Menden. Hinter dem Wahl-Triumph von Roland Schröder in Menden steckt ein junges Team. Sarah Linnhoff (21) erklärt, wie sie Politprofis alt aussehen ließ.
Die 21-jährige Sarah Linnhoff aus Menden hat mit dem „Team Schröder“ dem künftigen Bürgermeister Roland Schröder zum Sieg bei der Stichwahl verholfen. Die Bürgermeistermacherin aus Menden redet im Interview über das Erfolgsrezept, prominente Konkurrenz und sagt: „Die Zeit der älteren Herren in der Politik vorbei.“
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Herzlichen Glückwunsch. Sie dürfen sich jetzt zurecht als Bürgermeistermacherin bezeichnen. Wie ist die Stimmung in der Woche nach dem Triumph?
Wir sind schon stolz. Das ganze Team war sprachlos. Wir müssen das erst einmal begreifen. Das hat in den vergangenen Wochen richtig Fahrt aufgenommen. Als Sebastian Arlt letzte Woche dann das Video mit Paul Ziemiak veröffentlicht hat und ihn auch noch Friedrich Merz im Wahlkampf unterstützt hat, dachte ich: Was passiert denn da gerade? Die müssen uns wirklich als ernsthafte Konkurrenz sehen. Dabei sind wir alles nur Freiwillige, ein bunt zusammengewürfelter Haufen.
Bei einem Großteil der Wähler scheint Ihre Strategie deutlich besser angekommen zu sein als die der Politprofis...
Wir haben unseren Fokus von Anfang an auf Aussagen und Inhalte gelegt. Wir hatten keine Werbegeschenke. Wir haben die Social-Media-Kampagne aufgebaut. Unser Video mit den jungen Leuten ist durch die Decke gegangen. Das kam eben von uns. Damit konnte man die Leute in unserem Alter motivieren. Wir hatten nicht nur die Leute im Alter 40 plus. Von meinen Freunden haben sich etliche hingestellt und einfach mitgemacht. Diese Begeisterung hat uns gezeigt, dass wirklich Veränderung notwendig ist.
Sarah Linnhoff: Unsere Kampagne war mehr als nur Flyer zu verteilen
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Wenn man im Wahlkampf eng zusammen ist, birgt das die Gefahr, sich Dinge schönzureden und Fehler nicht zu sehen.
Wir waren immer sehr vorsichtig, wie wir mit den Reaktionen umgehen. Wir konnten nicht einschätzen, ob die Leute das an den Ständen wirklich so meinen wie sie es uns spiegeln. Das Feedback war durchweg positiv. Da waren ganz viele junge Familien. Wir haben auch ältere Damen überzeugt. Menschen, von denen wir dachten, dass sie seit 40 Jahren die CDU wählen. Unsere Kampagne war mehr als nur Flyer zu verteilen.
Sie haben alte Politprofis geschlagen, eine bundesweit agierende Werbeagentur, die sich auf Wahlkämpfe spezialisiert hat. Gab es schon Reaktionen der CDU?
Nicht wirklich. Herr Arlt war ja am Wahlabend kurz bei uns. Er hat sich für den fairen Wahlkampf bedankt. Das fand ich sehr anständig.
Selbst vorerst kein Interesse an Job im Rathaus
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Wenn man einen Kandidaten so zum Ziel trägt, dann wachsen im Team auch die Ansprüche. Möchten Sie mit Roland Schröder ins Rathaus wechseln?
Wir haben das unentgeltlich gemacht. Das ist auf keinen Fall schlecht, die Kontakte zu haben. Netzwerken ist ja das A und O. Aber es hat keiner von uns den Anspruch, direkt einen Job zu bekommen. Für mich stellt sich aktuell die Frage auch gar nicht, weil ich noch studiere.
Es ist immer vom „Team Schröder“ die Rede. Wie kommt es eigentlich dazu und wer steckt dahinter?
