Halingen. Die Wasserwerke Westfalen bauen in Halingen. Und dort wird es im kommenden Jahr so richtig zur Sache gehen.

In unmittelbarer Nähe zur Ruhr tut sich was. Die Wasserwerke Westfalen wollen 30 Millionen Euro in Halingen investieren. Dazu laufen derzeit die Vorbereitungsarbeiten. Sobald es in die heiße Phase geht, wird dabei auch die provisorische Ampel auf der Provinzialstraße stärker zum Einsatz kommen.

Röntgenkontrastmittel nachweisbar

Bereits seit Monaten sind die Veränderungen entlang der Provinzialstraße zu beobachten. Doch wirklich zur Sache geht es aller Voraussicht nach erst im kommenden Jahr, wie der Geschäftsführer der Wasserwerke Westfalen, Bernd Heinz, erklärt. „Wir wollen ein neues Gebäude für die Wasseraufbereitung bauen.“ Dafür sind zuletzt einige Teile des Geländes gerodet und Leitungen neu verlegt worden. Mit dem 30 Millionen Euro teuren Neubau direkt neben dem runden Bestandsgebäude soll die Wasserqualität langfristig gesichert werden. Der Blick geht hier ganz klar in die Zukunft – und Heinz beruhigt sofort: Probleme habe man derzeit nicht, die Wasserwerke wollen lediglich gerüstet sein.

Das Zauberwort lautet Aktivkohle-Filterung. Sorgen bereitet den Wasserexperten nämlich eine Zunahme von Arzneimittelresten und Pflanzenschutzmitteln im Grundwasser. Diese können bis aufs Nanogramm nachgewiesen werden. Und auch wenn es derzeit keine Gefahr darstelle, nimmt die Belastung zu. Und die ist auch ganz exakt zu bestimmen: Röntgenkontrastmittel und Diclofenak, das etwa bei Sportcremes nach Muskelverletzungen eingesetzt wird und rezeptfrei zu erhalten ist, sind die größten Übeltäter. „Diese Stoffe sind sehr hartnäckig und leben monatelang weiter. Das merken wir auch im Wasser der Ruhr“, sagt der Geschäftsführer beim Gang über die Baustelle.

Auch interessant

Der demografische Wandel

Der Neubau ist entsprechend ausgerichtet. Denn: Der demografische Wandel führt dazu, dass die Gesellschaft immer älter wird – und mit steigendem Alter nimmt auch der Medikamenteneinsatz zu. Die 80 mal 30 Meter große Halle soll mit mehreren Filterstufen – von der Ozonierung bis hin zu Sand- und Aktivkohle-Filtern – alle Voraussetzungen für weiterhin sauberes Trinkwasser schaffen. Denn das liefern die Wasserwerke Westfalen zum Teil nach Menden, zum überwiegenden Teil aber über den Haarstrang in den Kreis Unna. Los gehen soll es demnach im dritten Quartal 2021, die Bauzeit beziffert Heinz auf rund vier Jahre. Vorbild sind ähnliche Bauten in Wickede-Echthausen und in Schwerte-Westhofen.

Wie wichtig solche Filteranlagen sind, zeigt sich beim Blick ins Jahr 2006: Nachdem auf einer Forst-Rekultivierungsfläche in Brilon perfluorierte Tenside (PFT) ausgegeben wurde, erhöhten sich die Werte in Möhne und Ruhr drastisch. Regen hatte den belasteten Dünger von den Feldern ins Grundwasser und schließlich in die Flüsse geschwemmt. Der bislang letzte bekannte Trinkwasserskandal der Region, der 2013 schließlich ein juristisches Ende fand.

Auch interessant

Talsperren überlebenswichtig

20 Millionen Kubikmeter Trinkwasser produziert das Werk in Halingen jedes Jahr, versorgt tausende Menschen. Doch in den vergangenen drei Jahren habe sich der Verbrauch spürbar verändert. Grund dafür sind die trockenen Sommermonate. „Früher war der Verbrauch morgens am höchsten, jetzt verlagert es sich in die Abendstunden“, erklärt Heinz. Nach Sonnenuntergang nimmt die Bewässerung der Pflanzen im Garten spürbar zu. Dabei lassen sich veränderte Lebensgewohnheiten ziemlich genau am Wasserverbrauch ablesen. So auch die Corona-Pandemie. Statt in den Urlaub zu fahren, blieben viele Menschen zuhause. „Über Ostern oder die Sommerferien geht der Verbrauch daher normalerweise zurück“, schmunzelt Heinz. Das sei dieses Jahr aber gänzlich anders.

Für die Wasserwerke stelle das jedoch kein Problem dar. In den 1970er Jahren sei der Verbrauch um ein Vielfaches höher als heute gewesen. „Wassersparen war damals nicht ganz so ausgeprägt“, sagt Bernd Heinz. Und auch wenn Wasserwerke in den Sommermonaten immer wieder Meldungen zu Spitzenverbräuchen herausgeben, selbst trockene Jahre würden in Menden nicht zu einer Knappheit führen. Grund dafür sind die Talsperren im Sauerland, die dafür sorgen, dass die Ruhr nicht trockenfällt. „Die Talsperren sind überlebenswichtig“, macht Heinz daher deutlich.