen, die durch das Fahrradfahren entstehen, schätzen gelernt. Nicht nur die gesundheitlichen, sondern vor allem die praktischen Vorteile stehen im Vordergrund. Gerade durch moderne E-Bikes ist man auch bei schwierigen topographischen Gegebenheiten nicht mehr unbedingt auf das Auto angewiesen. Auch die höhere Anzahl von Anmeldungen beim Stadtradeln zeigt mir, dass das Fahrrad immer beliebter geworden ist.
Erreichen Sie nach Ihrem Eindruck junge Menschen zum Thema Klimaschutz besser und leichter als ältere?
Gerade durch unsere Aktionen wie Stadtradeln und der Abfallsammelaktion merke ich, dass das Thema Klimaschutz kein reines Thema der Jugend mehr ist, sondern auch die ältere Bevölkerung immer mehr dafür einsteht und sich einsetzt. Durch die verstärkte Nutzung der Social-Media-Kanäle durch die Stadt konnte zudem eine höhere Erreichbarkeit bei der Jugend geschaffen werden.
Wie beurteilen Sie als Klimaschutzmanager die Flutkatastrophe, die Mitte Juli ja auch Menden getroffen hat? Müssen wir häufiger mit vergleichbaren Ereignissen in der Hönnestadt rechnen?
Durch die Retentionsmaßnahmen, wie die Umgestaltung der Oeseteiche oder die Renaturierungen an der Hönne, konnte eine größere Katastrophe verhindert werden. Jedoch ist es weiter wichtig, dass wir die Stadt auf die sich verändernden klimatischen Bedingungen einstellen. Starkregen, Trockenheit und Hitzeperioden werden zu unseren täglichen Begleitern. Daher arbeite ich mit den Kollegen aus der Umweltabteilung unter anderem an der Erstellung eines Klimafolgenanpassungskonzept. Die Maßnahmen aus diesem Konzept sollen genau an diesen Punkten ansetzen.