Menden. Das Gymnasium an der Hönne in Menden stand unter Wasser. Jetzt landet Schulgeschichte auf dem Sperrmüll. Ein Blick in den Untergrund.
Das Wasser hat hier geblubbert und gekocht. Techniker Thomas Lohse zeigt die braune Linie im Keller des Gymnasiums an der Hönne. Hüfthoch stand der Hausanschluss unter Wasser. Stromanschlüsse mit einer Kapazität für eine ganze Wohnsiedlung waren überflutet, armdicke Leitungen mit ungeschützten Kontakten im Wasser. Die Technik ist Schrott, aber – und das ist wohl das Wichtigste – es kam kein Mensch zu Schaden. +++ Hintergrund: Bis zu 2,5 Millionen Euro Schaden an städtischen Gebäuden +++
Die Hauptanschlüsse unter dem Gymnasium sind wieder neu hergestellt. Jetzt brennt zumindest schon wieder Licht. Aber viele kleinteiligere Steuerungsanlagen mit viel Elektronik sind hinüber. Die Hauptverteilung fürs Internet mit allen Servern ist auch abgesoffen, ein Totalschaden. Die moderne Schule hat Pause. Vorerst kann man hier bestenfalls noch über den schlammigen Boden surfen.
Wasser läuft aus dem Estrich nach – Luft wie in der Waschküche
Der Untergrund im Keller ist feucht und rutschig. „Es war schon alles trocken und abgesaugt“, sagt Techniker Ralf Reich vom städtischen Immobilienbetrieb ISM. „Aber das Wasser kommt immer wieder nach.“ Der Estrich gibt das Wasser ab wie ein Schwamm. In einigen Räumen ist eine Luft wie in einer Waschküche.
Größte Baustelle wird in den nächsten Wochen wohl die Heizungsanlage sein. „Die Heizung darf laut Hersteller nicht mehr in Betrieb genommen werden“, sagt Lohse. Die Dämmung hat sich vollgesogen wie ein Schwamm. Dazu hat auch die Elektronik Schaden genommen. Alles muss raus. Wie aufwändig das wirklich sein wird, weiß noch keiner. Sicher ist: Hier wurde binnen Minuten alleine Technik für viele zehntausend Euro vernichtet. +++ Stadt Menden nicht komplett gegen Hochwasser versichert +++
Schulstart am 18. August voraussichtlich pünktlich möglich
Seinen Sommerurlaub sollte trotzdem noch kein Schüler vorzeitig verlängern. Die Verantwortlichen sind weiter zuversichtlich, dass sie die Schule zum Start am 18. August in weniger als vier Wochen wieder so weit hinbekommen, dass der Schulbetrieb starten kann. Das habe auch bei allen Hochwasser-Baustellen absolute Priorität, hatte ISM-Chef Martin Niehage bereits Mittwoch in der WP gesagt.
Unterrichtsräume sind nicht betroffen. „Das Wasser ist zum Glück auch nicht in die Mensa gekommen“, sagt Techniker Ralf Reich. Nur der Vorraum sei nass geworden. Was die Sache einfacher macht: Die Wände sind in den gefluteten Bereichen nicht verkleidet. Wie sehr das Wasser den Wänden und dem Boden geschadet hat, müsse sich zeigen.
Schulgeschichte liegt in hohen Bergen auf dem Sperrmüll
Auf dem Schulhof liegt ein Teil der Schulgeschichte zur Abholung auf dem Sperrmüll. Fast alles, was im Keller lagerte, ist hinüber. Eine alte Olympia-Schreibmaschine hat jetzt endgültig ausgedient. Auch die Overhead-Projektoren sind nass und kommen weg. Sie werden wohl kaum noch fehlen. In Zeiten von Video-Beamern hatten selbst die echten Fossile unter den Lehrerkollegen nicht mehr auf die Technik aus den 1970er Jahren gesetzt.
Als Raritätensammler unter den Ex-Walramschülern läge es nahe, sich jetzt einen der zahlreichen ausgedienten Stühle zu ergattern. Besser nicht! Das Design könnte Kultstatus erreichen, aber die komplette Sitzfläche hat wie ein Schwamm die Hochwasser-Reste konserviert. Auf dem Müll liegen alte Gemälde von Theatergruppen, ein französisches Schaubild, ein Kartenständer. Das Hochwasser beschleunigt das Abschiednehmen.
Sportunterricht in der Walramhalle auf längere Sicht nicht möglich
Auf dem Schutt landen auch Sprungmatten und aufgeweichte Sprungkästen aus der benachbarten Walram-Halle. Dort helfen die Sauerland-Wölfe gerade beim Ausräumen der Geräte. Ein Teil werde im Foyer eingelagert. Andere Einrichtung werde auf andere Hallen verteilt. Viele Sportgeräte müssen jetzt durch eine Spezialfirma geprüft werden, erklärt Alina Goldbach aus der Schulverwaltung.
Sportunterricht wird hier in den nächsten Monaten erst einmal nicht stattfinden können. Der komplette Schwingboden muss ausgetauscht werden. Darunter steht noch Wasser.
Fast schon in den Hintergrund gerückt sind die Arbeiten, die ohnehin in den Sommerferien anstanden. Die Brandmeldeanlage wird ausgetauscht und erneuert. Die Arbeiten laufen weiter, während geräumt und geputzt wird. Einige Verantwortliche kommen nach und nach aus dem Urlaub zurück. Nach dem Corona-Jahr sollte doch endlich mal Ruhe sein. Die Sommerferien 2021 hatten sich hier alle irgendwie anders vorgestellt.