Menden. Bei der Podiumsdiskussion des IMW treffen die Bewerber um das Bürgermeisteramt erstmals aufeinander. Dabei sind sie sich nicht immer einig.
Es ist der erste öffentliche Wahlkampfauftritt der fünf Mendener Bürgermeisterkandidaten: Und der Initiativkreis Mendener Wirtschaft (IMW) sorgt unter dem Zeltdach vor dem Rathaus für perfekte Bedingungen. Die Kandidaten zeigen sich überwiegend gut vorbereitet, offenbaren aber auch völlig menschliche Schwächen.
Mit Blick auf die Wahlen in Weißrussland macht Heiner Schulte aus dem IMW-Vorstand zu Beginn klar, worum an diesem lauen Sommerabend geht: „Demokratie heißt, das Recht auf freie Wahlen zu haben.“ Die Mendener träfen am 13. September die Entscheidung, wer „das wichtigste Amt der Stadt bekleidet“ und somit 700 Mitarbeiter führt und einen 140 Millionen Euro Etat verwaltet. „Die Stadt hat verdient, dass wir den besten finden“, so Schulte.
Die Vorstellung und Chefsache
Auch interessant
In der dreiminütigen Vorstellung des jeweiligen Wahlprogramms konnten die fünf Bewerber dann einen ersten Eindruck vermitteln, was die Mendenerinnen und Mendener von ihnen als mögliche Bürgermeister erwarten könnten.
Sebastian Arlt (CDU) will die Themen Wirtschaft, Wohnen und Infrastruktur zur Chefsache machen. Dabei geht es ihm vor allem um die Ansiedlung qualitativ hochwertiger Arbeitsplätze im Industriegebiet Hämmer Süd, die Schaffung neuen Baulands auf bestehenden Flächen und dem demografischen Wandel mit dem Zuzug junger Familien entgegenzuwirken. Dabei zähle es auch „die Ortsteile zu stärken“.
Andreas Nolte (parteilos) spricht sich für mehr Bürgerbeteiligung aus und will vor allem den Dialog zu Institutionen und Verbänden verbessern. Allerdings verliert Nolte den Faden und muss nach kurzer Zeit seine Programmvorstellung abbrechen, wie sich später herausstellt, aufgrund einer Kreislaufschwäche. „Sorry, ich bin ein bisschen nervös“, erklärt er. Das Publikum nimmt es ihm nicht übel, unterstützt ihn stattdessen mit Applaus. Für Nolte, der sich später wieder fängt, hätten die Innenstadtentwicklung, ein Hönnetal-Radweg sowie der Lendringser Platz während einer Amtszeit Priorität.
Auch interessant
Für Roland Schröder (parteilos) spielt vor allem die „Entfremdung zwischen Politik und Bürger“ eine zentrale Rolle. „Das ist keine normale Politikverdrossenheit“, so Schröder. Es geht vor allem darum, neue Anreize zur Bürgerbeteiligung zu schaffen. Anhand eines größeren Zahlenwerks betont Schröder zudem, wie wichtig es sei, den demografischen Wandel im besten Falle umzukehren. Gleichzeitig laufe Menden bei der Digitalisierung – im Vergleich zu anderen Städten – hinterher. Dafür müsse man „das Rad nicht neu erfinden“. Chefsache wäre bei ihm auch die Dieler-Immobilie und der Leerstand am Nordwall.
Rainer Schwanebeck (AfD) sieht die geringe Wahlbeteiligung bei der letzten Kommunalwahl als „Warnsignal für die Demokratie“. Er wolle mit einer AfD-Fraktion im Rat keinesfalls eine „Blockadepolitik“ etablieren, sondern für Stadt und Bürger Lösungen finden. Die coronabedingte Rezession stelle eine weitere Herausforderung für Menden dar. Mit Blick auf den Ortsteil Holzen stellt Schwanebeck wie seine Mitbewerber auch Hämmer Süd in den Fokus. Dort gelte es, innovative Handwerksbetriebe anzusiedeln – für ihn Chefsache. In der Gesellschaft sieht Schwanebeck zudem „den Sozialismus“ als große Gefahr für das Miteinander.
