Lendringsen. Die Brautbranche liegt brach. Gabriele Wetzel-Lohberg hat seit 30 Jahren ihr Geschäft Flair. Durch Corona steht sie jetzt vor dem Nichts.

Statt weißen, funkelnden Brautkleidern sind im Schaufenster des Brautmodengeschäfts Flair in Lendringsen schwarze lange Kleider zu sehen. Es ist ein Hilferuf, eine Art der Trauer. „Ich habe mein Geschäft schon 30 Jahre und, falls ich das hier überlebe, fange ich wieder bei Null an“, erzählt Inhaberin Gabriele Wetzel-Lohberg. Auch, wenn die Geschäftsführerin versucht, sich die Sorgen nicht allzu stark anmerken zu lassen, ist die Verzweiflung spürbar. „Alle Ersparnisse sind aufgebracht, ich musste sogar einen Kredit aufnehmen.“ Die gesamte Brautmodenbranche liegt seit des Corona-Lockdowns brach. Es gibt keinerlei Einnahmen und die Kosten laufen dennoch weiter. „Wir haben neue Ware bestellt, weil wir dachten, dass wir dieses Jahr wieder öffnen können“, sagt die Lendringserin. Doch der immer wieder verlängerte Lockdown macht ihrer Tochter Denise und ihr einen Strich durch die Rechnung. Nun sitzen sie auf ihrer Ware fest, verkaufen werden sie diese vermutlich nicht mehr, bezahlen hingegen müssen die beiden die Kleider trotzdem. „Wir müssen die bestellten Kleider vermutlich entsorgen“, sagt Tochter Denise Lohberg.

Schwarze Schaufenster sind ein Hilferuf der Brautbranche. 
Schwarze Schaufenster sind ein Hilferuf der Brautbranche.  © WP | Sophie Beckmann

Sie hatte erst im Januar des vergangenen Jahres ihren langjährigen und vor allem sicheren Job in einer Arztpraxis gekündigt, um ihre Mutter zu unterstützen und ihren Traum auszuleben. Doch dann kam Corona und mit Corona im März dann auch der erste Lockdown. Bereits 2020 fielen alle Schützenfeste aus. Zudem reduzierten sich die Anzahl der Hochzeiten. „Die Schützenfeste machen eigentlich 50 Prozent unseres Umsatzes aus“, sagt die gelernte Arzthelferin. Und auch für dieses Jahr sehen Mutter und Tochter bislang noch kein Licht am Ende des Tunnels.

Verzweiflung macht sich breit

Die letzte Kundin war Anfang Dezember im Geschäft. Zu diesem Zeitpunkt gab es auch die letzte finanzielle Einnahme. Es ist nicht nur der finanzielle Aspekt, der beiden zu schaffen macht. Der Lockdown lässt einen verzweifeln, man weiß nicht mehr weiter. „Ich muss ja auch meine Miete bezahlen und mir noch ein Brot schmieren können“, sagt Wetzel-Lohberg.

Gemeinsam mit vielen Brautmodengeschäften in ganz Deutschland hat sie sich nun zusammengetan und hofft, so etwas zu bewirken. Denn Verständnis haben Mutter und Tochter nicht. „Wir haben hier 300 Quadratmeter Verkaufsfläche und immer nur eine Kundin im Haus“, erklärt sie. Dabei halte man stets die Hygieneregeln ein und die Kundendaten habe man schon immer vorliegen. „Wir arbeiten schon immer nur mit Terminabsprachen, das war noch nie anders.“ Doch alle Argumente führen bislang ins Leere. Hilfen bleiben so gut wie aus. Insbesondere die neuste Entscheidung von Bund und Ländern, dass Friseure wieder öffnen dürfen, stößt beiden sauer auf. „Natürlich gönnen wir jedem, dass er wieder öffnen darf und etwas verdienen kann, aber wir verstehen einfach nicht, warum wir nicht auch ein Hygienekonzept vorlegen können und aufmachen dürfen“, sagen beide. Eine Kundin am Tag, das würde schon reichen. „Hauptsache, es kommt etwas rein.“

Auch interessant

Gabriele Wetzel-Lohberg musste allen Mitarbeitern kündigen

Dass es einmal so weit kommen würde, damit haben sie nicht gerechnet. „Wir hatten eigentlich sieben Angestellte, ich musste alle kündigen. Die einzige, die hier noch fest angestellt ist, ist meine Tochter. Aber auch sie ist in Kurzarbeit“, sagt Gabriele Wetzel-Lohberg. „Sowas habe ich in meinen 30 Jahren noch nie erlebt.“ Für die Inhaberin ist es vor allem auch eine enorme seelische Belastung. „Es wird einem einfach etwas weggenommen, das ganze Erarbeitete bricht plötzlich weg.“ Für Wetzel- Lohberg ist es ein ständiges Leben in Existenzangst. Das Brautmodengeschäft in der Lendringser Hauptstraße 1 steht vorm Nichts. Nun hoffen Mutter und Tochter, dass sie gemeinsam mit der gesamten Brautmodenbranche ein Zeichen setzen und etwas erreichen können. Mit dem Hashtag #blackdressforhope (dt.: Schwarzes Kleid für Hoffnung) machen derzeit zahlreiche Braut- und Abendmodengeschäfte in sozialen Netzwerken auf sich aufmerksam. Für sie alle ist es ein täglicher Kampf zwischen Tüll und Existenzängsten.

Auch interessant

>>>INFO:

Gabriele Wetzel-Lohbergs Sohn Jean-Pascal Lohberg hat extra einen Online-Shop für „Gemeinsam stark Gutscheine“ ins Leben gerufen, der auf der Website des Geschäfts eingebunden wurde, um wenigstens hierüber etwas zu verkaufen, aber leider wird das bisher nicht angenommen, sagt die Geschäftsführerin.

Mehr Nachrichten, Fotos und Videos aus Menden und Umgebung!