Menden. Dank städtischer Unterstützung eröffnen Nino und Sarah Gulisano eine zweite Filiale in Menden, in der sie ihr selbstgemachtes Eis anbieten.

Mit sinkenden Corona-Inzidenzen und einer voranschreitenden Impfkampagne kann auch der Einzelhandel wieder zuversichtlicher in die Zukunft blicken. Dieser neuen Zuversicht widmet die WESTFALENPOST in den kommenden Wochen eine Serie. Und Menden nimmt in dieser Hinsicht eine Art Vorreiterrolle in der Region ein, denn die Wirtschaftsförderung (WSG) ist ein Treiber hinter dem Kampf gegen Leerstände. Mit städtischer Unterstützung werden nämlich die Kaltmieten für Neuansiedlungen größtenteils übernommen.

Das hat auch das Unternehmer-Ehepaar Nino und Sarah Gulisano dazu bewogen, eine zweite Filiale zu eröffnen. Künftig wird es das selbstgemachte Eis der beiden also nicht nur in Lendringsen, sondern auch in der Mendener Innenstadt geben.

Sie expandieren in der Krise – Wie funktioniert das überhaupt?

Nino Gulisano: Dank der Stadt Menden und einem netten Vermieter, um ehrlich zu sein (lacht). Dabei geht es vor allem um 70 Prozent der Kaltmiete, die die Stadt übernimmt. Hinzu kommt, dass unsere Eisdiele in Lendringsen derzeit recht erfolgreich ist. Wir haben keine Krise, durch Corona haben wir eigentlich mehr Arbeit.

Wie sieht diese Mehrarbeit aus?

Das ist ganz einfach: Die Gastronomie war lange Zeit geschlossen und wenn die Menschen rausgehen, steuern sie andere Orte an, zum Beispiel Eisdielen mit Parkmöglichkeiten. Das haben die Kunden bis heute ausgenutzt.

Wie hat Corona Ihr Geschäft verändert? Mitnehm-Angebote sind bei Ihnen ja gang und gäbe.

Hauptsächlich. Hinzu kommen unsere 500ml-Eisbecher. Das ist eine Idee, die durch Corona entstanden ist und so gut läuft, dass es nicht mehr wegzudenken ist.

Gibt es in der neuen Filiale einen Unterschied zu ihrer bisherigen Eisdiele in Lendringsen?

In Lendringsen kommt der Kunde selber zur Theke und sucht sich aus, was er will und nimmt es dann mit. In der Regel kann sich der Kunde dann draußen hinsetzen oder spazieren gehen. In Menden wird es eine richtige Eisdiele mit Bedienung. Das ganze wird auch coronakonform: Es wird kein Kellner mehr zum Tisch kommen, eine Karte bringen und fragen: ,Was darf’s sein?’ Es wird so sein, dass wir QR-Codes auf jedem Tisch haben, Kunden können diese dann scannen und ihre Daten zur Kontaktverfolgung eintragen und anschließend bestellen. Online bezahlen funktioniert auch und so bringen wir den Eisbecher dann nur noch an den Tisch.

Mit diesen Möglichkeiten sind Sie ja absolut am Puls der Zeit.

Ja, genau. Wir haben das auch in Lendringsen gemerkt und auch Kartenzahlung eingeführt. Inzwischen kommen sogar Kinder, die mit Karte zahlen. Wir schauen da auch nicht auf die Gebühren, wenn man eine Kugel für 1,20 Euro mit Karte zahlen möchte, geht das auch. Wir warten in Menden jetzt noch auf ein System, eine Art Greifer, mit dem wir die Hörnchen nicht mehr mit der Hand anfassen müssen. Dort machen wir den Anfang und wenn wir damit gut klarkommen, führen wir das System auch in Lendringsen ein. Wir tun alles dafür, so wenig Handkontakt wie möglich zu haben.

Das heißt, die eine Filiale profitiert immer ein wenig von den Erfahrungen aus der anderen?

Genau so sieht’s aus.

Mit der Expansion wächst Ihr Unternehmen sicherlich auch personell.

Wir sind immer noch auf der Suche nach neuen Mitarbeitern. Am Standort Menden haben wir sechs Mitarbeiter, Minijobber inklusive. Das muss sich aber alles erst einmal einspielen.

Sie eröffnen in der Mendener Innenstadt eine weitere Eisdiele, bald gibt es eine Bubble-Tea-Bar und auch einen Donut-Laden ist nicht weit entfernt. Wird Menden zur kulinarischen Einkaufsmeile?

Ich hoffe es (lacht). Es ist meiner Meinung nach die beste Möglichkeit, um die Innenstadt wieder zu beleben. Man sieht, dass viele Gastronomen dort spazieren gehen und gucken, welche Ladenlokale frei sind. Man sieht schon, dass es eine Veränderung gibt.

Konkurrenz belebt bekanntermaßen das Geschäft. Kommen die Neheimer bald lieber nach Menden, als dass Mendener nach Neheim fahren?

Das wäre super (lacht). Neheim hat natürlich eine sehr gute Innenstadt.

Welche Eissorten liegen denn in diesem Jahr im Trend?

Was derzeit sehr gut läuft, ist die Brasilianische Schokolade, also Schokoladeneis mit Kaffee. Dann haben wir Café-Grappa, ein Kaffee-Eis mit Grappa. Bei uns in Italien wäre das Caffè Corretto. Ansonsten Mango-Maracuja, Marzipan-Mohn – das sind die Spitzenreiter.

Woher nehmen Sie denn ihre Inspiration für neue Eissorten?

Das sind alles Versuche. Vor Kurzem haben wir Avocado-Kokosnuss-Lime gemacht – es war nicht schlecht, mache ich aber nicht noch einmal (lacht). Oder Blutorange-Fenchel, das sind einfach Tests – was uns gerade einfällt.

Testen Sie das nur selbst oder haben Sie die Feldversuche auch in den Filialen?

Wir bereiten das Eis in der Eisküche zu und haben es dann auch in der Filiale. Kunden können das auch immer gerne probieren, wenn sie sich zum Beispiel bei Blaubeer-Rote-Beete nicht sicher sind. So holen wir uns unsere Infos, ob es was ist oder nicht und ob wir es beibehalten. Es gibt große Firmen, die solche Geschmacksrichtungen auch vorschlagen und entsprechende Pasten verkaufen, aber davon distanzieren wir uns. Unser Schlumpf-Eis, das erstaunlicherweise sehr gut läuft, ist ein Vanille-Eis, das blau gefärbt ist mit der Clitoria-Blüte, also Blautee. Wir kaufen diese Blüten in Trockenform und legen sie in der Milch ein und filtern sie später wieder raus. So haben wir Schlumpf-Eis mit einer natürlichen Farbe.