Stefan Weige (FDP) betont die digitale Transformation der Verwaltung als zentralen Punkt. „Eine Verwaltung, die so analog arbeitet, ist nicht meins“, betont Weige. Und die Corona-Pandemie habe diese Missstände noch deutlicher gemacht. Ein Eklat im Bürgerbüro wäre nicht passiert, wenn Abläufe digitaler werden würden. Das Vorzeige-Industriegebiet Hämmer Süd gelte es weiter mit der WSG und dem Stadtmarketing voranzubringen. Zudem müssten Gespräche mit dem Eigentümer der Dieler-Immobilie wieder aufgenommen werden.
Die Fragerunde
Steuern, A46-Lückenschluss, Innenstadtentwicklung, Sicherheit, Einzelhandel und die Schullandschaft sind die drängendsten Themen, die die Mendener dem IMW als Fragen zuschickten.
Gerade die A46 sorgt in der Hönnestadt seit Jahren für große Diskussionen. „Das ist der älteste Zombie, den wir in Menden haben“, stellt Sebastian Arlt fest. Er wolle sich – wie auch Stefan Weige – für die Planung laut gültigem Ratsbeschluss (einer Untertunnelung) aussprechen. Die derzeitigen Planungen von Straßen NRW lehnen beide ab. „Wir brauchen die A46 definitiv nicht, so oder so“, sagt Andreas Nolte. Für ihn und Roland Schröder zählt vor allem, dass die Mobilität der Zukunft nicht mit einer Autobahn gelöst wird. Einzig Rainer Schwanebeck ist für den Ausbau: „Es geht nicht um das ob, sondern das wie.“
Das Dieler-Gebäude samt Parkplatz habe sich Arlt „anders vorgestellt“. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie hätte sich ein „10.000-Quadratmeter-Koloss aber nicht gehalten“. Ankermieter liegen für Andreas Nolte ebenso in weiter Ferne. „Die Karre steckt ziemlich im Dreck“, sagt er mit Blick auf die Kommunikation mit der Düsseldorfer ITG. Roland Schröder bezeichnet das Dieler-Gebäude gar als Schandfleck. Das Gelände müsse privatwirtschaftlich und öffentlich weiterentwickelt werden, etwa mit Gastronomie oder einer neuen Bücherei. Auch für Rainer Schwanebeck steht am Ende „einer der schönsten Fußgängerzonen des Kreises“ ein hässlicher Koloss. Eine Problematik, die nur schwer zu lösen sei. Kritisch sieht Stefan Weige hingegen die Dieler-Brache. „Wir sprechen hier über fremdes Eigentum.“ Es gelte vor allem, die Kommunikation mit dem Investor wiederherzustellen.
Beim Thema Einzelhandel sind sich die Kandidaten durchweg einig: eine mit vielen Geschäften gefüllte Hauptstraße wie in den 1970er Jahren wird es nicht mehr geben. Stattdessen müsse der digitale Handel gefördert und Leerstände nach Möglichkeit in hochwertigen Wohnraum umgewandelt werden.
Unterschiedliche Standpunkte werden schlussendlich nochmals beim Thema Schule deutlich. „Die Schließung in Lendringsen halte ich für einen großen Fehler“, so Sebastian Arlt. Den Grundschulen verspricht Andreas Nolte „Bestandssicherung“. Für Roland Schröder gehen Veränderungen in der Schullandschaft Hand in Hand mit dem demografischen Wandel einher. Stefan Weige möchte die weiterführenden Schulen vor allem digital besser aufstellen, denn Corona habe deutliche Schwächen aufgezeigt. „Nicht im Thema“, ist hingegen Rainer Schwanebeck, der sich auf diesen Punkt nicht vorbereitet habe.
Noch mehr Fotos, Videos und Nachrichten aus Menden und Umgebung finden Sie hier.