Lendringsen. Die Corona-Krise droht ihr Geschäft zu zerstören, dann hatten Nino und Sarah Gulisano eine Idee: Sie liefern Eis. Die Resonanz ist überwältigend.

Als sie im Oktober des vergangen Jahres in die Winterpause gingen, ahnten Nino und Sarah Gulisano nicht, dass sie Anfang März mitten in der Corona-Zeit ihre Eisdiele wieder eröffnen würden. Und das auch nur wenige Tage, dann schloss das Ordnungsamt das Geschäft in Lendringsen wie alle anderen Eisdielen auch. „Eine Katastrophe“, erinnert sich Nino Gulisano an seine ersten Gedanken. Nach einem Tag und einer Nacht voller Verzweiflung entwickelten er und seine Frau eine neue Geschäftsidee: ein Lieferservice für Eis.

In der Winterpause Geld investiert

Eigentlich hatte das Ehepaar, das sonst an der Lendringser Hauptstraße die Eisdiele „Nino & Sarah“ betreibt und für sein Bubble-Eis bekannt ist, die Winterpause für neue Investitionen genutzt. So sollten in Kooperation mit Pizzerien Halb-Liter-Becher mit Eis nach Hause geliefert werden. Ein Kunde, der bei einer Pizzeria Salat, Nudeln oder Pizza bestellt, sollte auf Wunsch auch Eis bestellen können, das „Nina & Sarah“ für die Pizzerien herstellen würden. Für eine Mendener Pizzeria wird das bereits angeboten, weitere sollten folgen.

Deshalb kauften Nino (41) und Sarah Gulisano (34) einen Kastenwagen mit Tiefkühlaufsatz (bis minus 30 Grad). Ein Glücksfall, wie sich dann herausstellte. Denn statt Pizzerien zu beliefern, liefern die beiden in der Corona-Krise direkt an Kunden nach Hause.

Mehr als 500 Liter Eis pro Woche

Die Idee kommt besser an, als das Ehepaar zu träumen wagte: „Das ist Wahnsinn, damit hätten wir nie gerechnet“, sagt Nino Gulisano. „In der ersten Woche haben wir 220 Liter Eis ausgeliefert, in dieser Woche sind es mehr als 500 Liter.“ Die Bestellungen kommen nicht nur aus Menden und Nachbarstädten, sondern beispielsweise auch aus Köln und Düren.

Das Eis wird, so betont der 41-Jährige, aufwändig hergestellt, „nämlich so wie früher. Wir kochen die Milch auf, pasteurisieren also selber.“ Das Eis müsse anschließend mindestens sechs Stunden „reifen“. Besonders gut laufen im Moment alle Kuchensorten, also Eis mit Apfelkuchen, Bienenstich, Marzipan-Mohn- oder Erdbeer-Käse-Kuchen. „Und auch Nutella wird oft bestellt.“

Internet-Shop aufgebaut

Die ersten Bestellungen trudelten bei „Nino & Sarah“ noch über ihre Facebook-Seite und per WhatsApp ein, „das haben wir dann per Hand aufgeschrieben“. Von einem Bekannten ließen sich die beiden schnell einen Internet-Shop aufbauen. Kunden sehen hier schon bei der Bestellung, ob eine Eissorte noch lieferbar ist. Jede 1-Liter-Box kostet zehn Euro.

Verpackt wird das Eis in 1-Liter-Behältern, die die Kunden dann zu Hause im Tiefkühlschrank aufbewahren können – sofern etwas übrig bleibt.

Kunden können jeweils bis montags um Mitternacht online bestellen, ausgeliefert wird dann am Mittwoch. Alle Bestellungen, die später als Montag um Mitternacht eingehen, werden in der Folgewoche am Mittwoch ausgeliefert.

Unterstützt werden Nino und Sarah Gulisano dabei von Pizzafahrern. Die Tour beginnt in Lendringsen, dann folgt der Rest der Stadt. Die Kunden bezahlen per paypal, Kreditkarte, Sofortüberweisung oder auch bar. Die Lieferung innerhalb Mendens ist kostenlos.

Falsches Signal

Mittlerweile dürften Nina und Sarah Gulisano ihre Eisdiele für den Außer-Haus-Verkauf wieder öffnen, so wie andere Eisdielen auch. „Aber das wäre das falsche Signal“, ist Nino Gulisano überzeugt. „Es soll keiner rausgehen, um sich bei uns ein Eis zum Mitnehmen zu holen. Ich möchte, dass die Leute zu Hause bleiben.“ Das liegt ihm auch deshalb so am Herzen, weil die verheerende Situation in Italien für ihn so nah ist, regelmäßig steht er mit seiner Familie dort in engem Kontakt: „Ich mache mir da sehr, sehr große Sorgen.“

Lieferdienst und Eiscafé

Und wenn irgendwann in der Zukunft die Normalität zurückkehren sollte, muss sich das Ehepaar dann zwischen Lieferdienst und Eisdiele mit Café entscheiden? „Beides könnten wir nicht schaffen“, weiß Nino Gulisano. „Das klappt zeitlich nicht.“ Auch wenn der Eis-Lieferdienst boomt, weiß er sofort, für was er sich entscheiden würde: „Natürlich für meine Eisdiele. Ich will das normale Leben wiederhaben“, sagt Nino Gulisano. Derzeit stehe er täglich zehn Stunden im Eislabor, „aber da sehe ich die Fliesen vor mir, keine Menschen. Ich wünsche mir wieder den Kontakt zu unseren Kunden.“

>> Staatliche Förderung
Manche Kollegen, so berichtet Nino Gulisano, hätten ihn gefragt, warum er denn weiterarbeite und seinen Betrieb nicht einfach schließe. Denn nur dann hätte er Anspruch auf staatliches Fördergeld. „Aber ich kann ja arbeiten, ich will kein Fördergeld, ich mache weiter“, betont Nino Gulisano. Bei Friseuren beispielsweise sei die Situation komplett anders, „die können ja im Moment einfach nicht arbeiten“. Er wolle „nicht darauf warten, dass Vater Staat hilft. So lange ich Steuern zahlen und der Wirtschaft helfen kann, mache ich das.“

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