Menden. Dr. Ansgar Bornhoff tritt die Nachfolge von Dr. Eduard Maler am Walburgisgymnasium an. Das ist seine Vision für die Schule.

Das Walburgisgymnasium (WBG) in Menden hat einen neuen Chef. Dr. Ansgar Bornhoff hat die Leitung übernommen. Im WP-Interview spricht er über Lernen auf Distanz, die Digitalisierung und seine Vision für das WBG.

Herr Dr. Bornhoff, Sie haben das WBG in einer recht turbulenten Zeit übernommen. Wie läufts?

Dr. Bornhoff: Turbulent ist das richtige Wort. Wir schlagen uns wacker, würde ich sagen (lacht). Ich war als Stellvertreter von Herrn Dr. Maler im ersten Coronajahr auch schon mit im Geschäft, was die organisatorischen Fragen angeht, sodass ich es mit meinem Rollenwechsel nicht als große Veränderung betrachte.

Das heißt, die Aufgabenzuteilung ist dieselbe wie vorher?

Man sortiert sich natürlich im neuen Team auch ein Stückweit neu. Wenn es um spezielle Aufgabenbereiche geht, ändert sich etwas; aber unser grundsätzliches Leitungsverständnis ist ein sehr kollegiales. Das Team hat sich leicht geändert, aber als großartigen Bruch empfinde ich es nicht.

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Ihr Vorgänger, Herr Dr. Maler, war eine Institution am WBG. Wie groß sind die Fußstapfen, in die Sie treten?

Die sind sehr groß (lacht). Das ist keine Frage. Jeder, der Dr. Maler kennt und in seiner langen Zeit hier erlebt hat, der weiß einfach, was wir als Schule an ihm hatten. Wir, die wir eng mit ihm zusammengearbeitet haben, vermissen das umso mehr. Er hinterlässt eine Lücke und das flößt jedem, der ihm nach folgt, Respekt ein. Ich habe ihn und seine Arbeit sehr schätzen gelernt – und wenn es nach mir geht, hätte er gerne noch ein Jahr dranhängen können (lacht). Wir hoffen einfach, dass wir in seinem Sinne die Nachfolge antreten können. Das Bestreben ist eher Kontinuität und nicht, alles neu machen zu müssen.

Wie geht Schule denn in Zeiten, da nichts so wirklich „normal“ ist?

Es ist die gleiche Situation, die man in allen gesellschaftlichen Bereichen antrifft. Jeder kennt das. Es ist nicht zu vergleichen mit dem, wie wir Schule kennen und eine absolute Ausnahmesituation auf allen Ebenen. Natürlich organisatorisch, bezogen auf den Unterricht; was gelingen kann, was auch vielleicht nicht gelingen kann. Einbußen stellen wir natürlich fest in Bezug auf das Miteinander, das für uns als Schule immer eine besondere Bedeutung hat. Damit meine ich nicht nur das Kollegium, sondern auch die Schüler- und Elternschaft. Die Situation fordert, das eine oder andere auf digitalem Wege aufzufangen. Aber man merkt relativ schnell, dass das die Präsenz und das persönliche Miteinander nicht ersetzen kann und dass dort eine ganze Menge fehlt. Das, was viele Menschen auch im Privatleben feststellen. Das trifft eine Institution, wo es nicht nur um Wissensvermittlung geht, ebenso. Trotzdem sind wir insgesamt im Rahmen der Umstände doch ziemlich zufrieden, wie gut das Unterrichten und Lernen auf Distanz bei uns an vielen Stellen funktioniert.

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Leidet die Gemeinschaft darunter oder ist es etwas, was einen stärker zusammenwachsen lässt, weil man es gemeinsam durchsteht?

Es stärkt in gewisser Hinsicht, wenn man erfährt, wie man in solchen Krisen versucht, gemeinschaftlich das beste daraus zu machen. Ich glaube, dass man in Krisen stärker zusammenwächst – nicht nur auf Corona bezogen. Gleichzeitig leidet Gemeinschaft in gewisser Hinsicht auch. Wir stellen das fest, Schüler stellen das fest, die Zuhause vor dem Bildschirm sitzen. Ihnen fehlt der persönliche Kontakt enorm. Dem versucht man natürlich, zu begegnen so gut es geht.

Dass Schüler unter der derzeitigen Situation besonders leiden, ist klar. Doch wie siehts unter den Lehrern aus?

Den Lehrern geht der persönliche Kontakt genauso ab wie den Schülern. Aber für Erwachsene ist es grundsätzlich einfacher, damit umzugehen. Gerade die Schülerinnen und Schüler in der Pubertät oder im jugendlichen Alter erfahren das Ganze noch mal anders als ein Erwachsener. Die Kollegen sind zwar so professionalisiert, dass sie damit umgehen können – und trotzdem erfahren sie das genau so auch wie die Schüler. Der Kontakt über ein Medium bleibt einfach irgendwie merkwürdig und anders. Es bleibt diese Distanz. Lehrer untereinander brauchen dieses soziale Gefüge ebenso. Die Situation ist daher vielleicht tatsächlich auch vergleichbar.