Ich habe über eine Freundin mitbekommen, dass Roland sich aufstellen lassen möchte. Ich bin dann auf ihn zugegangen und habe gesagt, dass ich mitmachen möchte. Ich bin zwar für das Studium weggezogen. Aber ich bin hier aufgewachsen. Unser Team ist bunt zusammengewürfelt. Wir kommen aus allen Bereichen. Wir haben bei uns die Frauenquote übererfüllt. Das sah in der CDU ganz anders aus. Am Anfang standen uns die alten Männer im Wahlkampf auf dem Markt direkt gegenüber. Zwei Wochen später haben die die Junge Union geholt als sie gesehen haben, wie gut das bei uns funktioniert. Wir scheinen wohl Trends zu setzen.
Bislang selbst noch keine Sitzung des Stadtrates besucht
Haben Sie selbst politische Erfahrung?
Ich bin in keiner Partei. Ich haben 2017 im Bundestag ein Praktikum gemacht. Später war ich mit dem Goethe-Institut in Kenia. Ich bin vom Auswärtigen Amt sogar auf ein Diplomatentreffen eingeladen worden. Das war sehr spannend. Man sieht die ganzen Zusammenhänge.
Haben Sie jemals eine Ratssitzung besucht?
In der Form noch nicht. Nur im Karneval. Bislang hat man immer das Gefühl, dass zu viel politische Arbeit hinter verschlossenen Türen passiert. Das ist jetzt Rolands Aufgabe, das zu ändern. Ich kann mir vorstellen, dass sich auch jüngere Menschen mehr mit Politik auseinandersetzen. Hier in der Lokalpolitik kann ich direkt mitbestimmen und verfolgen, was vor meiner Haustür passiert. Das ist doch wichtig für jeden.
Die Parteien, die Roland Schröder ihre Unterstützung zugesagt hatten, waren im Wahlkampf eher zurückhaltend. Ärgert Sie das?
Manchmal hätten wir uns etwas mehr Unterstützung gewünscht. Am Ende haben sie aber doch noch mitgemacht. Aber man darf nicht vergessen: Roland war auch ein unabhängiger Kandidat. Die Hauptarbeit kam von uns, von den eigentlichen Unterstützern. Das war auch gut so.
Sarah Linnhoff: Arlt war unglaubwürdig mit der Parteilosigkeit
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Da ist jetzt aber eine Belohnung fürs Team fällig!
Wir gehen auf jeden Fall mit dem Team essen. Wir müssen auch noch mal konstruktiv alles durchgehen und analysieren, was nicht funktioniert hat. Es ist total komisch. Wir haben die vergangenen Monate so intensiv zusammengearbeitet. Jetzt ist auf einmal alles vorbei.
Was ist denn das Erfolgsrezept, wenn man es kopieren könnte?
Die Mischung macht’s. Yvonne aus dem Team kommt aus Iserlohn. Ich bin Mendenerin. Roland hat Erfahrung in vielen Bereichen. Das ist der frische Wind von außen. Ihre Kollegin Sophie Beckmann hat bei der WP-Wahlarena gesagt, dass er ein politischer Nobody ist. Das war vielleicht genau der Vorteil. Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Die Bürger haben mit dem Wahlergebnis klargemacht, dass sie für frischen Wind sind. Dazu kommt die Parteilosigkeit. Sebastian Arlt hat später versucht, zu sagen, dass er ja auch parteilos ist. Das war aber total unglaubwürdig. Entweder trete ich für die Partei an oder nicht. Wir haben gezeigt, dass es auch ohne die Partei im Rücken geht. Natürlich hatten wir auch Sponsoren. Aber es geht auch ohne großes Geld.
„Es ist nichts Verwerfliches daran, sich politisch zu engagieren“
Wird man als junger Mensch für politisches Engagement noch so belächelt wie vor einigen Jahren?
Man hat eine Meinung. Man hat Courage. Man wird vielleicht immer noch belächelt als Weltverbesserer, aber da stehe ich drüber. Es ist nichts Verwerfliches daran, sich politisch zu engagieren.
Roland Schröder hat es vorgemacht. Würden Sie sich dieses Amt selbst mal zutrauen?
Ich mache erst einmal meinen Bachelor. Dann steht der Master an. Ich würde es nie für mich ausschließen. Im Moment orientiere ich mich durch mein Studium gerade eher auf der bundesweiten Ebene. Aber ich sehe gerade einen Umschwung in der Politik, der auch nötig ist. Es ist nicht alles schlecht, aber vieles ist nicht mehr zeitgemäß. Die Zeit der älteren Herren in der Politik ist vorbei.
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