Menden. Neun Wochen Schul-Lockdown sind am Montagmorgen vorerst vorbei. Kinder freuen sich auf Mitschüler und Lehrkräfte. Die haben gemischte Gefühle.
Als Ahmed (9) vor der Anne-Frank-Schule gefragt auf der Platte gefragt wird, ob er sich nach neun Wochen Corona-Zwangspause auf den Unterricht freut, schaut er verwundert hinter der FFP2-Maske hervor: „Ja klar, das ist doch viel besser!“, ruft er, als sei es völlig selbstverständlich, dass neunjährige Jungs die Schule einfach super finden. Sein kleiner Bruder Alem (7) kann das nur bestätigen: „Die Schule ist doch gut!“ Beide freuen sich auf ihre Lehrerinnen und die Mitschüler. Und ihr Papa, der die beiden heute gebracht hat, sieht das vorläufige Ende der Homeschooling-Wochen mit Erleichterung. Eine schwierige Zeit sei das gewesen.
Wechsel-Absprache klappt: In Uta Heinz’ Klasse ist genau die Hälfte der Kinder da
„Die Kinder hier heute wiederzusehen, ist wunderbar“, sagt auch Grundschullehrerin Uta Heinz. Im Moment sieht sie indes nur die Hälfte ihrer Klasse, genau 13 von 26. Die anderen Kinder kommen morgen, dafür bleiben dann die Schüler von heute zuhause. Das Ganze passiert im Wechsel, damit im freundlich-bunten Klassenzimmer ausreichend Abstand gehalten werden kann. Am Freitag ist dann wieder Distanzunterricht für alle angekündigt.
Kontakt zu den Eltern über Videocalls und Telefon: Gespräche bis Mitternacht
Für die Lehrkräfte der Gemeinschaftsgrundschule Platte Heide, zu der auch die frühere Bodelschwinghschule am Malvenweg gehört, seien die letzten neun Wochen schon eine Herausforderung gewesen, berichtet Uta Heinz. „Wir haben Unterrichte in Videocalls gehalten, was mit den Kleinen auch großen Spaß gemacht hat. Wir haben allerdings auch die Eltern abtelefoniert, die uns außerdem ständig kontaktieren durften.“ Diese Gespräche hätten dann schon mal bis Mitternacht gedauert. Insgesamt sei in der Notbetreuung deutlich geworden, dass sich der Lockdown auf den Tagesrhythmus vieler Kinder negativ auswirkte. Die Konzentrationsfähigkeit habe gelitten, doch auch mit Sekundärtugenden wie der Pünktlichkeit sei es während der Zwangspause nicht so genau genommen worden.
Kaltstart für Referendarin Christin Hallermann: „Ich freue mich auf die Kinder!“
Erst seit November ist die junge Referendarin Christin Hallermann an der Gemeinschaftsgrundschule. Gerade mal ein paar Tage lang durfte sie die Kinder kennenlernen, dann kam der Lockdown vor Weihnachten. „Und jetzt, am Donnerstag, habe ich meinen ersten Unterrichtsbesuch“, berichtet sie. Fachleiter aus Lüdenscheid wollen dann bewerten, wie angehende Pädagogin ihren Schützlingen etwas beibringt. Für Christin Hallermann ein klassischer Kaltstart, doch optimistisch ist sie trotzdem. Und: „Auch ich freue mich sehr auf die Kinder – und darauf, mit ihnen endlich wieder persönliche Erfahrungen machen zu können.“
Hausmeister Kevin Roberts: Notbetreuung sorgt für Betrieb auch im Lockdown
Hausmeister Kevin Roberts hatte für den ersten Schultag keine besonderen Vorkehrungen zu treffen, wie er erzählt. „Wir hatten hier ja etwa 30 Kinder in der Notbetreuung, ein paar weniger im Kindergarten. Ganz ruhig war es hier also nie, und die hygienischen Voraussetzungen mussten wir auch da schon schaffen.“ So haben sie schon vor Monaten den Automaten zur Handdesinfektion im Eingang selber gebaut. Allerdings hat Roberts heute eine Großlieferung Toiletten- und Küchenpapier erhalten. Die hoch gepackte Palette bugsiert er jetzt in Richtung Sanitärbereich.
Schulleiter: Ministerium informiert über neue Maskenpflicht wieder den letzten Drücker
Matthias Wershoven, Konrektor und de facto Schulleiter für beide Standorte, teilt den Eindruck eines eher unspektakulären Wiederbeginns, den er selbst heute Morgen in der Bodelschwinghschule begleitet hat. Jetzt, gegen 9 Uhr, ist er auf dem Weg zum Hauptstandort an der Robert-Leusmann-Straße. Wershoven bejaht die Frage, ob es angesichts fehlender Schnelltests, unklarer Impf-Prognosen für die Lehrerschaft, ausbleibender CO2-Ampeln oder Luftreinigungsgeräte in Menden und der Angst vieler Menschen vor den Virus-Mutationen auch Sorgen oder Bedenken im Kollegium gegenüber einem zu frühen Unterrichtsbeginn gibt.
Von neuer Corona-Betreuungsverordnung am Freitagnachmittag im Radio gehört
Das betreffe insbesondere die Tatsache, dass noch bis zum Freitag offiziell galt: Grundschulkinder müssen während des Unterrichts keine Masken tragen. Das ist jetzt anders, doch erneut können Schulleiterinnen und Schulleiter über das Timing des Ministeriums nur den Kopf schütteln. Matthias Wershoven hat am Freitagnachmittag im Radio von der nun doch geltenden Pflicht zum Tragen medizinischer Masken im Unterricht gehört. „Da war es zu spät für eine Vorab-Information der Eltern durch uns“, berichtet er. Jetzt liegen die Elternbriefe fertig ausgedruckt vor ihm. „Die gehen dann heute raus.“ Darin steht, dass auch alle Kinder auf dem Schulgelände, im Gebäude und am Platz im Unterricht eine medizinische Maske tragen müssen. Für die Klassen 1 bis 8 gilt: Wer keine passende medizinische Maske findet, darf auch eine Alltagsmaske nutzen. Es soll tagsüber Maskenpausen für die Kinder geben.
Keine Lüftungsgeräte für fensterloses, innen liegendes Lehrerzimmer
Hinzu kommt die Frage der möglichst reinen Raumluft. Während das Lüften der Klassenräume angesichts der Frühlingstemperaturen heute und an den kommenden Tagen kein Problem werden dürfte, machten sich die Lehrkräfte auf der Platte Heide sehr wohl Gedanken um das fensterlose, innen liegendes Lehrerzimmer an der Anne-Frank-Schule. Hier prüfe die Stadt wie in allen Gebäuden eine Ertüchtigung der Lüftungsanlage durch neue Steuerungen oder Filter. Dann würden Förderanträge gestellt, so Sprecher Johannes Ehrlich. Auch die CO2-Ampeln, die ein gezielteres Lüften ermöglichen würden, sollen wie berichtet erst in Kürze kommen. Hier hatte sich die Stadtverwaltung nach eigenen Angaben bei der Ausschreibung an die Vergabeordnung halten müssen.