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Lernen auf Distanz hat ja nun überall Einzug gehalten. Glaube Sie, dass das bei der Ausbildung junger Lehrkräfte künftig ein stärkeres Gewicht haben wird?

Das Thema Digitalisierung ist ja schon länger auf der Agenda, als wir Corona haben. Dass sich in diesem Bereich vieles tut, das ist nicht neu. Es hat durch Corona aber nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch einen enormen Schub bekommen. Ich gehe davon aus, dass vieles, was wir uns – zwangsweise – angeeignet haben, durchaus über Corona hinaus weiter bestehen wird. Daher wird es auch eine Rolle in der Lehrerausbildung spielen. Wir sind an der Frage dran, wie sich Distanz- und Präsenzunterricht miteinander verzahnen lassen. Wenn Corona hoffentlich mal überstanden ist, wird die Frage aber bleiben: Welche dieser technischen Möglichkeiten soll weiter fortbestehen bleiben und in welcher Form?

Das heißt, sie leisten schon Pionierarbeit.

Es ist, glaube ich, ein Thema, das diese Aufmerksamkeit dringend nötig gehabt hat. Ich glaube schon, dass in den letzten Jahren auch von politischer Seite das nicht so verfolgt worden ist, wie es möglich gewesen wäre. Wenn man Corona überhaupt etwas Positives abgewinnen will, dann, dass sich bei der Digitalisierung vieles tut. Man muss nur differenzieren zwischen technischen Möglichkeiten, die sehr reichhaltig sind und immer mehr werden; und der Frage, was pädagogisch sinnvoll ist. Das Persönliche kann so nicht ersetzt werden. Es wird in der Folge von Corona eine Aufgabe sein, hinzuschauen, wie sich das alles verbinden lässt und wo man Grenzen setzt.

Was ist denn Ihr Plan fürs WBG und wo soll die Reise in den kommenden Jahren hingehen?

Erstmal empfinde ich uns als Walburgisschulen gut aufgestellt. Ich habe nicht den Anspruch, eine Revolution zu starten und etwas grundlegend anders zu machen. Gleichwohl hat man Zukunftsvorstellungen und eine Vision. Zum einen, kurzfristig, gilt es möglichst gut durch die Corona-Situation zu kommen. Das wird uns noch einige Zeit begleiten, dabei rede ich nicht über Wochen, sondern einen längeren Zeitraum. Die Digitalisierung wird uns als Thema und als Kollegium weiter beschäftigen. Die Vision wäre, uns dort zeitgemäß aber auch reflektiert gut aufzustellen. Wenn es um Detailfragen geht – zum Beispiel bei Endgeräten für Schüler – ist es für mich nicht so, dass ich Ihnen meine Position dazu direkt sagen könnte. Das ist, glaube ich, eine Frage, bei de man gut in den Austausch kommen muss; mit Schülern, Eltern und Kollegen. Um dann zu entscheiden: Welchen Weg wollen wir gehen? Ob das beispielsweise konkret bedeutet, dass man diesen Weg gehen müsste und sollte, aber ob das bedeutet, dass jeder Schüler in zwei, drei Jahren ein Gerät hat, oder ob das nur in bestimmten Stufen erfolgt… Das alles muss mit Inhalt gefüllt werden. Auch wenn es abgedroschen klingt, würde ich den Weg als Ziel nennen. G8 oder G9 ist noch immer ein Thema. Wir haben beide Bildungsgänge derzeit noch parallel. Derzeit überlegen wir, wie wir bei der Rückkehr zu G9 diesen Bildungsgang organisieren. Wir diskutieren beispielsweise eine erlebnispädagogische Fahrt in der Mittelstufe.

Wie genau sieht so eine Fahrt aus?

Dass man mit einer Klasse an einen Ort fährt, an dem man stark projektbezogen arbeitet. Es gibt da verschiedene Anbieter. Unsere Partnerschule in Kassel fährt zum Kragenhof. Das ist eine Art Gutshof, an anders, ,bewusster’ leben und beisammen sind – ohne Handynutzung beispielsweise – und eine Woche Unterricht in anderer Form haben.

Das klingt fast schon nach Entschleunigung.

Im Beispiel mit dem Handy steckt schon auch eine gewisse spirituelle Ebene. Es gibt aber auch andere Konzepte und Fragen, mit denen wir uns beschäftigen. Das muss jetzt nicht genau so sein, aber wir wollen neue Akzente setzen. Das Thema Unterricht, die Auseinandersetzung mit der Optimierung von Lehr- und Lernprozessen, ist natürlich auch ein Dauerthema. Das liegt schlicht und einfach daran, dass es „den perfekten Unterricht“ nicht gibt. Vielmehr ist man immer mit unterschiedlichen Akzentsetzungen dabei, verschiedene Elemente des Unterrichts in den Blick zu nehmen. Das geht etwa von der Feedback-Kultur vonseiten der Schüler über selbstorganisiertes oder kooperatives Lernen bis hin zum Thema Medieneinsatz und Digitalisierung.

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