Menden/Hagen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, aber die Politik zurückhaltend beim Untreue-Verdacht gegen Thomas Gemke (CDU). Gab es mehr ähnliche Ausgaben?

Während die Staatsanwaltschaft weiter gegen den früheren Landrat Thomas Gemke (CDU) ermittelt, wird der Fall auf politischer Ebene wohl vorerst kein Thema. Der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses beim Kreis sieht aktuell keinen Anlass, die Vorwürfe kreisintern untersuchen zu lassen. Die Staatsanwaltschaft hatte nach einem WP-Bericht über ein 3650 Euro teures Abschiedsvideo für Gemke Ermittlungen "von Amts wegen" wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet.

„Wir haben jetzt erst einmal den Auftrag, den Jahresabschluss 2019 zu prüfen“, sagt der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses beim Kreis, Hans-Jürgen Jülich. Der Politiker der UWG war erst zum Jahresende als Vorsitzender des Kontrollgremiums für den Kreishaushalt gewählt worden. Aus seiner Sicht könne eine mögliche Verfehlung Gemkes ohnehin erst bei der Prüfung der Ausgaben für 2020, also Anfang 2022, Thema werden.

Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses will Ermittlungen abwarten

Die Vorwürfe gegen Gemke will Jülich aktuell öffentlich nicht bewerten. „Ich mache mir meine Gedanken, will mich aber jetzt nicht dazu äußern.“ Der UWG-Politiker rät dazu, zunächst die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abzuwarten. Auch aus den anderen Parteien kommen aktuell keine Äußerungen in der Sache.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt aktuell in zwei Verfahren gegen den früheren Landrat, der in Balve lebt und nun im Ruhestand ist. Hintergrund der Ermittlungen ist auch die Anzeige eines Bürgers. Dieses Verfahren wird seit Montag (4. Januar) offiziell bei der Staatsanwaltschaft geführt. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen von Amts wegen eingeleitet, nachdem die WESTFALENPOST im November über die 3650 Euro teuren Ausgaben für Gemkes Abschiedsvideo berichtet hatte.

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern weiter an

Die Ermittlungen in der Sache dauern laut Staatsanwaltschaft weiter an. Zu Details will sich Oberstaatsanwalt Gerhard Pauli mit Rücksicht auf die Ermittlungen aktuell nicht äußern. Das Verfahren liegt bei der Staatsanwaltschaft Hagen, weil Gemke in seinem Amt auch gleichzeitig Chef der Polizei im Märkischen Kreis war und die Anzeige (um Interessenkollisionen zu vermeiden) von der Hagener Polizei bearbeitet wurde.

Gemke hatte auf WP-Nachfrage bereits erklärt, dass er sich nicht zu den Vorwürfen äußern wollte. Er zeigte sich aber erstaunt darüber, dass er von der Presse von den Vorwürfen erfahre. Das sei ein ganz normaler Vorgang, sagt Oberstaatsanwalt Gerhard Pauli. „Zum jetzigen Zeitpunkt“ müsse Gemke nicht informiert werden. „Wenn sich der Tatverdacht aus unserer Sicht bestätigt, werden wir ihm auch rechtliches Gehör schenken.“

Video für 3650 Euro laut Kreis durch Gemkes Büro in Auftrag gegeben

Thomas Gemke hatte laut Kreisverwaltung zu seinem Abschied das Video selbst mit seinem Landratsbüro bei einem Unternehmen in Auftrag gegeben. Finanziert wurde das Video über eine Haushaltsstelle, über die eigentlich Ordensjubiläen, Ehrungen, Nachrufe, Repräsentationskosten und finanzielle Aufwendungen für ausscheidende Kreistagsabgeordnete bezahlt werden können. Gemke erklärte, dass er die Ausgabe für angemessen halte. Seine für 15.000 Euro geplante Abschiedsfeier wäre teurer gewesen, argumentierte der Balver. Auch diese hätte der Kreis bezahlen sollen.

War das Video die einzige Ausgabe dieser Art? Der Märkische Kreis will sich auf WP-Anfrage dazu aktuell nicht äußern. Sprecherin Ursula Erkens verweist auf die laufenden Ermittlungen. Aktuell seien beim Kreis noch keine Anfragen der Staatsanwaltschaft bekannt. „Bei uns ist dazu noch nichts eingegangen.“

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